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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord
Autoren: Helmut Exner
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Leute in dem Foyer herschauten. Als die Sekretärin kam, die die Teilnehmer abholen wollte, schaute diese zunächst auf die beiden lachenden Männer, dann auf den Tisch. Und der Schweizer sagte:
    »Ich habe die Schale gar nicht berührt«, so als würde irgendjemand ihn dafür zur Rechenschaft ziehen.
    Nun rutschte Klaus von seinem Sessel auf den Boden, und Amadeus hatte Angst zu ersticken. Als dann der Schweizer sehr ernst zu der Sekretärin sagte:
    »Ich glaube, wir sollten die Ambulanz rufen«, war es ganz vorbei. Amadeus und Klaus schnappten sich ihre Aktenkoffer und verließen vor Lachen gekrümmt das Gebäude. Sie haben es nie wieder betreten. Klaus fand eine Stelle in einer anderen Firma und Amadeus machte sich mit Unterstützung seiner Großtante selbstständig mit einer Kanzlei in Clausthal. Das unbeherrschte Lachen hatte sie zusammengebracht. Sie waren inzwischen beste Freunde.
    Am Abend saßen Lilly, Klaus und Amadeus im Garten. Ihr Haus in Hanglage bot einen Bilderbuchblick ins Tal. Am tiefsten Punkt des Talkessels durchfließt die Innerste, ein kleines Flüschen, den Ort. Und an drei Seiten türmen sich die bewaldeten Berge. So als ob der liebe Gott nicht gewusst hatte, wohin damit, waren die Berge dicht nebeneinander platziert und bildeten einen Kessel, in dem sich das kleine Städtchen mühselig etwas Raum geschaffen hatte. Wenn man in der Dämmerung auf die Berge schaute, konnte man direkt Angst bekommen, dass die dunklen hohen Wälder den ganzen Ort verschlingen.
    »Mein Gott, was ist das hier für eine Aussicht«, sagte Klaus und Lilly erklärte:
    »Da rechts ist der Bielstein, dort ist der Teufelsberg, und da hinten der Bromberg. Und wir sitzen etwa auf halber Höhe des Schulbergs. Ja, hier kann man sich richtig erholen von den Unbilden des Alltags. Man sollte gar nicht glauben, mit was für verrückten Leuten man sich herumschlagen muss. Zum Beispiel mit dumm glotzenden Richtern und Staatsanwälten, die meinen, sie bräuchten sich nur eine Robe anzuziehen und dann können sie tun, was sie wollen.«
    Nun musste Amadeus seinem Freund berichten, was heute geschehen war und Klaus kam aus dem Lachen nicht heraus.
    »Staatsanwalt Gutbrodt hat heute das kürzeste Plädoyer seines Lebens gehalten. Da er die Sache zu Ende bringen wollte, bat er den Richter, ihn nicht wegen Befangenheit auszuschließen und sagte dann nur Ich beantrage Freispruch für den Angeklagten. Und ich konnte nur noch sagen, dass ich mich dem Antrag des Staatsanwalts anschließe. Mein Mandant hat dann sofort nach der Verhandlung Frau Gutbrodt angerufen und berichtet, was passiert ist. Als ihr Mann dann nach Hause kam, um mit ihr abzurechnen, war sie nicht mehr da.«
    »Wie kann man nur so feige sein? Und ich soll mir jetzt wohl eine neue Masseurin suchen?«, sagte Lilly.
    »Das, was ihr Mann heute durchgemacht hat, ist natürlich auch hart. Irgendwie tut er mir leid«, meinte Amadeus.
    »Was ist er denn so für ein Typ?«, wollte Klaus wissen.
    »Er ist nicht gerade beliebt in seiner Umgebung. Ziemlich introvertiert, unfreundlich. Na ja. Zu mir ist er seltsamerweise sehr liebenswürdig. Er hat sogar schon ein paar Mal ein Gespräch mit mir angefangen, das ins Private ging. Was ich so mache, wofür ich mich interessiere, wie gut die Kanzlei läuft und so weiter. Ich weiß gar nicht, was ich davon halten soll. Vielleicht ist das eine Art Vaterkomplex.«
    »Mir ist er eher wie ein Idiot vorgekommen«, sagte Lilly und Klaus fing wieder an zu lachen.

Lautenthal, 8. Juli 2010
     
    Lilly nahm den Telefonhörer ab: »Höschen.«
    »Guten Tag, Fräulein Höschen. Hier ist Hans Gutbrodt. Sie werden sich vielleicht an mich erinnern...«
    »Oh, mehr als mir lieb ist. Was kann ich für Sie tun, Herr Gutbrodt?«
    »Ich möchte mich mit Ihnen treffen. Es gibt da etwas zwischen uns zu besprechen, was man nur unter vier Augen tun kann. Und ich möchte Sie auch bitten, Ihrem Neffen nichts zu sagen.«
    »Meinem Großneffe n.«
    »Ja, wie auch immer. Vielleicht können wir uns an einem neutralen Ort treffen, also weder bei mir noch bei Ihnen.«
    »Ehrlich gesagt, machen Sie mich neugierig, Herr Gutbrodt. Ich hoffe nur, dass Sie nichts Schlimmes mit mir im Schilde führen.«
    Eine Stunde später saß Lilly in ihrem Wagen und fuhr nach Wildemann. Sie war mit Hans Gutbrodt am unteren Spiegeltaler Teich verabredet. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie dort umbringen würde, sah sie nicht als sehr groß an, denn im Sommer, noch dazu bei gutem Wetter, trieben
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