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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Autoren: Egmont R. Koch
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eine offensichtlich wehrlose Frau – nach allgemeinem Verständnis müsste ein solches Verhalten wohl als Kriegsverbrechen eingestuft werden, wenn man die Kommando-Operation im pakistanischen Abbottabad für eine Maßnahme in einem Krieg (gegen den Terror) hielte. Wäre es eine Bestrafungsaktion, die vornehmlich der Befriedigung der eigenen Rachegelüste dienen soll, dann wäre sie, obwohl nach 9/11 und den Tausenden amerikanischer Al-Qaida-Opfer menschlich verständlich, erst recht ein Verbrechen, das in Pakistan wie in den Vereinigten Staaten verfolgt werden müsste. Mark Bissonette macht sich über solche Fragen von Recht und Moral keine großen Gedanken. Er hat einen Befehl auszuführen und dessen wichtigster Teil ist noch nicht erledigt.
    Sein Team arbeitet sich in den ersten Stock des Haupthauses vor, jedes Zimmer wird durchsucht, »gesäubert«, wie siedas nennen. Sie steigen über Leichen hinweg, die Marmorfliesen am Boden »sind durch das Blut noch rutschiger geworden«. Im Treppenhaus streckt unvermittelt ein Mann seinen Kopf um die Ecke, zieht ihn gleich wieder zurück. Ein junger Kerl, vielleicht zwanzig Jahre alt, er trägt keinen Bart. Bin Ladens Sohn? »›Khalid‹, flüstert der SEAL. ›Khalid.‹ Alle im Anwesen mussten die Hubschrauber gehört haben … auch die Schüsse im Gästehaus … und die Sprengungen an den Toren und Eingängen. Aber jetzt war wieder alles still. Man hörte nur noch Schritte. Aber dann hörte der Mann auf dem Treppenabsatz plötzlich, dass jemand seinen Namen flüsterte. Woher kennen sie meinen Namen?, könnte er sich gefragt haben. Schließlich hatte vermutlich die Neugier gesiegt, und er hatte gewagt, den Kopf vorzustrecken, um zu sehen, wer ihn beim Namen gerufen hatte. Im selben Augenblick schoss ihm der Assaulter direkt ins Gesicht. Sein Körper rollte ein paar Stufen hinunter und blieb auf dem Treppenabsatz liegen.«
    Jetzt kommt der zweite Stock. Bislang hat es wenig Widerstand gegeben. Nur die beiden al-Kuwaiti-Brüder haben sich gewehrt und zu ihren Waffen gegriffen. Vielleicht hätte auch Khalid geschossen, wenn ihm Zeit dazu geblieben wäre. »Im Grunde taten wir hier nichts anderes, als Räume in einem Gebäude zu säubern«, schreibt Bissonette.
    Als die SEALs die Treppe hoch kommen, sind die Nerven aufs Äußerste angespannt. Aus den Dossiers der CIA wissen sie, dass sich Osama und seine Frauen wahrscheinlich in diesem Stockwerk aufhalten. Immer noch ist es stockfinster. Nur durch die Nachtsichtbrillen erscheint alles wie in grüne Farbe getaucht. Dann öffnet ER die Tür seines Schlafgemachs, um einen Blick in den Flur zu riskieren. Augenblicklich fallen zwei schallgedämpfte Schüsse, die sich in seinen Schädel bohren. Es gelingt ihm noch, sich in das Zimmer zurückzuziehen. Haben sie ihn erwischt? So unspektakulär?Vorsichtig nähern sich die Soldaten der Tür, die noch offen steht. Der Mann an der Spitze des Teams, der so genannte point man , richtet sein Gewehr in das Zimmer, späht vorsichtig hinein. Er kann die Silhouetten von zwei weinenden und auf Arabisch schimpfenden Frauen erkennen. Die jüngere, Amal, will sich auf den point man stürzen, doch der stößt sie um.
    Auch Bissonette und sein Kollege dringen jetzt in das Zimmer vor, behalten den Mann im Auge, der auf dem Boden liegt. Er trägt eine hellbraune Tunika, die schon mit Blut getränkt ist. ER liegt bereits im Sterben.
    »Die Schüsse des point man hatten ihn an der rechten Seite in den Kopf getroffen. Blut und Hirnmasse quollen auf der Seite aus seinem Kopf. Er krümmte sich und bäumte sich in Todeszuckungen auf. Der andere SEAL und ich richteten unsere Laser auf ihn und feuerten mehrmals. Die Kugeln schlugen in seinen Körper. Er … rührte sich nicht mehr.«
    Es war der 2. Mai 2011, fast zehn Jahre nach 9/11, das Ende einer Jagd. Osama Bin Laden wurde von amerikanischen Spezialagenten aufgespürt, gestellt und exekutiert. Um 23.35 Uhr an jenem Tag, als es keinen Zweifel mehr an der Identität des Getöteten gab, wandte sich Barack Obama an die amerikanische Öffentlichkeit. Er sprach über die Anschläge des 11. September, die sich »in unser nationales Gedächtnis eingebrannt« hätten, nannte die Operation eine gerechte Sache. Das Wort Vergeltung kam ihm nicht über die Lippen.
    »Ich autorisierte eine Operation, um bin Laden zu ergreifen und der Gerechtigkeit zu übergeben. Meiner Anweisung folgend haben die Vereinigten Staaten heute eine zielgerichtete Operation gegen das Anwesen
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