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Love Story: Roman (German Edition)

Love Story: Roman (German Edition)

Titel: Love Story: Roman (German Edition)
Autoren: Erich Segal
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Sprechstundenhilfe habe irgendwas verkohlt, und er müsse das Ganze noch mal prüfen. Als Jenny mir von ihrem zweiten Besuch erzählte, keimte in mir der Verdacht, daß vielleicht die … die Insuffizienz bei ihr gefunden worden sei. Ich glaube, daß sie das gleiche vermutete. Daß die Sprechstundenhilfe da etwas vermasselt hatte, war als Ausrede ziemlich dünn.
    Als mich Dr.Sheppard in der Firma Jonas & Marsh anrief, war ich meiner Sache so gut wie sicher. Ob ich bitte auf dem Heimweg bei ihm hereinschauen würde? Als ich hörte, daß es sich nicht um eine Auge-in-Auge-Unterhaltung handelte («Mit Mrs.Barrett habe ich heute früh schon gesprochen»), sah ich meinen Verdacht bestätigt. Jenny konnte keine Kinder kriegen. Trotzdem, Oliver, so direkt wollen wir das nicht formulieren, bedenke immer, daß Sheppard von kleinen reparativen chirurgischen Eingriffen und solchen Sachen gesprochen hat. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren, und da war es blöd, bis fünf Uhr nachmittags zu warten. Ich rief Dr.Sheppard nochmals an und fragte ihn, ob er mich schon am frühen Nachmittag empfangen könnte. Okay, sagte er.
    «Wissen Sie jetzt, bei wem der Fehler liegt?» fragte ich. Ich nahm kein Blatt vor den Mund.
    «Fehler würde ich nicht sagen, Oliver», erwiderte er.
    «Na schön. Wissen Sie jetzt, wer von uns nicht richtig funktioniert?»
    «Ja. Jenny.»
    Darauf war ich mehr oder minder vorbereitet gewesen, aber die Entschiedenheit, mit der der Arzt es aussprach, haute mich doch um. Er sagte nichts weiter. Ich nahm daher an, er wartete auf irgendeine Stellungnahme von mir.
    «Schön. Dann werden wir eben Kinder adoptieren. Ich meine, das wichtigste ist doch, daß wir uns lieben, oder?»
    Und dann sagte er es mir.
    «Oliver, die Sache ist viel ernster. Jenny ist sehr krank.»
    «Würden Sie ‹sehr krank› bitte genauer definieren?»
    «Sie wird sterben.»
    «Das ist ausgeschlossen», sagte ich.
    Ich wartete darauf, daß der Arzt mir sagte, es sei ein übler Scherz gewesen.
    «Doch, Oliver», sagte er. «Es tut mir sehr leid, Ihnen das sagen zu müssen.»
    Ich bestand darauf, er müsse sich geirrt haben – vielleicht hatte diese idiotische Sprechstundenhilfe wieder etwas vermurkst und ihm das falsche Röntgenbild gegeben oder so was. Er erwiderte, so teilnehmend wie er konnte, daß Jennys Blutuntersuchung dreimal wiederholt worden sei. Die Diagnose stand völlig außer Frage. Er würde uns – mich – Jenny – selbstverständlich an einen Hämatologen überweisen – er würde vorschlagen …
    Ich fiel ihm mit einer Handbewegung ins Wort.
    Ich brauchte eine Minute Ruhe. Einfach Ruhe, um das alles in mich aufzunehmen. Dann kam mir ein Gedanke.
    «Was haben Sie Jenny gesagt, Doktor?»
    «Daß Sie beide in Ordnung sind.»
    «Hat sie das geschluckt?»
    «Ich glaube schon.»
    «Wann müssen wir es ihr sagen?»
    «Im Moment können Sie das ganz halten, wie Sie wollen.»
    Wie ich wollte? Guter Gott, ich wollte im Moment nicht einmal weiteratmen.
    Der Doktor setzte mir auseinander, daß die derzeitigen Therapien bei Jennys Form von Leukämie rein palliativ seien – sie konnten erleichtern und verzögern, aber nicht heilen. Ich konnte es also im Moment halten, wie ich wollte. Mit der Therapie konnte man noch eine Weile warten. Im Augenblick konnte ich an nichts anderes denken, als daß das Ganze eine gottverdammte beschissene Schweinerei sei.
    «Sie ist erst vierundzwanzig!» sagte ich zu dem Arzt, ich glaube, in schreiendem Ton. Er nickte, sehr geduldig, er wußte ja auch, wie alt Jenny war, aber er verstand auch, was für eine Tortur das für mich war. Schließlich sah ich ein, daß ich nicht ewig im Sprechzimmer dieses Menschen herumsitzen konnte. Ich fragte ihn daher, was ich tun sollte. Ich meine, was ich tun sollte. Er riet mir, ich sollte mich so lange wie möglich so normal wie möglich benehmen. Ich dankte ihm und ging.
    Normal. Normal!

18
    Ich begann über Gott nachzudenken.
    Ich meine, die Vorstellung von einem irgendwo existierenden höheren Wesen schlich sich in meine eigensten Gedanken. Nicht um IHM ins Gesicht zu schlagen, IHN zu vermöbeln für das, was er mir oder vielmehr Jenny anzutun gedachte. Nein, meine religiösen Ideen waren von genau entgegengesetzter Art. Zum Beispiel frühmorgens, wenn ich aufwachte, und Jenny war noch da. Immer noch da. Es tut mir leid, es ist mir sogar peinlich, aber ich hoffte, es gebe einen Gott, bei dem ich «Danke schön» sagen könnte. «Danke schön» dafür, daß
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