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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)
Autoren: Christian Ditfurth
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hatte, der sich hinter dem Kürzel E.T. verbarg:

    Dr. Josef Maria Stachelmann nennt sich Historiker. Er ist aber ein Lügner. Seine Habilitationsschrift soll im Mai beim Schmid Verlag erscheinen. Darin verleumdet er die Opfer des Faschismus, vor allem die Häftlinge des KZ Buchenwald. Alle wirklichen Antifaschisten müssen zusammen dafür kämpfen, dass Stachelmanns Lügen nie erscheinen.

    »Dass Stachelmanns Lügen nie erscheinen«, las er noch einmal, diesmal laut. »Glaubst du jetzt auch, dass dieser schießwütige Irre mich meinte?«

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    2
    Taut schüttelte den Kopf. Er thronte hinter dem Schreibtisch, sein Bauch hing über der Tischplatte. Er schüttelte noch einmal den Kopf. »Das ist verrückt«, sagte er. »Völlig verrückt.« Und er schüttelte ein drittes Mal den Kopf.
    Auf seinem Schreibtisch lag der Ausdruck, den Stachelmann mitgebracht hatte.
    »Gestern haben Sie das im Internet gefunden?«
    »Jemand hat mir eine Mail geschickt mit dem Verweis auf diese Diskussionsgruppe, und in dieser Gruppe fand ich diesen Text.« Stachelmann deutete auf das Papier. »Der Absender nennt sich E.T., wie der Außerirdische in diesem Kinofilm.«
    »Und Sie meinen, der Irre mit dem Gewehr habe Sie gemeint und habe auch dieses Pamphlet verfasst oder Ihnen wenigstens die Mail geschickt?«
    Stachelmann zuckte die Achseln. »Alles andere kommt mir unwahrscheinlich vor. Sind Sie schon dran an dem Kerl?«
    »Noch nicht so richtig«, sagte Taut. »Aber wir wissen einiges über ihn. Er hat offenbar mit einem Gewehr vom Typ G3 geschossen, wie es bei der Bundeswehr verwendet wird. Sagt jedenfalls die Kriminaltechnik. Es handelt sich womöglich um eine Version mit Zielfernrohr, ohne das kann man mit diesem Gewehr jenseits von dreihundert Metern angeblich nicht mehr viel treffen außer Elefanten. Aber im Von-Melle-Park waren es vom Dach bis zu Ihren Standorten nicht viel mehr als hundert Meter. Für einen geübten Schützen ein Kinderspiel.«
    »Und woher kriegt man so ein Gewehr und die Munition?«
    »Keine Ahnung«, sagte Taut. »Von den Dingern gibt es Millionen. Und erinnern Sie sich noch an den Überfall auf das Waffenlager vor zig Jahren? Außerdem wurden die Dinger in aller Herren Länder exportiert. Wenn Sie Fernsehnachrichten aus Bürgerkriegsgebieten sehen, schauen Sie mal genau hin. Ohne das G3 gibt's kaum ein Massaker. G3 oder Kalaschnikow. Der Export solcher Waffen richtet mehr Schaden an als der von Panzern oder Kriegsschiffen. Leider kapiert das keiner. Was für ein Absender steht auf der Mail? Warum haben Sie die nicht auch mitgebracht?«
    Er hatte sie vergessen. »Der Absender ist nicht herauszufinden. Meine Freundin sagt, es gebe Programme zur Anonymisierung von E-Mails, überhaupt um eigene Spuren im Internet zu verwischen.«
    »Toll«, sagte Taut. »Alle drängen sich danach, der Polizei die Arbeit zu erleichtern. Ich erwarte stündlich, dass das BKA den Fall an sich zieht, natürlich nur, um den unterbelichteten Kollegen in Hamburg unter die Arme zu greifen. Dann fehlen noch der Staatsschutz und das Sammelsurium sämtlicher Geheimdienste, der BND wegen Waffenschmuggels, der MAD wegen der Benutzung einer Kriegswaffe, der Verfassungsschutz wegen eines möglichen Anschlags auf die FD GO. Die werden sich um diese Mail reißen. Aber solange ich noch ermitteln darf, möchte ich diesen Schrieb haben. Sie können ihn ja an den Kollegen Kurz weiterleiten, der kennt sich mit so was aus.« Taut kramte im Schreibtischschubfach und schob Stachelmann einen Zettel hin. »An diese Mailadresse.«
    Stachelmann faltete das Blatt und steckte es in die Innentasche seines Jacketts.
    »Schildern Sie doch noch einmal den Verlauf, so genau, wie Sie sich erinnern können.«
    Stachelmann berichtete, was geschehen war. Er sagte aber nichts über seine Angst und dass er am Abend mit Anne ausgegangen war, was er schon auf der Schwelle der Haustür bereut hatte. Aber er hatte durchgehalten, wenn es auch seltsam ausgesehen haben mochte, wie er zum Restaurant eilte, Anne fast hinter sich herzog, sich immer wieder umschaute, ob da nicht jemand war, wie er mit den Augen die Hausfenster absuchte, ob etwas blitzte, der Stahl eines Gewehrs.
    Er hatte den Eindruck, dass seine Aussage der Polizei nicht helfen würde. Er hatte kaum etwas gesehen, nur die Frau in der Cafeteria und die Studenten, die am Eingang des Philosophenturms auf dem Boden lagen. »Er hat viermal auf mich geschossen.« Wie oft hatte er das schon gesagt?
    »Ja«, sagte Taut.
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