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LIMIT - reich, gewissenlos, tot

LIMIT - reich, gewissenlos, tot

Titel: LIMIT - reich, gewissenlos, tot
Autoren: Sullivan Mark T.
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ein fröhlicher Bursche Anfang dreißig, der das Foto seiner zweijährigen Tochter an seinen PC geklebt hatte, drehte sich zu Hennessy um und nickte. »Bei diesem Wetter rührt sich gar nichts, Boss. Nicht mal ein Elch.«
    Der Raum, wo Börsengeschäfte getätigt werden konnten, befand sich im Erdgeschoss des Südflügels. Mit Hilfe seines elektronischen Hauptschlüssels öffnete Hennessy die Flügeltüren aus Zedernholz, die eine kunstvolle Schnitzerei schmückte: ein Elchbulle, der mit einem Grizzly kämpfte.
    Die Türen gaben den Blick in einen vor Geschäftigkeit pulsierenden Raum frei, der am heutigen Silvestertag unerwartet gut besucht war. Vor jedem der zwanzig Börsenterminals hatte sich eine Schlange gebildet. Der Saal wimmelte von Geschäftsleuten, die ihre Orderns in die Telefone raunten und an der Cappuccino-Bar am hinteren Saalende oder an der Theke gleich neben der Tür Informationen und heiße Tipps austauschten. Die meisten hatten einen gehetzten Gesichtsausdruck. Manche wirkten regelrecht panisch.
    »Was ist denn los?«, fragte Jack Doore und wurde plötzlich nervös.
    »Nur das übliche Last-Minute-Sicherungsgeschäft. Man versucht, durch Leerverkäufe etwaigen Turbulenzen während der Feiertage entgegenzuwirken«, sagte ein Mann, der unweit des Eingangs in der Schlange vor einem der Terminals stand. Er sprach mit britischem Akzent und zog an einer unangezündeten Davidoff-Zigarre. Seine lackschwarzen Haare waren zurückgegelt, seine Nägel manikürt. Seine Haut wirkte ungewöhnlich straff und geschrubbt für einen Mittsechziger, was bei Hennessy den Verdacht nahelegte, dass er sich erst kürzlich einer kosmetischen Operation unterzogen hatte. Sein Skianzug war ein Einteiler und passte ihm tadellos, wie es sich für den sechstreichsten Mann der Welt gehörte.
    »Sir Lawrence«, sagte Hennessy. »Wie gefällt es Ihnen hier?«
    »Dieser Raum ist ganz zweifellos ein Plus«, erwiderte Sir Lawrence ungerührt, ohne Hennessy auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Hennessy nahm es gleichmütig zur Kenntnis und sagte: »Jack Doore, Sir Lawrence Treadwell.«
    Sir Lawrence stutzte und streckte Doore energisch die Hand entgegen. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen. Tut mir leid, dass ich Sie in Ihrem, äh, Sportdress nicht gleich erkannt habe.«
    »Kein Problem«, sagte Doore und schüttelte Sir Lawrence die Hand. »Sie sind in der Ölbranche tätig?«
    »Genau. GlobalCon, Öl und alles, was damit zusammenhängt«, sagte Treadwell. »Möchten Sie hier Clubmitglied werden, Doore?«
    »Scheint mir genau das Richtige zu sein für meinen Sohn. Wie man so hört, ist die Gegend hier ein richtiges Schneeloch.«
    »Ein Schneeloch?«, fragte Sir Lawrence verwirrt.
    »Schneesicher, zum Skilaufen«, erklärte Hennessy.
    »Soso«, sagte Sir Lawrence, leicht irritiert. »Das ist nichts für mich. Ich kann kaum auf den verdammten Dingern stehen. Aber sagen Sie mal, Doore, hätten Sie kurz Zeit, etwas Geschäftliches mit mir zu besprechen?«
    Doore sah unbehaglich drein. »Ich hab meiner Frau versprochen, hier Ferien zu machen.«
    »Nur zehn Minuten. Länger wird’s nicht dauern«, meinte Sir Lawrence beharrlich.
    Doore fügte sich achselzuckend. »Zehn Minuten. Aber zuerst muss ich noch eine Order durchgeben.«
    »Großartig!«, sagte Sir Lawrence.
    Hennessy gab sich alle Mühe, die Tatsache zu ignorieren, dass der britische Milliardär ihn keines Blickes gewürdigt hatte. Sir Lawrence wusste eben, welche Rolle Hennessy im Club-Kontext spielte: ein Spießer mit kleinem Bankkonto. Die Vorstellung wurmte Hennessy, und er überlegte, welche Schritte sein Finanzberater am Jahresende noch unternehmen könnte, um die Rendite seines Portfolios zu steigern.
    »Das System reagiert doch sofort, nicht wahr?«, fragte Doore.
    »Wir haben Standleitungen zu allen wichtigen Börsen weltweit«, antwortete Hennessy, »unsere Spezialsoftware, Nasdaq Level III , garantiert die Ausführung der Deals binnen Bruchteilen von Sekunden, unsere Server sind ausnahmslos von Megadata und laufen mit YES !. Sechs Satelliten verbinden uns mit dem Internet. Unsere Mitglieder haben jederzeit die Möglichkeit, über extra sichere Datenverbindungen
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zu gehen. Darauf legt Mr. Burns den allergrößten Wert.«
    »Beeindruckend«, sagte Doore. »Wirklich beeindruckend.«
    Damit entschuldigte er sich und ging zu einem der Terminals. Sir Lawrence folgte ihm kurzerhand, ohne sich um Hennessy zu kümmern. Der lehnte sich gleichmütig an die Wand zwischen dem
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