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Love and Disaster

Love and Disaster

Titel: Love and Disaster
Autoren: Anna Graf
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einzureden.
„Bitte“, versuchte es Caro nun etwas lauter. „Bitte lassen Sie mich los, ich verstehe Sie nicht.“
Der Mann grinste.
„Trauriges Mädchen“, sagte er auf Deutsch. „Komm trink Wodka, dann wird besser.“
Er hielt das Glas vor ihr Gesicht. Caro gab ihren Widerstand auf, sie griff danach, hielt die Luft an und trank. Der Wodka brannte so stark, dass sie eine Hustenattacke bekam und ihr Tränen in die Augen stiegen. Die Männer um sie lachten und riefen:
„Szczęśliwego nowego Roku.“
So viel verstand Caro, ‚gutes neues Jahr’ hieß das. Sie versuchte, sich zu entspannten und blieb einfach sitzen. Das flüssige Feuer des Wodkas rann wohltuend warm durch ihren Körper und sie überlegte, ob ein zweiter davon sie von den Beinen fegen würde.
Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und merkte, dass sie angestarrt wurde. In einer Ecke neben der schmuddeligen Theke lehnte ein Mann an der Wand und sah sie an. Er wirkte zwischen den abgerissenen Männern so fehl am Platze wie sie selbst und sie fragte sich, was er hier verloren hatte.
Sein Blick hielt sie fest, sie konnte nicht anders, als immer wieder zu ihm zu sehen. Er stand reglos da, hatte die Arme verschränkt und ließ sie nicht aus den Augen. Er musste ein wenig älter als sie sein, sie schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Er hatte ein faszinierendes Gesicht, schmal und fein gezeichnet, dunkles, leicht gelocktes Haar, welches ihm bis auf die Schultern reichte und die ungewöhnlichsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte.
Caro bekam weiche Knie, als er sich nach einer Weile aus der Ecke löste und langsam zu ihr herüber kam. Er legte einen Geldschein auf den Tisch und sagte etwas in die Runde, worauf die Männer losgrölten und pfiffen.
Er reichte Caro die Hand und sie ergriff sie, ohne zu zögern. Die Berührung hatte etwas Magisches, sie löste ein Kribbeln aus, welches sich langsam in ihr ausbreitete. Er hielt ihre Hand fest, zog sie vom Stuhl und führte sie aus dem Lokal. Fast willenlos folgte sie ihm nach draußen.
    Die kalte Luft traf sie wie ein Keulenschlag und sie konnte plötzlich wieder klar denken. Caro riss ihre Hand fast gewaltsam aus der seinen.
„Vielen Dank, aber ich muss jetzt wirklich gehen“, ihre Stimme klang klein und unsicher.
Sie erschrak, als er in akzentfreiem Deutsch antwortete:
„Wo wohnst du? Ich bringe dich ein Stück, sonst verläufst du dich wieder.“
Sie schüttelte verwirrt den Kopf.
„Bist du Pole oder Deutscher? Was hast du denen da drin grad gesagt?“
Er grinste breit und sie sah ebenmäßige, weiße Zähne in der Dunkelheit aufblitzen.
„Ich bin Pole durch meine Mutter und Deutscher durch meinen Vater. Ich habe ihnen gesagt, dass du zu mir gehörst und ich dich noch vor dem Feuerwerk nach Hause ins Bett bringen werde.“
Caro spürte, dass sie rot wurde und war froh, dass ihre Reaktion in der Dunkelheit vor ihm verborgen blieb.
„Was machst du hier überhaupt?“, fragte er wieder. „Wie kommt jemand wie du in diese Gegend? Wieso feierst du nicht mit den anderen Touristen Silvester im Zentrum?“
„Und was machst du hier?“, entgegnete Caro. „Du siehst auch nicht so aus, als würdest du hierher gehören.“
„Ich bin genau da, wo ich sein will“, sagte er und strich ihr zärtlich über die Wange.
Sie schmiegte sich instinktiv in seine Hand und schrak dann zurück. Was tat sie hier? Caro hatte plötzlich einen dicken Kloß im Hals. Sie wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Einerseits war ihr hundeelend wegen Marcos Betrug, andererseits stand sie hier mit diesem faszinierenden Fremden, der sie völlig in seinen Bann zog und verlor sich im Sog seiner Augen. Ohne zu reden standen sie einfach nur da und sahen sich an.
Caro zwang sich in die Wirklichkeit zurück. Um sie herum war es laut geworden. Selbst hier, in dieser heruntergekommenen Gegend, füllte sich die Straße langsam mit Menschen, es ging auf Mitternacht zu.
„Also, wohin soll ich dich bringen?“, fragte der Fremde erneut.
„Nirgendwohin“, antwortete Caro so leise, als würde sie mit sich selbst reden. „Ich kann nicht zurückgehen.“
„Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?“ Er legte seine Hände auf ihre Schultern und sah ihr wieder in die Augen.
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, die Tränen wegzublinzeln, die ihr schon wieder in den Augen standen.
„Liebeskummer?“, er ließ einfach nicht locker.
„Der Mistkerl hat mich betrogen“, kam es trotzig über ihre Lippen und erschrocken
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