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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut
Autoren: Max Kruse
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Lagerraums gepinnt, in den eine steile Treppe hinabführte. Obwohl dies ja nun nicht zu übersehen war, hatten die höflichen Seeräuber doch noch einen dicken Pfeil gemalt und darunter geschrieben: »Hir! ti seze!«
    Getreu dem Vorsatz, sich nicht zu trennen, kletterten sie hinunter. Der Sultan als erster, dann Zie, Ka, Vater Schluckauf und Onkel Guckaus.
    »Hier ist ein Sack voll Gold!«
    »Und hier liegen Perlenketten!«
    Und das war zunächst das letzte, was von ihnen gehört wurde: Die Klappe schlug zu.
    Über der Reling tauchten die roten, grünen und gelben Augenbinden auf. Die Teufel der Weltmeere hatten sich auf einem Brett hinter der Bordwand verborgen gehalten und die Klappe mit einem Tau zugeschlagen.
    Sie kletterten geschwind hinauf, schoben einen kräftigen Eisenriegel vor die Falltür, tanzten darauf herum und jubelten: »Haha! Nun müßt ihr verhungern!«
    Sie lichteten den Anker und setzten die Segel.

Weite Wanderung

    Stockfinster war es im Hof der Karawanserei. Im Holzfeuer glimmte nur noch ein Häufchen Glut.
    Die Tiere schliefen, sie atmeten ruhig. Nur das Kamel stand wach an der Ziegelmauer, und sein Haupt hing traurig herab. Wie ungerecht war doch die Welt!
    Plötzlich hörte es ein Rascheln. Auf nackten Sohlen schlich das Mädchen Fatma zu ihm. Es reckte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich habe deine Geschichten gehört. Ich glaube dir!«

    »Lachst du mich auch bestimmt nicht aus?« schnaubte das Kamel fast unhörbar.
    »Ich will dich befreien. Und damit man dich unterwegs nicht wieder einfängt, gehe ich mit dir durch die Wüste bis nach Sultanien.«
    »So viel willst du für mich tun, kleine Fatma?«
    »Ja, du Sultanskamel!«
    Dieser neue Name, mit dem es noch niemand angeredet hatte, gefiel dem Kamel so gut, daß sich seine Stimmung sofort besserte.
    Fatma schnitt den Strick durch und führte es leise aus dem Hof. Ein Hund grollte im Schlaf. Aber niemand beachtete sie. Dann tappten sie zusammen durch die ausgestorbene Gasse der Oasenstadt und verließen sie durch ein uraltes Tor.
    Vor ihnen lag die unendliche Wüste, dunkel und drohend. Aber die unzählbaren Sterne funkelten.
    Wohin sollten sie gehen?
    »Steig auf, du darfst auf mir reiten!« Das Kamel ließ sich nieder, Fatma kletterte auf seinen Rücken, und dann trabten sie die Karawanenstraße entlang, die im verwehten Sand kaum noch als grauer Streifen zu ahnen war.
    Sie hatten eine lange Wanderung vor sich. Sie verloren die Richtung, verirrten sich in den Sanddünen, ließen sich von Spuren irreleiten, zogen unter sengender Sonne dahin, schwankten, dursteten, hungerten und wurden von Luftspiegelungen genarrt. Einmal stieg der Sultanspalast flimmernd vor ihnen auf, ein anderes Mal der fliegende Teppich — und einmal sah das Kamel sogar Löwe dicht vor sich auf einer Düne sitzen.
    »Löwe gut — alles gut!« brummte es mit neuer Hoffnung, und Fatma, die auf seinem Höcker hing, riß die Augen auf. »Ach — ich sehe aber nichts!« jammerte sie. »Und ich verdurste!«
    Da stolperte das Kamel mühsam weiter.

Zuviel Aufregung

    Über dem Meer verdüsterte sich der Himmel. Wolken zogen auf, es nebelte. Und die »Hölle« tanzte auf den Wellen. Im Lagerraum war die Stimmung gedrückt. Es war stockfinster.
    »Da sind wir ja schön in die Falle gegangen!« meckerte Zie. »Das ist wirklich zuviel Aufregung in so kurzer Zeit! Und ich werde seekrank!«
    »Seekrank?« krähte Ka. »Da fällt mir Löwe ein! Wer hat Löwe gesehen? Löwe, wo bist du?«
    Stille! Keine Antwort! Und keiner vermochte sich zu erinnern, Löwe in den Lagerraum hinabklettern gesehen zu haben.
    Ein Hoffnungsschimmer? Oder lag er irgendwo und fühlte sich sterbenselend? Oder, noch schlimmer, heimtückisch erschlagen? Womöglich war er gar über Bord gespült worden?
    Nein! Löwe lebte! Aber schon wieder begann es in seinem Magen zu... oh! — Nur nicht daran denken! Er mußte rasch handeln, solange er noch bei Kräften war.
    Als die anderen so leichtsinnig in die Falle gingen, war er blitzschnell unter die Plane der Kanone gekrochen. Viel Platz war hier nicht! Aber die Teufel der Weltmeere hatten ihn glücklicherweise nicht entdeckt, obwohl seine Schwanzquaste heraushing und obwohl sie viele Male direkt an ihm vorbeistiefelten und gewaltig prahlten!
    Löwe hätte sie am liebsten in die Hinterbacken gebissen! Aber er wartete. Und er tat recht daran.
    Als nämlich die Teufel der Weltmeere das Steuerruder vertäut hatten, zogen sie sich zu einer
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