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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
Autoren: Jonathan Stroud
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Tod?«
    »Ein oder zwei Wochen danach. In den ersten Tagen nach dem Unfall war Mrs Hope oft außer Haus. Als sie aber das erste Mal wieder hier übernachtete, sah sie eine Erscheinung.« Lockwood tippte auf die Mappe. »Was es war, schreibt sie hier leider nicht. Da steht nur, sie hätte es unserem Sekretariat am Telefon geschildert.«
    Ich musste lachen. »Unserem Sekretariat? Meint sie damit George? Das würde ihm aber gar nicht gefallen! Ich habe seine Mitschrift dabei. Soll ich vorlesen?«
    Lockwood lehnte sich erwartungsvoll zurück. »Lass hören.«
    Ich holte Georges Notizen aus der Innentasche meiner Jacke und strich die Blätter auf den Knien glatt. Ich überflog den Text kurz und räusperte mich. »Soll ich?«
    »Nur zu.«
    »Eine schwebende Gestalt.« Ich faltete die Blätter übertrieben umständlich wieder zusammen und steckte sie ein.
    »Eine schwebende Gestalt? Ist das alles? War die Gestalt groß, klein, dunkel oder hell oder was?«
    »Oder was, trifft es gar nicht schlecht. Ich zitiere: Eine schwebende Gestalt erschien im hinteren Schlafzimmer und folgte mir auf den Flur. So hat George es wortwörtlich mitgeschrieben.«
    Lockwood tunkte den letzten Keks in seinen Tee. »Tolle Beschreibung. Fertige danach mal eine Phantomzeichnung an!«
    »Hast du etwas anderes erwartet? Mrs Hope ist eine Erwachsene. Immerhin hat sie George erzählt, was sie dabei empfunden hat. Das ist schon aussagekräftiger. Sie hatte das Gefühl, als suche jemand nach ihr. Als wisse der Betreffende, dass sie da sei, könne sie aber trotzdem nicht finden. Die Vorstellung, dass er sie doch finden könnte, war grauenvoll, hat sie gesagt.«
    »Schon besser. Sie hat also gespürt, dass eine Absicht dahintersteckte. Das deutet auf einen TYP ZWEI hin. Aber ganz egal, was den armen Mr Hope umtreibt, er ist nicht der Einzige, der heute Nacht in diesem Haus zugange ist. Wir beide sind nämlich auch noch da. Was meinst du … wollen wir uns mal umsehen?«
    Ich trank meinen Tee aus und stellte den Becher behutsam auf den Tisch. »Gute Idee.«
    * * *
    Wir verbrachten fast eine volle Stunde damit, das Erdgeschoss zu durchsuchen. Dabei leuchteten wir in jedes Zimmer kurz hinein, bewegten uns aber sonst im Dunkeln. Die brennende Lampe hatten wir in der Küche gelassen, außerdem Kerzen, Streichhölzer, weitere Petroleumleuchten und eine Ersatztaschenlampe. Ein hell erleuchteter Rückzugsort ist immer von Vorteil. Es ist auch ratsam, verschiedenartige Lichtquellen bereitzuhalten für den Fall, dass der Besucher über die Fähigkeit verfügt, einige davon untauglich zu machen.
    In Küche und Esszimmer im hinteren Teil des Hauses schien alles in Ordnung zu sein, aber auch hier roch es muffig und trostlos. Die Zeitschriften auf dem Esstisch waren säuberlich gestapelt, in der Speisekammer stand noch ein Korb mit verschrumpelten, schon austreibenden Zwiebeln. Lockwood entdeckte nirgendwo optische Spuren und ich hörte nichts Verdächtiges. Das leise Klopfen, das ich beim Betreten des Hauses vernommen hatte, war verstummt.
    Als wir wieder in die Diele kamen, schauderte Lockwood plötzlich, und auch ich spürte, wie sich die Härchen auf meinen Unterarmen aufstellten. Die Temperatur war weiter gesunken. Meine fluoreszierende Anzeige meldete neun Grad.
    Im vorderen Teil des Hauses gingen von der Diele zwei fast quadratische, einander gegenüberliegende Räume ab. In dem einen standen ein Fernseher, ein Sofa und zwei bequeme Sessel. Hier war es wieder so warm wie in der Küche. Sonst wirkte alles unauffällig. Das andere Zimmer war ein eher ungemütlicher Salon mit den üblichen hochlehnigen Stühlen und polierten Kommoden. Vor den Fenstern hingen lange Gardinen und in großen Übertöpfen wucherten drei riesige Farnpflanzen.
    Hier war es ziemlich kühl. Zwölf Grad laut Thermometer, also kälter als in der Küche. Das konnte alles und nichts bedeuten. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich.
    »Guck mal, Lucy!«, raunte Lockwood. »Da ist Mr Hope!«
    Mir blieb fast das Herz stehen. Mit gezücktem Degen fuhr ich herum … und sah Lockwood vor einer Kommode stehen, die Taschenlampe auf eine kleine, goldgerahmte Fotografie gerichtet. »Mrs Hope ist auch mit drauf«, setzte er hinzu.
    »Blödmann!«, zischelte ich. »Ich hätte dich beinahe durchbohrt!«
    Er lachte leise. »Reg dich ab. Was hältst du von den beiden?«
    Das Foto zeigte ein grauhaariges Paar in einem Garten. Mrs Hope war eine ältere, fröhlichere Ausgabe ihrer Tochter. Sie hatte
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