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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst
Autoren: Georges Arnaud
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beginnt das neue Gestänge sich an das andere Gestänge zu schrauben, das schon in der Erde steckt. Mit sechzig, achtzig, hundert Umdrehungen in der Minute dringt es seinerseits in den Boden ein, während der Indio, der es aufgesetzt hat, sich losbindet und von dem Stahlgerüst heruntersteigt. Keine Zeit ist zu verlieren: es geht um die Ertragsprämie, die nach der Anzahl der Gestänge berechnet wird, welche die Belegschaft während ihrer zehnstündigen Arbeitszeit montiert.
    Der Schweiß der Männer und manchmal auch ihr Blut sind der Preis, der gezahlt werden muß, damit die Maschine läuft. Die ganze Nacht lang, Schweiß und Müdigkeit, in Erwartung des Tages.
    Alle zwanzig Minuten, bei jeder Montage eines neuen Gestänges, macht der Ingenieur, der die Bohrung leitet, eine Spülprobe. Er prüft den Spülschlamm beim Licht eines Scheinwerfers auf seine Konsistenz hin. Wenn nötig, macht er eine Analyse mit Hilfe einiger primitiver Instrumente, die auf der Werkbank des Maschinisten liegen. Der geringste Irrtum kann den Erfolg der ganzen Arbeit in Frage stellen. Wenn die Bohrung in zu trockenem Erdreich niedergebracht wird, besteht Gefahr, daß das Gestänge sich heißläuft und der Stahl bricht. Die Stücke, die von der Spannung des Metalls und der Drehung des Gestänges in die Gegend geschleudert würden, könnten die Männer erschlagen und die ganze Bohranlage zerstören. Ist dagegen die Spülung zu flüssig und stößt der Bohrer durch einen Hohlraum, bevor er die Öllagerstätte erreicht, so kann ein hochentzündliches Gas mit gigantischem Gurgeln hochsteigen, den Turm umschleudern und sich an dem geringsten Funken entzünden, an den Kerzen des Motors, an einem glühenden Metallteilchen, an was auch immer. Darum...
    Rynner, der Bohringenieur, ist unruhig. Irgend etwas stimmt heute abend nicht. Schon zweimal haben sich im Bohrkopf leichte Blasen gebildet. Er hat nicht gewagt, sich ihnen mit einem offenen Licht zu nähern; ihm scheint, daß ein Petroleumgeruch von ihnen aufsteigt. Aber der Passat, der über die Ebene streicht, führt auch jenen weichen Ölgeruch mit sich. Da soll sich einer auskennen.
    Nicht weit von hier, im Westen, schwingt die Sonde * von Anaco, die mächtigste der Welt, ihre Fackel über die Ebene und erleuchtet das Dunkel. Rynner wartet ungeduldig auf den zweiten Tankwagen, der schon vor einer guten Weile abgefahren ist, um am nächsten Flußlauf Wasser zu tanken. Der Wagen beim Taladro ist fast leer. Rynner kann sich trotzdem nicht entschließen, die Arbeit zu unterbrechen. Von der Ertragsprämie gehört der Löwenanteil ihm. Er steigt in seinen Dreivierteltonner und macht sich auf die Suche nach dem Wagen, auf den er wartet.
    Rings am Horizont ist keine einzige Erhebung sichtbar, das Gelände erscheint dadurch völlig flach. In Wirklichkeit ist es aber in dieser Richtung hügelig. Sobald die obersten Lichter des Bohrturmes hinter der ersten Hügelkette verschwunden sind, findet man nur schwer den Weg. Die Sonde von Anaco ist kein guter Richtungspunkt, man sieht nur ihren weiten, grellen Feuerschein am Himmel. Bleibt allein die Wagenspur. Aber da, bei einer Weggabel teilt sie sich plötzlich. Rynner stoppt, steigt aus und versucht, die beiden Spuren beim Licht des Scheinwerfers zu untersuchen. Schwierig: die beiden Tankwagen, die das Wasser heranfahren, sind vom gleichen Typ.
    »Was hat denn der Idiot gemacht? Der richtige Weg ist doch links.«
    Der Ingenieur folgt mit seinem Wagen diesem linken Weg. Der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Ist die Dunkelheit daran schuld oder Rynners Unruhe? Schließlich erreicht er die Wasserstelle. Hier müßte der Tankwagen sein. Neben seinem Dreivierteltonner stehend, leuchtet Rynner mit dem seitlichen Scheinwerfer ins Dunkel. Er sieht nichts, nicht einmal die Wasserpumpe, deren Motor er schnaufen hört. Er stößt einen Fluch aus.
    Die Hitze ist noch stärker geworden. Das Hemd klebt ihm schweißnaß am Körper. Er friert, sobald ihm der Passat trocknend über den Rücken fährt. Und der Passat ist ein warmer Wind... Er steckt sich eine Zigarette an und sieht auf die Uhr. Das Wasser muß spätestens in zwanzig Minuten beim Taladro sein.
    Rynner steigt wieder in seinen Wagen, gibt Gas und macht sich weiter auf die Suche. Von Zeit zu Zeit hält er an und horcht. Die Pumpe ist noch immer zu hören. Der Weg folgt jetzt dem Wasserlauf; der Boden ist schlecht. Der Wagen kommt ins Schleudern, plötzlich hängt er fest. Der Kühler sitzt auf einem harten
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