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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs
Autoren: Richard Dübell
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Wucht des Aufpralls oder wirbelten durch die Luft. Pfeile schlugen in die hölzernen Schilde der Ritter ein, durchdrangen die Strohmatten, hinter denen sich die einfachen Soldaten zusammenkauerten, und klapperten auf den Dächern. Unten in der Zisterne hörte Robert gedämpft die Schmerzensschreie der Getroffenen. Angst, wie er sie nie gekannt hatte, schnürte ihm die Kehle zu. Er schwitzte und fror zugleich, während Attayak Ali ihn an dem Seil, das er unter Roberts Achseln festgebunden hatte, nach unten ließ.
    Dabei wusste er, dass das Schwierigste noch vor ihm lag. Er hörte das Zippen eines Pfeils, der an ihm vorbeisauste. Schlimmer noch als das verirrte Geschoss und das Gebrüll der verletzten Verteidiger war Roberts Lage. Das Seil würde ganz sicher nicht bis nach unten reichen.
    Doch Robert hatte Glück im Unglück: Drei, vier Mannslängen unterhalb der Brunnenöffnung war der gemauerte Ring der Zisterne durch unregelmäßigen Fels ersetzt worden. Daran konnte er nach unten klettern. Sobald er diese Stelle erreicht hatte, würde er sich einen Halt suchen, am Seil rucken und aus der Schlinge schlüpfen. Danach war er auf sich allein gestellt auf dem Weg nach unten. Der Alte würde oben Wache halten, bis Robert wieder zurückkam und sich die Schlinge umlegte. Die gemauerte Stelle des Brunnenschachts kletternd zu überwinden, war völlig undenkbar.
    Robert war gerade aus der Schlinge geschlüpft und krallte sich an den roh behauenen Fels, als er oben eine Stimme hörte.
    »He, Alter, was stehst du da bei der alten Zisterne rum? Sire Humphrey braucht jeden Mann auf dem Wehrgang; diese Teufel von Sarazenen haben gut gezielt bei der ersten Angriffswelle. Lass den Unsinn mit dem Seil und komm mit!«
    Voller Entsetzen musste Robert mit ansehen, wie das Seil sich windend wie eine Schlange herabfiel und in der Dunkelheit unter ihm verschwand. Falls Attayak Ali ihm noch eine verstohlene Aufmunterung hinabrief, hörte er sie nicht. Wie eine Fliege hing er am nackten Fels. Und er fürchtete dort kleben zu bleiben, erstarrt vor Schreck, bis ihn die Kräfte verließen und er in den Schacht stürzte. Damit würden die Hoffnungen, die so viele Menschen in ihn, Robert de Kyme, setzten, für immer zunichte sein.

26
    W ie Scherenschnitte zeichneten sich die Reiter am Ufer des ausgetrockneten Flussufers vor dem gleißenden Himmel ab. Doch Edith hatte keine Zeit, näher hinzusehen, denn Richard zog sie tiefer in die Deckung der Felsen.
    »Verdammt, die Sarazenen!«, flüsterte er. »Ich hab’s geahnt! Saladin ist ein glänzender Taktiker. Er lässt ein Wadi in seinem Rücken nicht unbewacht.«
    Edith zählte ein Dutzend Männer. Ihre Helme mit den spitzen Stacheln auf dem Scheitel blinkten in der Sonne, die langen Tücher und weiten Mäntel flatterten im heißen Wind, ihre Panzerhemden schimmerten. Sie sahen aus wie Elitekrieger. Ediths Kehle schnürte sich zusammen.
    »Ich schaue mal, wie wir uns hier unbemerkt wegschleichen können«, zischte Richard. Er zögerte einen Moment, dann legte er den Schild, den er auf dem Rücken getragen hatte, und sein Schwert ab. Er grinste schief. »Für den Fall, dass sie mich schnappen, müssen sie mich ja nicht gleich erkennen.«
    Edith bemerkte, dass die dünne, mit einem nichtssagenden Muster verzierte Lederhaut, die sich über Richards Schild spannte, das darunter aufgemalte Löwenwappen verbarg. Der Löwe fand sich auch auf dem Knauf seines Schwerts, und sie erinnerte sich, dass sein Name und sein Wahlspruch in die Klinge eingeätzt waren.
    »Wenn die Kerle sich die Lage eingeprägt haben, werden sie hier runterkommen. Dann ist es zu spät. Sire Guy, passt auf Lady Edith auf!«
    Sire Guy, der sich abseits gehalten hatte, kletterte wortlos über einen Felsbrocken und kauerte sich neben Edith, die Richard im gleichen Moment verließ. Der König zwinkerte ihr aufmunternd zu, aber er konnte sie nicht täuschen. Sie hatte den harten Zug um seine Mundwinkel genau gesehen. Ihr Herz schlug immer heftiger und sie staunte über sich: Ihr war eher bang um König Richard als um sich selbst.
    Sie spähte noch einmal aus ihrer Deckung hervor. Die Sarazenen hatten die Stelle nicht verlassen, an der sie aufgetaucht waren. Zwar konnte Edith ihre Gesichter im Gegenlicht nicht erkennen, wohl aber, dass sie den Blick nach rechts wandten. Plötzlich teilte sich der Trupp und ein weiterer Reiter erschien. Ein Schweif aus Pferdehaar flatterte auf seinem Helm, und er richtete sich im Sattel auf, um einen
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