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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach
Autoren: Peter Cocks
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Hill. Ich konnte schon die Lichter des Flughafens und den Wald sehen, wo das Treffen stattfinden sollte. Ich kannte Jewels Wood. Dort hatte ich die Hunde ausgeführt, mit Sophie. Aber jetzt fuhren wir geradewegs dran vorbei.
    Mir sank das Herz in die Hose. Plötzlich hatten sich die Pläne geändert und ich hatte keine Ahnung, was passierte.
    Wir fuhren auf den kleinen Landstraßen weiter und nahmen dann eine Gabelung nach links. Noch mehr Waldgebiet erwartete uns und wir verschwanden zwischen den Bäumen, einen schlammigen Pfad entlang. Es war stockfinster und wir waren jetzt weit abseits der ausgetretenen Pfade. Paul schaltete Motor und Scheinwerfer ab, und da saßen wir, eingehüllt in Dunkelheit und Schweigen. Fünf Minuten später hielt hinter uns noch ein weiterer Wagen und der Fahrer löschte die Scheinwerfer.
    »Donnie«, sagte Paul.
    Alle stiegen aus und versammelten sich im Schein einer Taschenlampe. Jason tauchte aus Donnies Wagen auf, in eine Decke gewickelt. Im schwachen Lichtkegel sah er verlegen aus.
    »Jason, rein in den Volvo«, sagte Tommy. Diskussionen, Umarmungen oder Küsschen waren hier nicht zu erwarten, das war offensichtlich. Paul öffnete die Heckklappe und Jasons Schattengestalt zögerte. »In den Kofferraum«, sagte Tommy. »Wir können nicht riskieren, dass man dich sieht. Da sind ein paar Kissen drin. Halt den Kopf unten.« Jasongehorchte und Paul senkte über ihm vorsichtig die Heckklappe. Schloss ihn ein.
    »Du hast’s im Griff, Don?«, fragte Dave.
    »Alles im Griff«, gab Donnie zurück. Er ging rüber zum silbernen Wagen und öffnete den Kofferraum. Tommy und Dave machten einen Schritt vorwärts und Dave leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Ich reckte den Hals, um auch etwas zu erkennen. Im Kofferraum zusammengekrümmt lag Saul Wynter. Oder vielmehr der verdrehte Leichnam von Saul Wynter, in eine durchsichtige Plastikfolie gewickelt. Ich erkannte ihn an dem Anzug, in dem er gestern vor meinen Augen umgebracht worden war.
    »Gut«, sagte Tommy. Er sah auf die Uhr. Ich blickte prüfend auf meine: 19.30   Uhr. »Du gehst und kümmerst dich um Saul, Donnie, und wir machen uns auf.«
    Donnie stieg wieder ins Auto und fuhr durch die Bäume davon, um Saul Wynter zu seiner letzten Ruhestätte zu geleiten. Irgendwo ganz unten im feuchten Zement, nahm ich an, mit Donnie als Priester und einzigem Trauergast.
    »Gib uns etwa eine halbe Stunde, Dave«, befahl Tommy. »Warte hier und fahr dann zum Flughafen von Biggin Hill. Wir kommen nicht mit.«

Vierundsechzig
    »Du fährst bei uns mit, Eddie«, sagte Tommy. Paul Dolan machte mir die Tür auf und ich stieg wieder in den Volvo. Tommy und Paul stiegen vorn ein und ließen den Motor an. Jason im Kofferraum verhielt sich ruhig.
    Jetzt wurde ich langsam wirklich panisch. Wenn Tommy bereit war, Saul zu opfern, seinen ältesten und engsten Berater, war hier keiner mehr sicher.
    Aufgrund meiner Informationen würde Ian Baylis’ Team bereits auf der Lauer liegen, und zwar in Jewels Wood und in Biggin Hill.
    Und jetzt fuhren wir in die komplette Gegenrichtung.
    Wir fuhren ohne ein Wort, im Hintergrund spielte leise das Klassikradio. Ich hatte keinen Schimmer, wo wir waren, und ich konnte schlecht fragen, weshalb wir uns nicht am verabredeten Ort getroffen hatten, wo man uns so bequem in einen Hinterhalt locken konnte. Wir konnten nach Dover unterwegs sein   … oder sonst wohin.
    Zehn Minuten später bogen wir von der A20 ab und sausten über ein paar Kreuzungen auf der M25, bevor wir in Dartford abfuhren. Plötzlich war mir die Landschaft wiedervertraut. Wir fuhren Richtung Fluss, quer durchs Industriegebiet, und auf einmal wusste ich, wo es hinging.
    Ich schmuggelte mein Notruf-Handy aus der Innentasche meines Daunenanoraks und versuchte, es im Dunklen zu ertasten. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass ich die Tastentöne auf »aus« gestellt hatte. Das hatte ich, aber sobald ich auf irgendwas draufdrückte, würde der Bildschirm aufleuchten.
    Also musste es ein Blindschuss werden.
    Ich hielt das Telefon gegen mein Bein, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Meine Fingerkuppe fand die 5 anhand ihres Braille-Punktes und ich drückte die Shortcut-Taste zum SM S-Menü . Ich schloss die Augen und versuchte, mir das Ziffernfeld vorzustellen, versuchte, irgendwie meine Botschaft hinzubekommen, indem ich abzählte, wie oft ich jede Taste drücken musste. Ich drückte die 8: t. Dann dreimal die 7: r. Und so weiter, bis ich schließlich
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