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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs
Autoren: Richard Dübell
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besseren Überblick zu haben.
    »Sie haben auf ihren Sergeanten gewartet; gleich kommen sie«, sagte Edith mit rauer Stimme, doch Richard war außer Hörweite. Sie wandte sich an Sire Guy. Dieser schien ebenfalls dem verschwundenen Richard hinterherzustarren, dann wandte er sich zu Edith um.
    Bei seinem Anblick wich sie entsetzt zurück. Sire Guys Züge waren verzerrt, seine Zähne entblößt. Die verbrannten Hauptpartien in seinem Gesicht gaben ihm das wilde Aussehen eines Dämons.
    »Für den Sheriff von Nottingham bin ich erledigt«, hörte sie ihn wie zu sich selbst flüstern. »Von den anderen Sheriffs wird mich keiner zum Vasallen nehmen, sie sind alle mit Roger de Laci befreundet. Ich habe nicht mal Grundbesitz, all die Jahre bin ich nichts als der Henker des Sheriffs gewesen. Und auf König Richards Dankbarkeit zu hoffen, gesetzt den Fall, wir kommen überhaupt lebend aus diesem Höllenland zurück … Oh nein, Lady Edith, oh nein … Wenn ich eines gelernt habe, dann dies: Man soll sich nie auf die Dankbarkeit der Herren verlassen.« Sire Guys Stimme zitterte vor Hass und Selbstmitleid.
    Angst vor dem Mann schoss in ihr hoch, die viel größer war als die Angst vor den Sarazenen. Bis jetzt hatte sie ihn nicht ernst genommen; zu oft war sie Zeugin geworden, wie er übertölpelt worden war. Aber nun waren er und sie allein. Sie sah, wie seine rechte Hand zum Griff des Dolchs in seinem Gürtel kroch, anscheinend ohne dass er selbst wusste, was er tat. Seine Augen waren auf sie gerichtet, aber er starrte durch sie hindurch in eine Zeit, in der er ein Gesetzloser sein würde, von seinem früheren Lehensherrn verstoßen und bei seinem König in Ungnade gefallen. Sie ahnte, was nun folgte. Sie warf sich herum, aber Sire Guy war schneller als sie und riss sie zu Boden. Edith wehrte sich, doch diesmal hatte sie keine Chance. Sie erstarrte, als sie den von der Sonne heißen Stahl des Dolchs an ihrer Kehle spürte. Sire Guy zerrte sie hoch und drückte sie an sich. Die Dolchklinge ritzte ihre Haut.
    »Wenn Ihr schreit, seid Ihr tot«, flüsterte er. Sie spürte seinen Atem an ihrer Wange.
    »Was habt Ihr vor?«, wisperte sie. Sie hätte gar nicht schreien können. Der Schock ließ sie erzittern.
    »Ich suche mir einen neuen Herrn«, sagte Sire Guy.
    Als Richard über den Felsen hinter ihrem Versteck kletterte, erfasste er die Situation mit einem Blick. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, sprang er von dem Felsblock und war an Ediths Seite, so schnell, dass sie zusammenzuckte. Sein Schwert war bereits halb aus der Scheide. Sire Guy, durch innere Zweifel verlangsamt, wich zurück. Dann fasste er sich und packte Edith fester. Sie keuchte.
    »Ihr wollt ihr Leben nicht aufs Spiel setzen, Richard«, stieß er hervor.
    Richard zog sein Schwert ganz aus der Scheide. Seine blauen Augen waren kalt wie Eis. »Dazu fehlt Euch der Mumm«, sagte er verächtlich. »Und die Schnelligkeit.«
    »Wie schnell müsste ich sein, um der Lady die Kehle durchzuschneiden? Ich könnte der langsamste Mensch auf der Welt sein und wäre doch schneller als Ihr beim Versuch, mich vorher zu erledigen. Lasst Euer Schwert fallen, Richard! Jetzt bin ich Herr der Lage.«
    Richard starrte den Normannen an, dann ließ er mit einem hilflosen Blick zu Edith sein Schwert fallen.
    »Nicht!«, brachte Edith mühsam hervor. »Er will …«
    »Ich weiß«, murmelte Richard. »Es ist das Einzige, was er tun kann. Macht schon, Guy de Gisbourne, macht Euren Verrat vollständig!«
    »Geht nach draußen!«, befahl Sire Guy barsch. »Los, Lady Edith, nehmt den Schild und das Schwert! Und keine Dummheiten …«
    Richard trat ins Freie hinaus, dicht gefolgt von Guy, der Edith halb vor sich hertrug, den Dolch noch immer an ihrer Kehle. In die Reihe der Sarazenen oben an der Kante der Böschung kam Bewegung. Schwerter wurden gezogen, Bogen gespannt.
    »Ich laufe über!«, brüllte Sire Guy auf Normannisch. »Nicht schießen. Ich laufe über! Und ich habe ein Geschenk für euch! Dies ist der König von England! Seht her – hier sind seine Waffen!«

27
    D ie Hälfte der sarazenischen Reiter trieb ihre Pferde die Böschung herunter und umringte die Christen. Richard blieb stehen. Der Sergeant der Sarazenen war mit den anderen Männern oben geblieben. Die Sarazenen musterten Richard und dann Edith, die Guy immer noch fester als nötig an sich presste, dann Guy selbst. Verachtung stand in ihren Augen.
    »Ich bringe euch den König von England!«, schrie Guy, seine
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