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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
Autoren: Jonathan Stroud
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schlug mir entgegen und trieb mich rückwärts zur Treppe. An der Kante verlor ich das Gleichgewicht und taumelte ein paar Stufen hinunter. Geistesgegenwärtig ließ ich den Degen los und stützte mich an der Wand ab. Der eisige Wind toste mir entgegen, meine Finger suchten verzweifelt Halt an der glatten Tapete. Die Gestalt kam noch näher. Gleich würde ich stürzen …
    Da sprang Lockwood zwischen uns und hieb mit seinem Degen kreuz und quer durch die Luft. Die Gestalt bäumte sich auf und hielt schützend den Arm vors Gesicht. Lockwood trieb den Geist mit seiner blitzenden Klinge in die Enge. Die Gestalt wich zurück und flüchtete sich in das Arbeitszimmer, aus dem sie gekommen war. Lockwood setzte ihr nach.
    Der eisige Sturm erstarb. Der Treppenabsatz war leer. Ich tastete mich an der Wand entlang und kroch die Stufen hinauf. Oben angekommen blieb ich einen Moment liegen. Das Haar hing mir ins Gesicht, ein Fuß baumelte noch über dem Treppenabsatz.
    Als ich mich schließlich aufrichtete und nach meinem Degen angelte, verzog ich vor Schmerzen das Gesicht. Meine Schulter und der Arm hatten Prellungen abbekommen.
    Lockwood kam zurück, beugte sich über mich und ließ gleichzeitig den Blick über den dunklen Flur gleiten. »Hat sie dich berührt?«
    »Nein. Wo ist sie hin?«
    »Ich zeig’s dir.« Er zog mich hoch. »Alles in Ordnung mit dir, Lucy?«
    »Klar doch.« Ich strich mir das Haar aus dem Gesicht und stieß den Degen wieder in seine Schlaufe. Meine Schulter protestierte, aber es war auszuhalten. »Dann wollen wir mal«, sagte ich und machte einen Schritt in Richtung Arbeitszimmer.
    Lockwood hielt mich zurück. »Gleich. Erst musst du dich wieder beruhigen.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Du bist sauer. Dazu besteht kein Grund. Dieser Angriff hätte jeden überrumpelt. Mich auch.«
    »Aber du hast deinen Degen nicht fallen lassen.« Ich machte mich los. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wenn sie zurückkommt …«
    »Sie hatte es nicht auf mich abgesehen. Es ging darum, dich die Treppe hinunterzustoßen. Jetzt wissen wir, warum Mr Hope gestolpert ist. Ich sag’s noch mal, du musst dich erst beruhigen, Lucy. Sonst saugt sie deinen Ärger auf und wird noch stärker.«
    »Das weiß ich selber«, knurrte ich. Dann schloss ich die Augen und rief mir in Erinnerung, was der Leitfaden für solche Fälle empfahl: sich in den Griff zu bekommen und von allen heftigen Gefühlen frei zu machen. Es dauerte eine Weile, aber dann war ich so weit, streifte meinen Ärger ab wie eine Schlange ihre alte Haut.
    Dann lauschte ich wieder. Im Haus war es alles still, aber es war eine beklemmende Stille. Es kam mir vor, als belauerte sie mich.
    Als ich die Augen wieder aufmachte, stand Lockwood mit den Händen in den Manteltaschen vor mir und beobachtete mich. Auch er hatte seinen Degen weggesteckt.
    »Geht’s wieder?«
    »Ich fühl mich besser.«
    »Noch sauer?«
    »Keine Spur.«
    »Gut. Sonst würden wir jetzt nämlich schnurstracks nach Hause gehen.«
    »Wir bleiben hier«, sagte ich. »Und weißt du auch, warum? Weil uns Mrs Hopes Tochter nicht noch mal hier reinlassen würde. Sie glaubt, wir sind zu jung und deshalb dem Auftrag nicht gewachsen. Wenn wir bis morgen keinen Erfolg vorweisen können, ruft sie bei Fittes oder Rotwell an. Wir brauchen das Geld. Wir bringen die Sache zu Ende.«
    Lockwood verzog keine Miene. »Bei jedem anderen Einsatz würde ich dir sofort zustimmen. Aber die Voraussetzungen haben sich geändert. Es geht nicht mehr um irgendeinen alten Knacker, der seine Frau erschreckt. Wir haben es aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Geist eines Mordopfers zu tun. Du weißt selbst, wie gefährlich die werden können. Wenn du da nicht voll und ganz bei der Sache bist …«
    Ich war immer noch ruhig, aber sein herablassender Ton ärgerte mich trotzdem. »Du hast’s grad nötig«, erwiderte ich.
    »Was soll das heißen?«
    »Ich sage nur: Eisenketten.«
    Lockwood verdrehte die Augen. »Darum geht es doch jetzt gar nicht.«
    »Eisenketten gehören zur Standardausrüstung. Sie sind der beste Schutz gegen einen starken TYP ZWEI . Und du hast vergessen, sie mitzunehmen!«
    »Weil George sie unbedingt ölen wollte! Was übrigens dein Vorschlag war, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ach – jetzt bin ich auf einmal schuld oder was? Die meisten Agenten würden eher ihre Hose im Büro vergessen als ihre Ketten. Aber du hattest es ja mal wieder dermaßen eilig! Ein Wunder, dass wir überhaupt irgendwas dabeihaben! George
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