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Lukes Verwandlung (German Edition)

Lukes Verwandlung (German Edition)

Titel: Lukes Verwandlung (German Edition)
Autoren: Natascha Artmann
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ihr eigenes kleines Baby.
    Im oberen Stockwerk des Bordells war es so ruhig, dass Molly annahm, keines der Mädchen wäre bereits aufgestanden. Um niemanden zu stören, vor allem nicht Kitty, die nur zwei Wochen nach der Geburt, immer noch sehr mitgenommen war, öffnete Molly die Tür zu ihrem Zimmer nur einen Spalt weit und spähte hinein. Sie wollte sehen, ob sie zum Abschied dem Baby noch einen Kuss auf das kahle Köpfchen drücken konnte.
    Das grausige Bild, das sich ihr in dem Teil von Kittys Zimmer bot, den sie von der Tür aus einsehen konnte, entlockte ihr nicht einmal ein entsetztes Keuchen. Der Schock ließ nicht zu, dass nur ein einziger Ton ihre Lippen verließ.
    Kitty lag mit weit aufgerissenen Augen quer über ihrem Bett, ihr Kopf baumelte halb über das Fußende. Ihr Hals war hässlich dunkel verfärbt. Molly hatte solche Male noch nie gesehen, aber sie wusste dennoch, was sie zu bedeuten hatten: Die junge Mutter war erwürgt worden!
    Mollys Blick schweifte zu dem Babybettchen, von dem kein Ton zu hören war. Ihr graute davor zu sehen, was man diesem unschuldigen Kind angetan hatte, aber sie durfte kein Feigling sein, sie musste nachsehen. Vielleicht war der Kleine ja nicht da, vielleicht hatte ihn eine von den anderen Frauen mit in ihr Zimmer genommen, um Kitty ein wenig Ruhe zu gönnen.
    Ein grausiger Gedanke, dass Kitty nun alle Ruhe hatte, die sie bekommen konnte. Aber Molly wollte das Bild der Erwürgten nicht einmal dann aus den Gedanken weichen, als sie sich zwang nicht mehr auf die junge Frau zu blicken.
    Ein großes Kissen lag auf dem Bett, genau dort, wo sich der Säugling befinden sollte. Mollys Blick verschwamm und sie merkte, dass ihre Tränen sich einen Weg über ihr Gesicht bahnten. Dass Baby war nicht da, es hatte während dieser grausigen Tat nicht dabei sein müssen. Zögernd legte sie ihre Hand auf das Kissen und strich darüber, als würde sie das Baby streicheln.
    Und dann durchfuhr Molly ein erneuter Schreck. Sie riss das Kissen weg und sah das bestätigt, was sie nicht einmal zu denken gewagt hatte. Jemand hatte dieses Kissen auf den Säugling gelegt. Wozu sich auch die Hände schmutzig machen, wenn sich dieses kleine Wesen gegen so etwas nicht wehren konnte.
    Es sah so friedlich aus, als ob es schlief, nicht als ob es tot sein könnte. Ein winziger Hoffnungsschimmer wollte sich in Mollys Brust breitmachen. Und dieser kleine Schimmer der Hoffnung zwang die junge Frau dazu, über den weichen kleinen Körper zu streichen, den sie so oft schon in den Armen gewiegt hatte. Ein unmerkliches Zucken ging durch den kleinen Körper und löste ein Schluchzen aus Mollys Kehle. Das Baby lebte, es war nicht erstickt.
    Das kleine Würmchen in ihre Armen nehmend wollte Molly das Zimmer verlassen, um Hilfe zu holen. Den Blick auf die tote Kitty wich sie dabei aus und verließ schneller als sie eingetreten war den Raum. Der schreckliche Anblick würde sie in ihren Träumen verfolgen, das wusste Molly.
    Draußen im Gang kündigte Rauchgeruch an, was später einmal als Großbrand in die Geschichte der Stadt eingehen würde, dem ein ganzer Stadtteil zum Opfer fiel. Doch davon wusste Molly nichts, als sie mit ihren Warnrufen die Bewohnerinnen des Bordells aufschrecken wollte. Aber ihre Rufe verhallten ungehört. Niemand stürzte aus den Zimmern, um sich in Sicherheit zu bringen. Molly hatte keine Zeit dem nachzugehen, sie musste sich und das Baby aus dem brennenden Haus retten
    Ihre Reisetasche stand griffbereit in ihrem Zimmer, und ihr Zimmer lag auf dem Weg nach draußen. Nur darum wagte sie den kurzen Abstecher, der sie kaum Zeit kostete. Doch sich mit einem Baby und einer Tasche durch ein Haus zu kämpfen, durch das schon dicke Rauchschwaden zogen, würde nicht einfach werden. Molly musste wenigstens eine Hand freibekommen, um eventuelle Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
    Um sich diese Bewegungsfreiheit zu verschaffen, riss sie ihre Reisetasche auf, zerrte ein Drittel ihrer Habe heraus und legte das Baby auf den nun frei gewordenen Platz. Nun hatte sie alles bei sich und es stand ihr immer noch eine Hand zur Verfügung. Außerdem war so der Kleine ein wenig geschützt.
    Molly konnte nicht sehen wo im Haus es brannte, aber die Hitze war so deutlich zu spüren, wie der Rauch zu sehen war. Sie hielt sich an die Richtung, die ihr mehr frische Luft versprach, und kam so durch die Hintertür nach draußen in eine schmale Gasse. Doch dieser Weg brachte sie nicht wirklich aus der Gefahrenzone. Das Feuer
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