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Lodernde Träume

Lodernde Träume

Titel: Lodernde Träume
Autoren: Johanna Lindsey
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aussichtslos war, auf die Etikette zu achten. Doch er hatte eben auch seinen Stolz.
    Es war nämlich Tiffanys ganz privates Spielchen, Krebs damit zu necken, dass sie immer wieder durch eine andere Tür ins Haus kam. Wenn Krebs Glück hatte und sie vorher schon kommen sah - und selbst das verhinderte sie oft genug, indem sie einen großen Bogen um das Gutshaus machte und sich von hinten direkt durch den Stall hereinschlich -, sauste er zum Kücheneingang, um kurz darauf resigniert festzustellen, dass sie diesmal durch die Glastüren im Salon hereingewirbelt kam. Wenn er sie im Salon erwartete, hatte er ebenfalls Pech, denn schon kam sie mit einem unschuldigen »Ist jemand da?« auf den Lippen durch die Hintertür die Treppe hoch. Einmal, als er wusste , dass sie in Kürze kommen würde, ließ er alle drei Türen sperrangelweit offen und wartete unten in der Empfangshalle, die sie auf jeden Fall durchqueren musste , egal, welchen Eingang sie diesmal wählen würde. Aber an diesem Tag stieg sie doch tatsächlich durch ein Fenster des Esszimmers ein. Nach dieser Niederlage sprach Krebs zwei Wochen lang kein einziges Wort mehr mit ihr.
    Megan hatte gehofft, dass der Butler der Roberts' mit ihr das gleiche Spielchen spielen würde. Doch der war ein souveräner, liebenswürdiger älterer Herr, der sich auf so etwas gar nicht einließ. Wenn sie plötzlich unverhofft bei ihm auftauchte, lächelte er sie nur freundlich an und wünschte ihr einen guten Tag, und das verdarb ihr dann jedesmal den ganzen Spaß.
    Megan gähnte und hielt sich die Serviette vor den Mund. »Das hier ist tatsächlich erst mein Frühstück, aber ich bin schon fertig.«
    »Nein, laß doch, trink ruhig erst deinen Tee aus«, erwiderte Tiffany und setzte sich zu ihr. »Ich könnte auch eine Tasse vertragen, teilen wir uns also den Rest.« Und nonchalant, als hätte sie Megans Bemerkung gar nicht überrascht, fügte sie hinzu: »Dein Frühstück, sagst du? Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
    Megan zuckte die Achseln, goß Tee in ihre Tasse und reichte sie Tiffany hinüber, die sofort Zucker dazugab. Somit war klar, dass von Teilen keine Rede mehr sein konnte, denn Megan nahm ihren Tee stets ohne Zucker, und das wusste Tiffany natürlich. Sie wusste n sowieso ziemlich alles voneinander nach elf Jahren Freundschaft. Doch Krebs, der immer noch in der Lage war, wenigstens ein paar Dinge vorauszusehen, war inzwischen in die Küche gegangen, um Cora zu sagen, dass sie eine zweite Tasse bringen sollte.
    Cora war die Tochter des Kochs, ein hübsches Mädchen, die jedoch einige Probleme hatte, ihre üppigen Kurven in den figurbetonten Kleidern unterzubringen, die jetzt Mode waren, und da sie das Korsett immer ein wenig zu eng schnürte, war sie auch immer ein wenig außer Atem. Ihre Hausmädchen-Tracht war zwar äußerst schlicht, betonte jedoch deutlich ihre stattliche Oberweite und war auch mit einer prächtigen Schleppe geschmückt, die immer noch dazugehörte, auch wenn der Reifrock ja schon seit vielen Jahren aus der Mode gekommen war. Einigen Gutsherrinnen war es ein Dorn im Auge, dass ihre weiblichen Bediensteten die gleichen modischen Kleiderschnitte trugen wie sie selbst, wenn auch natürlich aus einem viel billigeren Stoff. Sogar Putzfrauen gingen mit wallenden Schleppen zur Arbeit, in die sie jedoch mit geschickter Hand kleine Bänder eingenäht hatten, mit denen sie die Röcke rafften, damit sie nicht bei der Arbeit störten. Wenn Feierabend war, lösten sie diese Bänder wieder und rauschten dann majestätisch von dannen.
    Megan wartete, bis Cora sich mit einem tiefen Knicks wieder entfernt hatte, und gestand dann: »Ich habe tatsächlich verschlafen.«
    Dies war ein echtes Geständnis, denn Megan verschlief sonst nie, und auch das wusste n sie natürlich beide. »Und was war der Grund? Es ist erst das zweite Mal in deinem ganzen Leben. Das erste Mal kann ich ja verstehen, da haben wir in diesem verfallenen Schoss die halbe Nacht vergeblich auf den Geist von Lord Beacon gewartet, der da angeblich umging. War das eine Enttäuschung...« Tiffany unterbrach sich, weil sie jetzt nicht in alten Erinnerungen schwelgen wollte, und fragte Megan einfühlsam: »Hast du schlecht geschlafen?«
    »Schlecht ist gar kein Ausdruck«, erwiderte Megan.
    »Verdammt, ich hätte dich gestern Nacht also doch nicht allein lassen sollen. Aber ich dachte, dass du dich wieder soweit gefangen hättest, um nicht die ganze Nacht weitergrübeln zu müssen. Du warst ganz
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