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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Cory Doctorow
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sagte ich dann. »Darüber bin ich mir sicher. Aber trotzdem … «
    Sie zerknüllte die Serviette und warf sie auf den Tisch.
    »Darüber bin ich mir auch sicher. Anscheinend machst du aber grade irgendeinen Scheiß im Kopf durch, und wenn du das erst sortieren musst, dann ist das wohl so. Ruf mich an, wenn du so weit bist. Vielleicht warte ich ja so lange.«
    Es kostete mich all meine Kraft, ihr nicht hinterherzustürmen, als sie ging, doch ich blieb sitzen und starrte nicht die Tür, sondern den Burrito an, der vor mir auf dem Teller langsam kalt wurde. Ich gab ihr noch einen angemessen Vorsprung, dann ließ ich das Essen unangetastet stehen und ging ebenfalls.
    Ich lungerte vor Joes Büro auf der anderen Straßenseite rum. Ich trug Jogginghosen, einen Kapuzenpulli und eine Sporttasche; was gut genug für Masha war, sollte mir nur recht und billig sein. Der Herbst machte sich allmählich bemerkbar, die Sonne war früh untergegangen, und so war ich nicht mehr als ein weiterer leicht bedrohlich wirkender Typ, der sich mit den Händen in der Tasche in der Mission rumdrückte. Ich hielt in der Tasche aber kein Fläschchen mit Crack umklammert – sondern einen USB -Stick.
    Ich hatte das nicht mal mit jemandem durchsprechen können. Mit Darryl zu reden hieß, auch mit Van zu reden, und das wiederum hieß, als mutmaßlicher Single mit der Freundin seines mutmaßlich besten Freundes zu sprechen, die mutmaßlich immer noch in den mutmaßlichen Single verknallt war, was vielleicht oder vielleicht auch nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Jolu war ganz von Kylie in Beschlag genommen, denn was bei mir so erbärmlich schiefgelaufen war, hatte bei ihnen wunderbar funktioniert. Und mit Ange zu reden, war aktuell so gut wie unmöglich und würde womöglich bis in alle Ewigkeit unmöglich sein.
    Erst verließ Liam das Büro. Dann der Redenschreiber und der PR -Mensch. Dann kamen ein paar Freiwillige heraus, hinter ihnen Flor. Ich war mir eigentlich sicher, dass ich Joe das Gebäude hatte betreten sehen, doch Flor schloss hinter sich ab, also hatte ich ihn vielleicht auch verpasst. Dann aber sah ich, dass drinnen noch ein paar Lampen brannten, also geduldete ich mich noch etwas. Joe kam zwanzig Minuten später. Er trug die übliche Uniform: die Strickjacke, in der kühlen Nachtluft hochgeschlossen.
    Ich überquerte die Straße und passte mich seinem Tempo an. Er brauchte einen Moment, um mich zu erkennen.
    »Hallo, Marcus«, begrüßte er mich gelassen. Ganz der Staatsmann.
    Ich hielt ihm meine geschlossene Hand hin. »Hier«, sagte ich.
    Er streckte die Hand aus, nahm den USB -Stick entgegen, betastete ihn und steckte ihn ein.
    »Soll ich fragen, was da drauf ist?«
    »Besser nicht«, erwiderte ich. »Aber es könnte deine Freunde beim FBI interessieren.«
    »Aha.« Er klopfte sich auf die Tasche. »Nun, ich werde das beherzigen.«
    Wir liefen schweigend nebeneinander her.
    »Wird mich das in Schwierigkeiten bringen, Marcus?«
    »Nein.«
    »Wird es dich in Schwierigkeiten bringen?«
    »Keine Ahnung. Gewinnst du die Wahl?«
    »Es sieht danach aus. Diese Software, die du uns geschrieben hast – wow. Aber natürlich ist nichts jemals sicher, schon gar nicht in der Politik.«
    »Schon klar. Ich bin selbst im Joe-Noss-Wähler-Netzwerk aktiv. Hab sechzehn meiner Kontakte rekrutiert. Vielleicht gewinne ich eine Einladung für eine Pizza-und-Bier-Party im Wahlkampfbüro?«
    Sein leises Lachen klang traurig. »Ich lade dich jederzeit gern zu einer Pizza ein, Marcus.«
    »Gut zu wissen«, sagte ich. »Sorg dafür, dass die Leute ehrlich bleiben, okay?«
    »Ich werde mir Mühe geben.«
    »Und bleib auch selbst ehrlich.«
    »Da kannst du dich drauf verlassen.«
    Ich ging davon und verschwand in der Nacht.
    Auf dem Nachhauseweg fühlte ich, wie mir eine Riesenlast von den Schultern fiel. Was eigentlich komisch war, denn ich hätte erwartet, dass ich nun, da ich den Gang von Ereignissen angestoßen hatte, der Carrie Johnstones d0x in die Hände des FBI spielen würde, vor lauter Angst total durch den Wind sein würde. Ob Carrie Johnstone mich wieder jagen würde? Oder Zyz? Sie hatten zwar keinen Grund zu der Annahme, dass ich es gewesen war, der dem FBI die Dateien geschickt hatte; genauso wenig aber hatten sie Grund, das Gegenteil anzunehmen. Vielleicht würde das FBI ja auch gar nichts unternehmen – was hatte Joe noch gleich gesagt? Selbst der größte und fieseste Depp dort hat noch ein Fünkchen Selbstachtung und möchte nicht als
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