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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach
Autoren: Peter Cocks
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Fluss.
    Ich schmeckte rein gar nichts. Tankte mich nur auf, sah zu, wie die Themse vorüberzog, kalt und metallisch, genau wie der Geschmack in meinem Mund. Grau und neblig, wie das Gefühl in meinem Kopf. Ich kehrte zurück ins sichere Haus und schlief ein paar Stunden.
    Gegen halb fünf klingelte mein Telefon. Es war Paul Dolan. Mir war überhaupt nicht nach einem Plausch mit ihm.
    »Bist du okay?«, fragte er.
    »Ja«, sagte ich.
    »Mach dir keine Vorwürfe. Er hat’s sich selbst eingebrockt.«
    Er gab mir meine Befehle. Morgen Nachmittag sollte ich zum Haus kommen. Ich würde mit Tommy fahren. Paul weihte mich ein in die Einzelheiten des Transports, der am Flughafen von Biggin Hill enden sollte, dem kleinen Rollfeld, von dem die Piloten in der Luftschlacht um England gestartet waren. Er fragte mich noch mal, ob ich okay sei. Sagte, ich würde erledigt klingen.
    »Ich hab grad noch gepennt«, sagte ich. »Bin total kaputt.«
    Er ließ mich die Details noch mal wiederholen. »Wir können uns keine weiteren Fehler leisten«, sagte er.
    Ich ließ das Handy sinken und fiel wieder aufs Bett, völlig am Ende. Eine Stunde später klingelte es schon wieder. Es war Sophie. Sie klang angespannt. Sagte, sie müsse mich sehen. Ich sagte, ich sei zu fertig, um heute Abend noch irgendwas zu machen. Wir verabredeten uns für den nächsten Vormittag im Greenwich Park. Sie wollte die Hunde ausführen.
    Ich schleppte mich in die Küche und kochte mir einen starken, schwarzen Kaffee. Ich wollte nur noch raus hier, aber zuerst musste ich mich an die Arbeit machen. Eine Stunde lang saß ich vor dem Computer, dann rief ich Baylis an.
    »Nimrod, Elgar«, sagte ich. »Treffpunkt ist morgen, 20   Uhr, bei der A233, Jewels Wood, bei Biggin Hill. TK trifft JK mit mindestens zwei Partnern: DS, DM und PD; unbestätigt.«
    Ich hatte mir das Gebiet, in dem wir uns laut Tommy treffen sollten, auf Google Maps genau angesehen und mir schon im Voraus aufgeschrieben, was ich Baylis sagen würde, möglichst präzise, um ja keine Fehler zu machen. Ich bemühte mich sehr, alles richtig hinzukriegen. Hatte aufgehört, mir über die beteiligten Personen Gedanken zu machen, und versuchte nun, klar, kühl und professionell den morgigen Zeitplan durchzudenken. Als wären sie alle bloß Schachfiguren. Noch einmal spuren und dann raus. Schnell.
    »Gute Arbeit, Elgar«, sagte Baylis. »Wirst du anwesend sein?«
    »Ja.« Tommy wollte mich bei sich haben.
    »Einsatzplan?«, verlangte Baylis.
    »JK wird vom Treffpunkt nach Biggin Hill gebracht, von dort per Leichtflugzeug o.   Ä. zum Flughafen Bembridge, Isle of Wight.«
    »Alles klar, Elgar. Noch was?« Ich hatte das Gefühl, dass Baylis sich fühlte wie der Fisch im Wasser. In seinem Element.
    »Zweiter Treffpunkt: Fischerboot im Hafen von Bembridge, dann Umsteigen in zweites Boot beim Leuchtturm Nab Tower in der Solent-Meerenge, anschließend Überfahrt Richtung Bretagne. Dann über See- oder Landweg nach Santiago de Compostela, Spanien.«
    Meine Trumpfkarte hatte ich mir bis zuletzt aufgespart.
    »Tommy Kelly hat sich die Hände schmutzig gemacht«, sagte ich.
    »Was?«
    »Er hat Saul Wynter umgebracht.« Ich verbesserte mich. »TK hat SW umgebracht. Beweismaterial auf Video.«
    Am anderen Ende der Leitung hörte ich Ian Baylis fluchen. »Du machst Witze.« Vor lauter Schreck vergaß er sogar seinen professionellen Ton. »Mail es mir.« Ich hörte, wie er den Hörer abdeckte und irgendwem irgendwas sagte, bevor er sich wieder gefangen hatte. »Irgendwelche Hinweise, dass TK mitreist?«
    »Nein«, sagte ich. »Aber ich bezweifle es. Er wird versuchen, sich rauszuhalten. Er wird bei mir sein.«
    »Wir decken alles ab, Elgar«, sagte Baylis. »Ich nehme an, wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Bei Biggin Hill. Tu um Himmels willen überrascht, wenn sie dich mit verhaften, Elgar.«
    Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Natürlich würde ich verdammt überrascht sein. »Da werde ich nicht groß so tun müssen, Nimrod.«
    »Viel Glück, Elgar.«
     
    Sophie war pünktlich. Ich traf sie beim Café im Park und wir tranken noch einen Milchkaffee, ehe wir die Hunde von der Leine ließen. Starsky und Hutch kannten mich inzwischen, sprangen an mir hoch und leckten mich ab, wenn ich ankam. Sie waren sich meiner Loyalität gewiss: Teil der Familie.
    Ich konnte Sophies gedrückte Stimmung spüren und wir redeten nicht viel. Jasons Verbrechen hing wie ein Mühlsteinzwischen uns, unausgesprochen.
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