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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst
Autoren: Georges Arnaud
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und mit aller Natürlichkeit eine bunte Zeitung mit Supermans Abenteuern entfaltete, vertiefte sich jener wieder in sein Entfernungschätzen und schrieb die Ergebnisse eines nach dem anderen in sein Notizbuch.
    Die Flammentrombe schien dem Erdboden den harten, dichten, sonderbaren Stoff zu entreißen, von dem sie sich nährte. Eine Feuersäule schoß hoch auf; sie teilte sich nicht, sondern stieß kerzengerade in die schwarze Wolkendecke. Die wenigen großen Feuerfunken, die in Sichtweite daraus niederfielen, glichen eher Blitzen als einem Funkenregen. Die Feuersbrunst war ein lebendiges, wirkliches Wesen. Mochte ihr Leben kurz oder lang sein, sie hatte eine vorgezeichnete Aufgabe: sich in den Himmel zu erheben, gegen den Himmel vorzustoßen. Sie tat es mit Eile.
    O’Brien kam zu den anderen zurück. Feststellungen, die die Ursache des Unglücks betrafen, interessierten ihn nicht. Er hätte in keiner öffentlichen Verwaltung einen führenden Posten bekleiden können, wo es zuerst einmal heißt, die Erklärung für das zu finden, was geschehen ist, statt zu handeln oder einen Kampf aufzunehmen. Der Ire war eine Kampfnatur. Er war wütend. Wütend über das Feuer. Nicht etwa, weil dieses ihn selbst in irgendeiner Weise geschädigt hätte. Gelöscht oder nicht gelöscht, würde es nicht verhindern können, daß das Gehalt (verdoppelt durch den Tropenzuschlag), welches er als Leiter des Distriktes Guatemala von der Crude bezog, an jedem Monatsersten in seine Tasche floß. Nicht darum ging es: O’Brien war wütend über das Feuer, weil er nun einmal wütend war und sonst nichts. Solche Männer können nicht anders, als in einen heftigen Zorn zu geraten, sobald sie einem Hindernis, einer Schwierigkeit, der Feindschaft der Elemente gegenüberstehen. Ohne sie lebten wir noch in der Steinzeit.
    »Und es gibt auch keinen Graben, den man als Annäherungsgraben weiterführen könnte«, sagte O’Brien. »Wir müssen in Windrichtung geradeaus graben mit zwei Zickzackgräben gegen das Ende zu, aus Sicherheitsgründen.«
    »Wir werden uns beeilen müssen«, sagte sein Sekretär. »In drei Wochen springt der Wind um.«
    O’Brien hatte seinen Sekretär betont kühl behandelt. Die Art, wie der Bursche sich seines Auftrages bei dem Telefongespräch mit Rynners Mutter entledigt hatte, war ihm gegen den Strich gegangen. Aber bei dieser Bemerkung warf er ihm so etwas wie einen Versöhnungsblick zu: endlich ein vernünftiges Wort.
    »Los, nach Hause!«
    Sie gingen zu den Wagen und nahmen Platz. Während der ganzen Rückfahrt braute der Chef der Rechtsabteilung in Gedanken einen seiner kleinen Berichte zusammen, in dem er diesem Rotkopf, dem Iren, schon eins auswischen wollte. O’Brien dagegen überlegte, wie das Feuer am besten zu löschen war. Er kombinierte verschiedene Möglichkeiten, machte seinen Plan fertig. Er sah bereits den Annäherungsgraben, in dem die schwerfälligen Asbestgestalten bis an den Fuß der Feuersäule vordringen würden, um sie zu unterminieren, sie auszuroden wie einen Baum. Im voraus kostete er das Schweigen aus, das sich nach dem ungeheuren Getöse über die Ebene breiten würde, das Brausen der Feuertrombe wie mit einem Federbette erstickend. So heilte man von jeher die Wut.
    Ein Kinderspiel, solch eine Feuersäule zu löschen! Ausblasen muß man sie, wie man ein Streichholz ausbläst. Nur muß man stark genug blasen. Sprengstoff her! Aber nicht irgendeinen: was genügt, um Menschenwerk zu zerstören, alles im Umkreis von mehreren hundert Metern durch die Luft zu schleudern, genügt nicht, um diesem Feuer beizukommen.
    Die Wagen ließen die Hochebene mit den hundert Bohrtürmen hinter sich und erreichten die Straße, die nach Las Piedras hinabführte. Die Straße war in gutem Zustand: gepflastert und geteert. Sie schössen darauf wie auf einer Rodelbahn abwärts. Die vielen Kurven verlangten von den Fahrern akrobatische Geschicklichkeit. Nur ein zwanzig Zentimeter hoher Betonstreifen trennte sie vom Abgrund. Weiter unten gab es drei besonders gefährliche Haarnadelkurven, dann erreichte die Straße nach Überquerung eines Brückendammes, der über die sieben Arme des Rio Guayas hinwegführte, das Meer. Aber man sah weder das Meer noch den Fluß: das ganze Tal war ein riesiges Sumpfland, über dem weißer Nebel hing. Für die Abwärtsfahrenden war das Land durch diese Nebeldecke in zwei Teile geteilt: oben, hinter ihnen, die mittelamerikanische Wüste, sandig, steinig und verbrannt; die Sonne stand dort
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