Lucy's Song
Hause geträumt, von all dem hier, als du im Krankenhaus warst?«
Sie überlegte.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, was ich geträumt habe. Wahrscheinlich habe ich genauso viel geträumt wie alle anderen Menschen, aber ich kann mich hinterher fast nie an die Träume erinnern.«
»Glaubst du, dass Lucy auch träumt?«
»Aber bestimmt. Nur dass es unmöglich ist zu sagen, was sie träumt. Manchmal macht sie im Schlaf Geräusche, als ob sie wütend ist oder sich freut. Vielleicht träumt sie von Dingen, die sie erlebt hat.«
»Ich glaube, meistens träume ich von Dingen, die ich nicht erleben will.«
»So geht es sicher vielen. Sie träumen, dass sie ertrinken oder von einem Hochhaus hinunterfallen.«
»Ich träume von Unfällen und vom Krankenhaus«, sagte ich.
Mama sah mich wieder an.
»Das war für uns alle eine schwere Zeit«, sagte sie. »Und eskommt noch viel Schweres. Lass uns nur hoffen, dass wir bald schöne Träume haben werden.«
»Träume von Paris«, sagte ich.
»Von Paris«, stimmte Mama mir zu.
U
nser Lehrer sagte, wir sollten einen Plan machen.
»Wenn man ein Experiment macht, dann ist es notwendig, vorher einen Plan zu machen«, sagte er. Wir hatten Computerlehre, und er wollte uns ein Programm zeigen, um Kästen und Linien zu zeichnen. »Dann wissen wir, was wir tun müssen und in welcher Reihenfolge alles ablaufen soll. Wenn etwas schiefgeht, dann können wir auf den Plan gucken, um herauszufinden, was wir vergessen oder falsch gemacht haben. Solche Pläne sind in vielerlei Hinsicht nützlich.«
»In welcher denn?«, fragte einer.
Der Lehrer dachte nach. »Wenn du zum Beispiel einen Ausflug machen willst. Dann stellst du einen Plan darüber auf, was du mitnehmen willst und woran du denken musst, und dann ist es viel einfacher, alles richtig zu machen und nichts zu vergessen.«
»Meine Mutter packt für mich die Sachen«, sagte einer.
»Ich mache keinen Ausflug in die Berge«, sagte ein anderer.
»Jetzt versucht mal, selbst einen Plan aufzustellen«, forderte der Lehrer uns auf.
Die meisten zeichneten ein paar viereckige Kästen, hatten dann keine Lust mehr und fingen stattdessen an zu chatten.
»Mir fällt nichts ein, wofür ich einen Plan machen könnte«, meldete sich ein Mädchen.
»Versuch es mit einer Mahlzeit«, schlug unser Lehrer vor. Er saß mit einigen Notizen da und sah nicht aus, als wollte er uns in dieser Stunde noch mehr beibringen.
Ich schrieb auch das Wort »MAHLZEIT« oben auf meinen Zettel. Dann zeichnete ich ein paar viereckige Kästen. In den ersten schrieb ich »hungrig« hinein. Dann schrieb ich »Essen« und zum Schluss »Mama«. Denn das war klar. Mama kochte das Essen. Anschließend versuchte ich es mit einem Plan für eine Reise. Ich fing an mit »Idee«, dann kamen Geld, Reisewünsche, Planung, Buchung. In das letzte Kästchen schrieb ich »Mama«.
Dann löschte ich den Plan und fing von vorn an.
»Kann man einen Plan für Glück machen?«, fragte jemand. Einige lachten.
Der Lehrer schaute auf.
»Glück? Ja, natürlich.«
Ich schrieb »GLÜCK« mit roten Buchstaben. Darunter zeichnete ich zehn Kästchen. In eines schrieb ich »im Lotto gewinnen«. In ein anderes »weltberühmt werden«. Ich versuchte eine Verbindung zwischen ihnen zu finden, doch das gelang mir nicht. Deshalb löschte ich den Text und fing noch einmal an. Womit Glück anfangen sollte, das wusste ich nicht. Aber irgendwo in dem Plan musste »Mama« stehen. Und ich wusste genau, was in dem letzten Kästchen stehen sollte: »gesund«.
In der großen Pause hockte ich mit einigen aus meiner Klasse zusammen. Sie fingen an, über die Ferien zu sprechen.
»Die ersten Wochen werden stinklangweilig«, erklärte einer, »da haben wir gar nichts vor. Und dann fahren wir zwei Wochen auf die Hütte, das wird noch langweiliger. Da haben wir nämlichnicht einmal Internet. Aber dann fahren wir nach Deutschland. Darauf freue ich mich schon.«
»Wir fahren zusammen mit meinen Großeltern in die Türkei«, sagte ein anderer. »Das wird bestimmt auch langweilig. Aber wahrscheinlich kann ich da viel baden, das ist klasse. Und dann fahre ich nach Dänemark zu einem Handballturnier. Das wird bestimmt toll, die ganze Mannschaft schläft in einem Raum. Und wir fahren mit einem eigenen Bus mit Video.«
»Und was machst du im Sommer?«, fragte mich einer.
»Wir, äh, wir fahren nach Paris«, sagte ich.
»Du mit deiner Mutter?«
Ich nickte.
»Ist sie denn nicht mehr krank?«
»Sie ist wieder zu
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