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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
Autoren: Jonathan Stroud
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Schlafzimmer, das jetzt das vermutlich unordentlichste Arbeitszimmer von ganz London beherbergte. Vor dem Fenster, dessen schwere Vorhänge zugezogen waren, stand ein wuchtiger Schreibtisch. Die Platte war unter den Papierbergen kaum noch auszumachen. Auch sonst türmten sich überall Papierstapel. Dunkle Regale, in denen die Bücher kreuz und quer standen und lagen, nahmen drei Viertel der hinteren Wand ein. Außerdem gab es noch ein paar Schränke und neben dem Schreibtisch einen abgewetzten Ledersessel. Es roch schwach nach Rasierwasser, Whisky und einem Hauch Tabak.
    Hier drinnen war es geradezu eisig. Zwei Grad, verkündete das Thermometer.
    Ich bahnte mir einen Weg zwischen den bedenklich schiefen Stapeln hindurch und zog die Vorhänge beiseite. Staubwolken wirbelten auf und ich musste husten. Von den Häusern jenseits des Gartens fiel fahles Licht ins Zimmer.
    Lockwood begutachtete den abgewetzten Perserteppich. »Alte Abdrücke.« Er tippte mit der Schuhspitze darauf. »Hier hat anscheinend ein Bett gestanden, bevor Mr Hope sich hier eingerichtet hat.« Sein Blick wanderte durchs Zimmer. »Vielleicht findet sein Geist keine Ruhe, weil er noch aufräumen muss.«
    »Jedenfalls hat die Heimsuchung hier ihre Quelle«, sagte ich. »Schau dir das Thermometer an. Und hast du auch dieses bleierne Gefühl?«
    Lockwood nickte. »Außerdem hat Mrs Hope hier ihre schwebende Gestalt gesehen.«
    Irgendwo im Erdgeschoss schlug eine Tür. Wir fuhren zusammen. »Ja, ich glaube, hier sind wir richtig«, sagte Lockwood. »Lass uns einen Kreis ziehen.«
    »Späne oder Ketten?«
    »Späne reichen.«
    »Meinst du? Es ist noch nicht mal neun und der Geist macht sich jetzt schon ziemlich heftig bemerkbar.«
    »Ach was. Ich gehe nicht davon aus, dass Mr Hope nach seinem Tod plötzlich bösartig geworden ist, ganz egal, was ihm keine Ruhe lässt. Ketten wären eindeutig übertrieben. Außerdem …« Er stockte.
    »Außerdem was ?«
    »Ich hab die Ketten vergessen. Sieh mich nicht so an! Da läuft’s einem ja kalt den Rücken runter.«
    » Du hast die Ketten vergessen? Spinnst du?«
    »George ist schuld. Er wollte sie ölen, und ich habe nicht nachgeschaut, ob er sie wieder eingepackt hat. Aber wir brauchen die Ketten hier sowieso nicht. Du ziehst den Kreis und ich werfe rasch einen Blick in die anderen Zimmer.«
    Ich hätte noch einiges zum Thema »Ketten« zu sagen gehabt, aber zum Streiten war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. »Sieh dich vor«, sagte ich nur. »Als du das letzte Mal auf eigene Faust losgezogen bist, musste ich dich aus dem Badezimmer befreien.«
    »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass mich ein Geist dort eingeschlossen hatte!«
    »Das behauptest du . Mir ist nichts aufgefallen, was darauf –«
    Weg war er.
    Den Kreis zu ziehen, dauerte nicht lange. Um in der Zimmermitte Platz zu schaffen, schob ich ein paar der vergilbten Papierstapel an die Wand. Dann schlug ich den Teppich beiseite und streute mit den Eisenspänen einen kleinen Kreis, weil ich nicht gleich alle Späne verbrauchen wollte. In diesen Schutzkreis würden wir uns flüchten, wenn es hart auf hart kam, und je nach dem, was wir entdeckten, mussten wir vielleicht noch mehr Kreise anlegen.
    Ich verließ das Zimmer und rief durch den Flur: »Ich geh mal eben runter und hole noch mehr Späne.«
    Lockwood antwortete aus einem der Schlafräume: »Ist gut. Setzt du noch mal Wasser auf?«
    »Mach ich.« Auf dem Weg zur Treppe warf ich einen Blick durch die offene Badezimmertür. Das Treppengeländer war eiskalt. Ich zögerte auf der obersten Stufe und lauschte, erst dann setzte ich mich langsam in Bewegung, der trüb erleuchteten Diele entgegen. Nach ein paar Stufen glaubte ich es hinter mir rascheln zu hören, aber als ich herumfuhr, war nichts zu sehen. Mit der Hand am Degen ging ich bis zum Fuß der Treppe und dann durch die Diele zur Küche, durch deren Türspalt ein warmer Lichtstrahl fiel. Als ich eintrat, musste ich erst mal die Augen zukneifen, obwohl die Lampe nicht besonders hell war. Ich mopste einen Keks, spülte die Becher aus und setzte Wasser auf. Dann nahm ich unsere beiden Taschen und stieß die Küchentür mit dem Fuß auf. Jetzt kam mir die Diele noch dunkler vor. Im Haus war es totenstill. Auch von Lockwood war nichts zu hören. Wahrscheinlich überprüfte er immer noch die übrigen Zimmer. Ich ging die Treppe hoch – von kühl zu kalt zu eisig. In jeder Hand schleppte ich eine schwere Tasche.
    Oben angekommen setzte ich die Taschen ab
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