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Lisa Kleypas

Lisa Kleypas

Titel: Lisa Kleypas
Autoren: Das Winterwunder von Friday Harbor
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anderen Ende des Ladens stand. Trotz seiner Größe und seines
beeindruckenden Aussehens wirkte er kein bisschen angeberisch, sondern
strahlte ein ruhiges, gelassenes Selbstvertrauen aus. Auf Kinn und Wangen
zeigte sich ein Ansatz von Bartstoppeln. Seine Jeans waren so abgetragen, dass
man sie schon als abgerissen bezeichnen konnte. Er wirkte dadurch leicht
verwegen – und ungemein attraktiv.
    Und er war
vergeben.
    Maggie riss
den Blick von ihm los und griff hastig nach einem hölzernen Webrahmen.
Sorgfältig begann sie, ihn neu zu bespannen.
    Der Mann
schob die Hände in die Hosentaschen und ging zu seiner Tochter hinüber. Die
Eisenbahn, die sich einmal durch den ganzen Laden schlängelte, erregte seine
Aufmerksamkeit. Die Schienen verliefen auf Regalbrettern nahe der Decke.
    Seit der Magic
Mirror, der Zauberspiegel, vor drei Monaten eröffnet hatte, lief das
Geschäft glänzend. Auf den Tischen stapelten sich altmodische Spielzeuge:
Ferngläser, handgefertigte Jo-Jos, hölzerne Fahrzeuge, lebensechte
Plüschtiere und stabile Drachen.
    »Das sind
Mark Nolan und seine Nichte Holly«, flüsterte Elizabeth, eine der
Verkäuferinnen, Maggie zu. Elizabeth war eine lebhafte ältere Dame, die
scheinbar jeden auf San Juan kannte. Obwohl sie schon in Rente war, hatte sie
eine Teilzeitstelle in dem Laden angenommen, und Maggie, die erst im Frühsommer
von Bellingham hierhergezogen war, sah in ihr eine Informationsquelle von unschätzbarem
Wert.
    Elizabeth
kannte die Kunden samt ihrer Familiengeschichten und persönlichen Vorlieben,
und sie vergaß nie die Namen ihrer Enkelkinder. »Hat Zachary nicht bald
Geburtstag?«, konnte sie eine Freundin erinnern, die im Laden
herumstöberte. Oder: »Ich habe gehört, der arme kleine Madison ist krank. Wir
haben ein paar tolle neue Bücher hereinbekommen – genau das Richtige zum Lesen
im Bett.«
    Wenn
Elizabeth da war, verließ niemand den Laden, ohne etwas gekauft zu haben. Von
Zeit zu Zeit rief sie sogar Kunden an, wenn etwas Neues hereingekommen war, von
dem sie glaubte, es könnte ihnen gefallen. Auf der Insel war Mundpropaganda
immer noch die effektivste Werbung.
    Maggies Augen weiteten sich ein wenig.
»Seine Nichte?«
    »Ja, Mark
zieht sie auf. Ihre Mutter ist vor etwa sechs Monaten bei einem Autounfall
gestorben. Das arme kleine Ding. Also holte Mark sie von Seattle hierher.
Seitdem leben sie auf dem Weingut Rainshadow Vineyard im Haus seines
Bruders Sam. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die beiden sich ganz
allein um ein kleines Mädchen kümmern können, aber bisher kommen sie prima zurecht.«
    »Sie sind
beide unverheiratet?«
    Das ging
Maggie im Grunde nichts an, aber die Frage war ihr einfach herausgerutscht,
bevor sie sich hätte zurückhalten können.
    Elizabeth
nickte. »Es gibt noch einen dritten Bruder. Alex. Der ist verheiratet, aber ich
habe gehört, dass die Ehe nicht gut läuft.« Sie warf einen mitleidigen
Blick auf Holly. »Ihr fehlt eine weibliche Bezugsperson. Wahrscheinlich ist das
einer der Gründe, warum sie nicht spricht.«
    Maggie zog
die Brauen hoch. »Mit Fremden, meinst du?«
    »Mit
niemandem. Seit dem Unfall spricht sie gar nicht mehr.«
    »Oh«,
flüsterte Maggie. »Einer meiner Neffen hat mit niemandem in der Schule
gesprochen, als er eingeschult wurde. Aber er redete natürlich zu Hause, mit
seinen Eltern.«
    Elizabeth
schüttelte bedauernd den Kopf. »Soweit ich weiß, schweigt Holly die ganze
Zeit.« Sie setzte sich einen kegelförmigen rosa Hut mit Schleier und
weißen Löckchen auf, die wie Schmetterlingsfühler tanzten, und befestigte ihn
mit einem Gummiband unter ihrem Kinn. »Sie hoffen, dass sie das bald
überwindet. Der Arzt hat ihnen gesagt, sie sollten sie nicht drängen.«
    Dann nahm
Elizabeth sich einen Zauberstab mit einem funkelnden Stern an der Spitze und
ging in den hinter dem Ladenbereich liegenden Veranstaltungsraum, wo eine Geburtstagsfeier
im Gange war. »Zeit für den Kuchen, Eure Majestäten«, verkündete sie.
Fröhliches Kinderkreischen brandete auf, bevor sich die Tür hinter ihr schloss.
    Maggie kassierte
bei einem Kunden, der ein Plüschkaninchen und ein Bilderbuch gekauft hatte.
Dann schaute sie sich suchend im Laden um, bis sie Holly Nolan wieder
entdeckte.
    Das Kind
stand vor dem Häuschen einer Fee, das an der Wand hing, und schaute es unverwandt
an. Maggie hatte das Häuschen selbst gebaut. Das Dach war mit getrocknetem
Moos und golden lackierten Kronkorken verziert, die runde Tür bestand aus
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