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Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Titel: Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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jahrhundertelang lebte. Er hatte sie mit in seine Schatzkammer genommen, nachdem er den armen Bitty ausgeblutet hatte. Gold in unzähligen Haufen, Juwelen glitzerten an Ketten, an denen immer noch das Lebensblut ihrer letzten Besitzer klebte, Ringe an knochigen Fingern; es war ein funkelnder Albtraum gewesen.
    „Das“, hatte ihr Vater mit ausgebreiteten Armen gesagt, „ist, was du haben könntest, wenn du nicht so schwach wärest.“ Er hatte eine Kette hochgehoben, an deren tropfenförmigen Diamanten noch braunes Blut klebte, und sie ihr um den Hals gelegt. „Spüre es. Spüre das Blut.“
    Sie hatte es gespürt. Und sich an ihrem eigenen Erbrochenen verschluckt. Ihr Vater hatte ihr für diese „Schwäche“ so fest ins Gesicht geschlagen, dass sie in einen Haufen Goldmünzen zurückstolperte. Er hatte ihr die Kette so heftig abgerissen, dass Liliana zu bluten anfing. Bis heute trug sie die Narbe an ihrem Hals – sie erinnerte Liliana ständig an den Eid, den sie damals als schutzloses Kind geleistet hatte: Nie würde sie so sein wie er, egal, was er ihr antat.
    Und er hatte ihr Dinge angetan, die er selbst seinen Feinden nicht zugefügt hätte.
    „In den Kerker kommst du, wenn du nicht kochst.“
    Liliana kam mit einem Ruck zurück in die Gegenwart, nickte und suchte sich einige duftende Früchte in leuchtenden Farben zusammen. „Schneidest du die für mich klein, Jissa?“
    Die Brownie nahm ein Messer, während Liliana sich auf die Suche nach Mehl, Butter und Milch machte und anfing, auf einer Ecke der Arbeitsfläche eine Pastete auszurollen. „Das Dorf“, fragte sie, während sie arbeiteten, „lebst du dort?“ Das hätte sie gut verstanden – die Schwarze Burg war ein düsterer Ort voll wachsamer Geister und schimmernder Dunkelheit.
    „Kann ich nicht.“ Jissas Traurigkeit erfüllte den Raum, senkte sich auf Lilianas Haut und drang bis in ihre Knochen. „Habe ich versucht, als ich hergekommen bin, und dann bin ich … gestorben, war ganz tot, nach zwei Tagen. Der Lord hat mich zurück hierher gebracht, und ich habe wieder gelebt.“
    Lilianas Herz stockte. Jetzt verstand sie. Egal, woran Jissa sich zu erinnern glaubte, sie hatte das Massaker ihres Dorfes nicht überlebt. Der Blutmagier hatte einen Zauber, den er Schlummer nannte. So ein harmloser Name für etwas so Böses. Er benutzte ihn für magische Kreaturen, die reinen Blutes und doch selten waren. Statt sie umzubringen, wenn er bereits voller Macht war, brach er ihnen den Hals, flüsterte im Augenblick des Todes aber einen Zauber, der sie schlafend am Leben erhielt.
    Liliana war einmal mit den Opfern ihres Vaters in ein Zimmer gesperrt gewesen, aber es hatte ihr keine Angst eingejagt, wie es seine Absicht gewesen war. Sie war dankbar gewesen, weil ihre Magie ihr sagte, dass diese Wesen keine Seelen mehr besaßen. Sie waren entkommen. Anders als Jissa. Was auch immer ihr Vater der Brownie angetan hatte, es hatte sie hier im Grenzland zwischen Leben und Tod eingesperrt. „Es tut mir leid.“
    „Warum?“ Verwirrung. „Du bist nicht der Blutmagier. Nein, bist du nicht.“
    Jissa anzulügen, wenn auch nur dadurch, dass sie ihr die Wahrheit verschwieg, stach Liliana wie Messer in der Brust.
    Jissa sprach wieder. „In der Eistruhe ist Fleisch. Ich kann …“
    „Nein
. Es kommt kein Fleisch auf den Tisch.“ Ihr eigenes Blut war das einzige, das sie je vergießen wollte. Ihrem Vater hatte es Spaß gemacht, sie zu zwingen, dabei zuzusehen, wie er langsam magische Kreatur um magische Kreatur gefoltert und verstümmelt hatte. Als sie sechs Jahre alt gewesen war, hatte er damit angefangen, Zauber zu flüstern, die sie zwangen, die gleichen schrecklichen Taten zu begehen, auch wenn sie dabei schrie und schrie und schrie.
    Vier Jahre hatte es gedauert, bis sie stark genug war, um seine Zauber mit ihrer eigenen Magie zu blockieren. Daraufhin hatte er angefangen, alle Bediensteten zu verletzen, die es wagten, mit ihr zu sprechen oder ihr sonst eine kleine Freundlichkeit zu erweisen – alle, bis auf den Koch. Also hatte sie gelernt zu schweigen.
    „Oh.“ Jissa runzelte die Stirn und versenkte die kleinen scharfen Zähne in ihrer Unterlippe. „Fleisch, er isst immer das Fleisch“, flüsterte sie. „Selbst ich, so schlechter Koch, kann nicht machen, dass es schrecklich schmeckt.“
    „Keine Angst, Jissa“, sagte Liliana und knetete den Teig entschlossen mit den Händen. Vor sich sah sie Augen, die wintergrün waren und unglaublich schön, aber
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