London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Brieftasche. Er legte sie wieder auf den Nachttisch, holte die Briefumschläge der letzten zwei Tage aus dem Papierkorb und steckte sie in die Tasche. Dann verließ er das Haus.
Belsey ging zu Fuß zum Revier Hampstead und machte sich in seinem Büro eine Tasse Tee. Er nahm die Unterlagen aus dem Büro von AD Development, ging zu einer Telefon zelle außerhalb und rief von dort in der Leitstelle des Re viers an.
»Hi. Hier ist der Manager einer Reinigungsfirma in Hampstead. Könnten Sie Detective Constable Nick Belsey etwas ausrichten? Sagen Sie ihm, noch kein Lebenszeichen von Mr Devereux. Der Mann aus der Bishops Avenue, der vermisst wird. Der Detective wollte, dass wir ihn anrufen.«
Er ging zurück ins Revier, schnappte sich die Nachricht, fuhr zur Bishops Avenue und rief vom Haus aus per Funk den Notarztwagen.
»Ich hab hier eine Leiche«, sagte er. »Nein, hat keine Eile.«
9
Der Notarztwagen kam ohne Blaulicht und Sirenen: zwei Männer und eine Frau, die in geschäftsmäßigem Tempo ihren Arbeitsplatz aufsuchten.
»Wow«, sagten sie, als sie das Haus betraten.
Während sie die Treppe hochgingen, spekulierten sie über den Preis des Hauses. »Fünfzehn Millionen.« »Doppelt so viel, mindestens …« Dann betraten sie den Schutzraum und sahen den Körper und die Maden.
»Tja, der ist tot.«
»Haben Sie versucht, ihn wiederzubeleben?«, fragte die Frau, und alle lachten.
Kein höherer Beamter tauchte auf, nur ein Pathologe, sein Assistent und ein Fotograf. Die Sanitäter schauten sich das Haus an und machten mit ihren Handys Schnappschüsse. Der Assistent des Pathologen schloss sich ihnen an. Keiner hatte es besonders eilig.
Als der Fotograf seine Aufnahmen gemacht und der Pathologe den Mann für tot erklärt hatte, wickelten die Sanitä ter die Leiche in eine Plastikfolie und trugen sie auf einer Bahre zum Krankenwagen.
»Wenn Sie ihn noch brauchen, wir bringen ihn ins Leichenschauhaus St. Pancras.«
»Danke«, sagte Belsey.
»Wer macht die Identifizierung?«
»Weiß ich noch nicht. Ich versuche einen Verwandten aufzutreiben. Er hat allein gelebt.«
»Okay.«
»Eigentlich hätte ich die Leiche schon beim ersten Mal finden müssen«, sagte Belsey. »Hätte mich genauer umsehen sollen.« Er schüttelte den Kopf. Der Krankenwagen fuhr vom Grundstück. Ein Wachmann vom Haus gegenüber schaute ihm hinterher.
Belsey ging wieder ins Haus und schloss die Tür. Er öffnete alle Fenster. Warum im Schutzraum, fragte er sich. Selbstmörder bevorzugten manchmal versteckte Winkel, damit sie nicht von einem geliebten Menschen, sondern erst vom Rettungsdienst gefunden wurden. Oder von der Putzfrau. Es hatte etwas Dezentes, sich in einen sicheren Winkel zurückzuziehen, um sich die Kehle durchzuschneiden. Er dachte über die Umstände nach: über die Ratenzahlung, über den Pragmatismus, den dieser Scheck ausdrückte. Es war alles in allem ein taktvoller Tod gewesen.
Was bedeutete das nun für ihn selbst, fragte sich Belsey. Wer würde Anspruch auf das Haus erheben? Die Überreste von Devereux’ Leben waren ihm vor ein paar Stunden wie ein glücklicher Fund vorgekommen. Beim Anblick des Körpers waren sie ihm noch herrenloser erschienen. Belsey verspürte eine größere Freiheit und eine größere Verantwortung.
Er rief im Grundbuchamt an und fragte nach dem Eigentümer des Anwesens. Das Haus Bishops Avenue 37 gehörte einem Immobilienunternehmen namens »Home from Home«, das sich selbst als Spezialisten für den Umzug hochgestell ter Persönlichkeiten bezeichnete: »… für Führungskräfte aus der Wirtschaft und ihre Familien, die Suche nach geeig neten Schulen mit inbegriffen.« Es hatte seinen Sitz in der Hampstead High Street. Belsey rief an und bekam einen Mann mit einer aalglatten, manierierten Stimme an den Apparat.
»Vermietet Ihre Firma das Anwesen Bishops Avenue 37?«
»Ja.«
»Und der aktuelle Mieter ist ein Mr Devereux?«
»Einzelheiten können wir Ihnen leider nicht nennen. Sind Sie von der Presse?«
»Polizei. Seit wann hatte er das Haus gemietet?«
»Polizei?«
»Hampstead CID.«
»Wenn Sie vielleicht in unserem Büro vorbeischauen …«
Belsey rief die Kfz-Zulassungsstelle an. Natürlich war der Porsche geliehen – von einem Mietwagenunternehmen namens City Inter-Rent mit Büros in Heathrow, Marylebone und Croydon.
Alles verlor ein bisschen an Substanz.
Von der Zulassungsstelle erfuhr Belsey, dass Devereux’ Führerschein für das Vereinigte Königreich vor drei Monaten
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