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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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–, die ihrem unbedarften Fehltritt auf dem Fuße gefolgt war, hatte sie ihr
Debüt erst im reifen Alter von zwanzig Jahren gemacht. Schon geraume
Zeit zuvor hatte sie jedoch begonnen, die Gentiemen ihres Kreises zu taxieren,
hatte ihren jeweiligen Charakter mit derselben Sorgfalt einer Prüfung
unterzogen wie ihr Vater die spezifischen Eigenschaften seiner Bohnen und
Rüben, seiner Kühe, Schafe und Schweine auf ihren Nutzen hin abwog. So wie ihr
Vater nach immer neuen Methoden forschte, sein Vieh und seine Ackersaat wachsen
und gedeihen zu lassen, suchte sie nach immer neuen Methoden, Männer in die
Flucht zu schlagen.
    Bei dem
einen gab sie sich einsilbig und begriffsstutzig, bei einem anderen unscheinbar
bis zur Unsichtbarkeit. Bei anderen redete sie ohne Unterlass, bei manchen
verstummte sie ganz. Dann wieder gab sie sich entrückt und zerstreut. Wunder
wirkte es auch, sich eines Herrn nach wiederholter Aufwartung partout nicht
mehr zu erinnern. Am liebsten aber verkuppelte sie ihre Verehrer mit anderen
Frauen.
    Letzteres
Manöver bedurfte äußerster Umsicht und großen Fingerspitzengefühls. Einer
gewissen Vorsicht bedurften indes all ihre Methoden, denn ganz gleich, welche
sie wählte, musste sie immer den Anschein freundlicher Verbindlichkeit wahren.
    Es war
keine leichte Aufgabe für eine attraktive und vermögende junge Frau, sich der
Eheschließung zu entziehen und sich zugleich nicht dabei ertappen zu lassen,
eben dies zu tun.
    Sie sollte
sich schämen, ihren Vater derart zu täuschen, aber für die Wahrheit schämte sie
sich noch viel mehr.
    »Lizzie und
ich haben eine Liste von Gentiemen erstellt, von denen wir glauben, dass sie
dir gefallen könnten«, teilte ihr Vater ihr mit. »In einem Monat werden
die Herren sich für einen zweiwöchigen Aufenthalt in Lithby Hall einfinden.
Selbstverständlich haben wir auch einige deiner Cousinen und Freundinnen
eingeladen, um für ausgewogene Verhältnisse zu sorgen. Unter diesen Bedingungen
solltest du ausreichend Gelegenheit finden, die Gentiemen kennenzulernen, und
sie wiederum
werden sich nicht von den vielfältigen Zerstreuungen der Stadt davon ablenken
lassen, dein Wohlwollen zu gewinnen.« Strahlend sah er sie an.
    Lord
Lithbys Strahlen beschränkte sich nicht auf ein Lächeln, sondern schien von
innen heraus zu kommen.
    Charlotte
lächelte zurück. Was hätte sie auch tun sollen, da er von seinem erschreckenden
Einfall so begeistert war?
    »Und wenn
es diesmal nicht gleich klappt, wagen wir während der Jagdsaison einen weiteren
Versuch«, fuhr er fort. »Gäste würden wir zu der Zeit ja ohnehin
haben.« Obwohl dem kein »aber« folgte, meine Charlotte doch eines zu
hören.
    Ihr Vater
hatte sein Herz darangesetzt, ihr auf diese Weise einen Gatten zu finden, und
er schien zuversichtlich, gleich im ersten Anlauf Erfolg zu haben. Es wäre eine
herbe Enttäuschung für ihn, wenn dem nicht so war.
    Sie konnte
ihn unmöglich enttäuschen.
    Sie konnte
unmöglich tun, was er wünschte.
    »Ich bin
mir sicher, dass es funktioniert, Papa«, sagte sie. »Da vertraue ich ganz
deiner Einschätzung.«
    »Das wollte
ich hören«, meinte er schmunzelnd und klopfte ihr auf die Schulter.
Nachdem das geklärt war, wandte er sich in glücklicher Ahnungslosigkeit dessen,
was er da losgetreten hatte, anderen Themen zu: das angrenzende Anwesen ...
Rechtsstreit rasch beigelegt ... aber Lord Hargate war ja schon immer ... seine
Söhne ... Carsingtons Abhandlung über Salz ... Klauenseuche bei Schafen ...
Charlotte versuchte ihm zuzuhören, aber der Aufruhr in ihrem Kopf blendete
alles andere aus. Ihr Verstand schoss von einem panischen Gedanken zum
nächsten, von einer unerwünschten Erinnerung zur anderen. Sie starrte auf das
Schwein hinab und wünschte sich dessen schweinsselige Zufriedenheit. Was hätte
sie nicht für Hyacinths fraglose Gewissheit ihres Platzes und ihrer Stellung in
der Welt gegeben. Dann machte Lord Lithby sich auf, um mit seinem Wildhüter zu
reden, und Charlotte ging ihres Weges und nahm ihre aufgewühlten Gedanken mit
sich.
    Was Lord
Lithby seiner Tochter zu sagen versucht hatte, war, dass das benachbarte
Anwesen nun wieder bewohnt war, und zwar von
niemand Geringerem als Darius Carsington.
    Da Darius
Carsington für keine Skandale sorgte und Lord Lithby den Gesellschaftsgazetten
und Gerüchten wenig Beachtung schenkte, wusste er nicht – und hätte er es
gewusst, hätte es ihn wahrscheinlich wenig gekümmert –, dass sein neuer Nachbar
ein
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