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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Gier
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wurde! Sie musste ihren Platz für den zukünftigen Schwiegersohn des Chefs räumen! Und wahrscheinlich steckt der auch hinter den ganzen Stellenstreichungen! Die haben ja, weiß Gott, die halbe Redaktion entlassen.«
    »Das ist doch gar nicht wahr«, mischte ich mich ein. »Es sind nur ein paar Mitarbeiter in andere Redaktionen versetzt worden, und die meisten haben sich dabei deutlich verbessert. Und was die Zimperich angeht: Die war zweiundsiebzig. Das ganze Team ist hoffnungslos vergreist oder schwanger, und das hat man Annika auch angemerkt: Am Schluss wollten doch nur noch Hersteller von Gebissreinigern und Fertigbreien bei uns werben. Ehrlich gesagt, es ist ein Wunder, dass Fredemann uns noch eine Chance gegeben hat: Jeder andere hätte Annika komplett aus dem Programm genommen.«
    »So schlimm war es nun auch wieder nicht«, sagte Carla verschnupft. »Wir hatten immer ein super Arbeitsklima, ganz entspannt und lässig. Na gut, mit den alten Säcken hat es öfter mal Streit gegeben, aber nie hat man ein böses Wort von der Zimperich gehört, nie! Ich war wie eine Tochter für sie. Für Birnbaum bin ich doch nur – die Sekretärin.«
    »Er ist erst zwei Tage da«, sagte ich. »Und mit den meisten Dingen, die er sagt, hat er nicht Unrecht.«
    »Du hast wohl vergessen, dass er mich heute aus der Konferenz geworfen hat!«
    »Er hat dich nicht rausgeworfen, er hat nur … äh, es war wohl so etwas wie eine Arbeitsumverteilung. Sei doch froh, dass du nicht mehr dabei sein musst, du hast diese Protokolle doch immer gehasst.«
    »Verteidige ihn ruhig auch noch! Aber klar, du magst ihn, alte Streberin. Das war ja ekelhaft, wie du ihn heute Morgen angeschleimt hast!«
    »Du sollst das nicht immer sagen! Ich habe nicht geschleimt«, widerprach ich.
    »Hast du wohl!« Carla wandte sich an Vivi und Sonja. »Hat sie wohl. Und angegrinst hat sie ihn wie ein Honigkuchenpferd. Und das, obwohl er die arme Steffi zum Heulen gebracht hat!«
    »Jetzt mach aber mal einen Punkt: Die arme Steffi heult ständig, seit sie schwanger ist. Gestern war sie in Tränen aufgelöst, weil die Putzfrau vergessen hatte, ihren Papierkorb zu leeren. Birnbaum ist wirklich nicht so übel wie du tust.«
    »Für mich ist und bleibt er ein Arsch. Und du eine Schleimschnecke.« Carla warf erneut finstere Blicke auf unseren Chefredakteur und Annika Fredemann. »Was findet die nur an dem? Die kann doch viel Bessere haben. Bis vor kurzem war die noch mit diesem tollen Regisseur zusammen, wie heißt er noch gleich? Und davor war’s dieser Formel 1-Heini. Hach, ist das nicht ungerecht? Da kommt man schon als einzige Tochter eines stinkreichen Verlegers auf die Welt, und dann bekommt man auch noch den Körper eines Supermodels dazugeschenkt! Die ist schon über dreißig, aber sieht man ihr das an? Zum Kotzen ist das! Kommt, Mädels, lasst uns woandershin gehen. Aber unauffällig!«

4. Kapitel
     
    I ch war keine Schleimschnecke! Schleimen liegt überhaupt nicht in meinem Charakter. Es war nur so, dass ich den allgemeinen Hass auf Birnbaum nicht teilen konnte. Er hatte doch Recht: Annika war wirklich eine Katastrophe. Aber natürlich hörte das niemand gern, der an der Katastrophe selber einen Anteil hatte. Mein Anteil war relativ klein, zumal ich ja noch nicht lange bei Annika arbeitete, vielleicht war das Grund, warum ich nichts gegen Birnbaum hatte.
    Auf sein freundliches »Guten Morgen, alle zusammen«, hatten alle außer mir nur einen gutturalen Laut ausgestoßen, ein mürrisches »gmmmmh«. Nur ich hatte laut und deutlich »Guten Morgen« gesagt, aber war ich deshalb gleich eine Schleimerin?
    Überpünktlich hatten wir alle zuvor um den ovalen Tisch gehockt und auf Birnbaum gewartet. Die Stimmung war gedrückt. Besonders die drei Fossilien zogen ein Gesicht, als stünde das Jüngste Gericht unmittelbar bevor.
    »Ich bin zu alt für so was«, sagte unser Artdirector Diethelm Blume, dem Birnbaums gestrige Rüge über das altbackene Layout noch schwer im Magen lag. »Ich lass mir doch von so einem unreifen Gemüse nicht vorschreiben, wie ich meine Arbeit zu machen habe.« Herr Blume bezeichnete alles als »unreifes Gemüse«, das jünger war als fünfzig. Wenn man diesen Vergleich auch auf ihn anwenden wollte, dann entsprach er in etwa dem schwarzen verschrumpelten Etwas, das ich neulich aus unserem Kühlschrank geholt hatte und von dem Philipp glaubte, es sei einmal eine Möhre gewesen.
    »Diese jungen Leute haben doch nur das eine im Kopf«, sagte die
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