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Listiger Freitag

Listiger Freitag

Titel: Listiger Freitag
Autoren: Garth Nix
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verschlossen bleibt.«
    »Was? Wie kann sie das tun?«
    »Sie hat die Amtsbefugnis dazu«, erklärte Dame Primus. »Sofern nicht Lord Sonntag ihre Anweisungen widerruft, verwaltet Erhabene Samstag viele der interdomäniszären Vorgänge des Hauses – das gilt auch für die Aufzüge und bis zu einem gewissen Grad für den Vordereingang. Sie hat auch versucht, die Telefone abzuschalten, jedoch ohne hundertprozentigen Erfolg, denn die Vermittlung fällt unter die Amtsgewalt des Unteren Hauses und die metaphysische Verkabelung unter die der Fernen Weiten.«
    »Ich könnte über die Unwahrscheinliche Treppe heimkehren«, grübelte Arthur und sah unwillkürlich auf den Ring an seinem Finger. Er müsste die Macht des Vierten Schlüssels anwenden, um die Treppe zu nehmen – und jeder Schritt, den er auf diesem merkwürdigen Weg ging, würde ihn weiter vom Menschsein wegführen, auch wenn er ihn seinem Zuhause näher brächte.
    »Davon würde ich dir dringend abraten«, warnte Dame Primus. »Du hast sehr viel Glück gehabt, zwei Besteigungen der Unwahrscheinlichen Treppe zu überleben. Aber nun wollen wir uns wieder der Agen –«
    »Wo ist Hauptmann Drury?«, unterbrach Arthur sie erneut und sah den Telefonexperten schon durch den Raum eilen. Drury hatte bereits den altmodischen Hörer aus dem Weidenköfferchen genommen, in dem das Feldtelefon ruhte, und reichte ihn Arthur. »Verbindet mich bitte mit Nieser im Unteren Haus, Hauptmann«, sagte Arthur, und Drury begann schon beim ersten Wort an der Kurbel zu drehen.
    »Da du zu beschäftigt scheinst, strategische Pläne zu besprechen, Lord Arthur, werde ich die Pfeiferkinder verhören gehen«, meinte Dame Primus mit einem ausgesprochen hochmütigen Naserümpfen.
    »Wie bitte?«, fragte Arthur und ließ den Hörer sinken. » Welche Pfeiferkinder?«
    »Diejenigen, die hier in der Zitadelle Dienst tun«, führte Dame Primus aus. »Der Pfeifer hat uns die Feindschaft verkündet. Da er die Kinder ursprünglich für seine eigenen Zwecke ins Haus gebracht hat, sind sie jetzt auch unsere Feinde, und entsprechend muss mit ihnen verfahren werden.«
    Während Dame Primus sprach, spaltete sich kurz ihre Zunge und nahm eine widerwärtig grüne Färbung an, und ihre oberen Eckzähne wurden so lang und spitz wie die Giftzähne der Schlange, in deren Gestalt Teil Vier des Vermächtnisses aufgetreten war.
    Arthur wich zurück, und seine Hand fuhr unwillkürlich an den Vierten Schlüssel an seinem Gürtel.
    Dame Primus runzelte die Stirn, zog ein exquisites Spitzentaschentüchlein aus dem Ärmel und tupfte sich damit den Mund ab. Als sie das Taschentuch sinken ließ, waren die gespaltene Zunge und die Giftzähne verschwunden: Man sah wieder nur die sehr schöne, wenn auch streng blickende, zwei Meter vierzig große Frau.
    »Sei nicht beunruhigt, Arthur. Wir sind noch dabei, den jüngst hinzugekommenen Teil unserer Person zu assimilieren, und dieser neigt zu vorschnellen Urteilen. Nun, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Pfeiferkinder! Ich rechne damit, dass uns nach einer schnellen Verhandlung keine Wahl bleiben wird.«
    Ohne einen Moment des Zögerns verkündete Dame Primus: »Hier und überall sonst im Haus, wo wir herrschen, müssen alle Pfeiferkinder hingerichtet werden!«

KAPITEL ZWEI

     
    Arthur legte den Hörer auf und sah Dame Primus an.
    »Kein Pfeiferkind wird hingerichtet werden!«, erklärte er bestimmt. »Weder hier noch sonst wo. Der Pfeifer hat überhaupt erst ein Mal auf welche Macht ausgeübt, und das war, als er so nahe bei ihnen war, dass sie sein Pfeifenspiel hören konnten. Selbst da ist nichts weiter passiert, als dass sie aufhörten sich zu bewegen.«
    »Er könnte ohne Zweifel viel mehr tun«, argumentierte Dame Primus. »Vielleicht sogar von außerhalb des Hauses. Wir kennen das Ausmaß seiner Kräfte nicht. Es wäre das Beste, die Pfeiferkinder einfach loszuwerden.«
    »Nein!«, rief Arthur. »Was ist los mit Ihnen? Sie sind Menschen! Wir können nicht einfach Hunderte oder Tausende von Pfeiferkindern umbringen, nur weil der Pfeifer möglicherweise – nur möglicherweise – einige zwingen könnte, irgendetwas zu tun!«
    »Können wir nicht?«, vergewisserte sich Dame Primus. Sie klang aufrichtig verwundert.
    »Nein!«, beharrte Arthur. Seine Stimme wurde tiefer und kräftiger. »Alle Pfeiferkinder sind unversehrt freizulassen und sollen wieder in ihre üblichen Aufgaben und Stellungen eingesetzt werden. Man soll sie im Auge behalten, und wenn sie etwas gegen
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