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Lucy kriegt's gebacken

Lucy kriegt's gebacken

Titel: Lucy kriegt's gebacken
Autoren: K Higgins
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murren leise - bisher hat nur Mom das Kind halten dürfen, und mit meiner Bitte halte ich mich offensichtlich nicht an die Reihenfolge.
    Meine Schwester zögert. „Also … nun …“
    „Lass sie, Corinne“, redet Chris ihr gut zu, und zaghaft reicht sie mir das kleine Bündel.
    Das Baby ist warm und zerbrechlich, und meine Augen füllen sich mit Tränen. „Hallo, du“, wispere ich. „Ich bin deine Tante.“ Ich kann nicht glauben, wie sehr ich dieses Baby liebe - es ist fünfundfünfzig Minuten alt, und ich würde mich - falls nötig - ohne Zögern für sie vor einen Bus werfen.
    „Pssst. Lucy.“ Das ist wieder Iris’ Stimme. „Lucy. Du hast da ein Barthaar.“ Meine sechsundsiebzigjährige Tante tippt sich an die Oberlippe. „Genau hier. Außerdem hältst du sie falsch. Gib sie mal mir.“
    „Also wirklich, ich weiß nicht“, begehrt Corinne auf, aber Iris nimmt mir energisch das Baby ab. Ohne das süße Gewicht meiner Nichte fühlen sich meine Arme leer an. „Haar“, sagt Iris und zeigt mit dem Kinn auf mich.
    Unwillkürlich lege ich einen Finger auf die Oberlippe - iihh! Etwas, das so dick und spitz ist wie ein Stück Stacheldraht, ragt aus meiner Haut. Ein Barthaar! Iris hat recht. Das ist ein Barthaar.
    Meine winzige Tante Rose schleicht sich an mich heran. „Lass mich mal einen Blick drauf werfen“, sagt sie mit ihrer Kleinmädchenstimme und betrachtet meine Lippe. Bevor ich mich versehe, packt sie das ärgerliche Ding und reißt es aus.
    „Autsch! Rose! Das tut weh!“ Ich drücke einen Finger an den schmerzenden Haarfollikel.
    „Keine Sorge, Liebling, ich hab es erwischt. Du kommst wahrscheinlich in die Wechseljahre.“ Sie wirft mir ein verschwörerisches Lächeln zu und hält mein Barthaar ins Licht.
    „Ich bin dreißig Jahre alt, Rose“, protestiere ich schwach. „Und jetzt hör auf, es anzustarren.“ Ich wische das Haar von ihrem Finger. Reiner Zufall. Ich bin nicht in der Menopause. Das kann gar nicht sein. Oder? Zugegeben, ich fühle mich heute, da meine jüngere Schwester vor mir ein Kind bekommen hat, etwas alt …
    Rose sucht in meinem Gesicht nach einem weiteren Haar. „Das gibt es. Deine Cousine Ilona war erst fünfunddreißig. Ich glaube nicht, dass du zu jung bist. Ein Schnurrbart ist üblicherweise das erste Anzeichen.“
    „Elektrolyse“, schlägt meine Mutter vor, während sie die Bettdecke um Corinnes Füße feststeckt. „Grinelda macht das. Sie soll mal einen Blick darauf werfen, wenn sie zu ihrer nächsten Sitzung kommt.“
    „Deine Wahrsagerin bietet auch Elektrolyse an?“, fragt Chris.
    „Sie ist ein Medium. Und ja, Grinelda verfügt über vielerlei Talente“, verkündet Iris und lächelt Emma an.
    „Komme ich vielleicht auch mal dran? Soweit ich weiß, bin ich auch ihre Großtante“, piepst Rose. „Und ich bleiche übrigens. Einmal habe ich mich rasiert, aber drei Tage später sah ich aus wie Onkel Zoltan nach einem Saufgelage.“ Sie nimmt Iris meine Nichte ab und verzieht ihr faltiges, süßes Gesicht zu einem Lächeln.
    „Oh, rasieren. Niemals rasieren, Lucy“, ruft Iris. „Da bekommst du Stoppeln.“
    „Ähm, okay.“ Ich werfe meiner Schwester einen Blick zu. Das ist ganz bestimmt keine normale Unterhaltung an einem Entbindungsbett. „Wie geht es dir überhaupt, Corinne?“
    „Mir geht es fantastisch“, sagt sie. „Könnte ich jetzt bitte meine Tochter wiederhaben?“
    „Aber ich halte sie doch erst seit einer Sekunde!“, widerspricht Rose.
    „Gib sie ihr“, befiehlt Chris, und Rose gehorcht - allerdings nicht, ohne wie eine Märtyrerin zu seufzen.
    Meine Schwester blickt auf das Baby hinab, dann sieht sie ihren Mann an. „Meinst du, wir sollten sie mit Purell einreiben?“, fragt sie mit besorgt gerunzelter Stirn.
    „Desinfektionsmittel? Ach was“, antwortet Chris. „Ihr Mädchen habt euch doch vorher die Hände desinfiziert, oder?“
    „Selbstverständlich. Emma soll sich auf keinen Fall Kinderlähmung einfangen“, sagt Iris ohne einen Hauch von Sarkasmus in der Stimme. Ich unterdrücke ein Grinsen.
    „Chris, Liebling, wie geht es dir eigentlich, Süßer?“, fragt Corinne ihren Mann.
    „Um einiges besser als dir, Schätzchen. Ich habe schließlich nicht gerade ein Kind zur Welt gebracht.“
    Corinne winkt ab. „Lucy, er war einfach wunderbar. Wirklich. Du hättest ihn sehen sollen! So ruhig und hilfreich. Er war unglaublich.“
    „Ich habe überhaupt nichts gemacht, Lucy“, beteuert mein Schwager. Er streichelt dem Baby
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