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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut
Autoren: Elisabeth Herrmann
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mit einem etwas breit wirkenden Gesicht und hellen, blauen Augen. Dafür war Lukas Kreutzfelder eine der besten Partien Andernachs. Heimlich wünschte sich Sabrina, dass Amelie sich unsterblich in ihn verlieben würde. Dann bliebe sie nämlich, würde bei ihren Eltern aus- und in eine schöne Villa am Hügel einziehen und ihre wilden Träume zu hübschen Urlaubsreisen zähmen, von denen sie auch immer wieder zurückkäme. Lukas wäre genau der Richtige, um ihr Sicherheit zu geben. Auch wenn es ihr schwerfiel, sich ihre quirlige Freundin in den Armen eines Mannes vorzustellen, der rosa Polohemden trug.
    Sie gab Amelie einen leichten Schubs. »Dein Mond wartet.«
    Amelie warf einen Blick über die Schulter. »Soll er. Dann nimmt er wenigstens irgendwann ab.«
    »Hey! Amelie! Kommst du mit?«
    Sabrina entging nicht, wie neidisch die Jungs vom Badetuch links zu dem Boot starrten. Es musste ein neues und teures Modell sein. Zumindest kam man damit in zwei Minuten von der einen auf die andere Rheinseite.
    »He, nun lass mich doch nicht warten vor allen Leuten. Soll ich vielleicht auf die Knie gehen?« Lukas warf einen Blick auf sein Publikum. »Sie will nicht«, erklärte er überdeutlich betrübt. Alle starrten gespannt zu ihm wie auf den Hauptdarsteller eines aus dem Nichts herbeigezauberten Theaterstücks. »Amelie!«
    Endlich bequemte sich die Angesprochene, sich umzudrehen. Betont gelangweilt nahm sie die Sonnenbrille ab. Das Boot schaukelte keine fünf Meter vom Ufer entfernt auf den Wellen. Lukas verbeugte sich und ging dann tatsächlich in die Knie. Die Badegäste applaudierten.
    Um Amelies Mundwinkel zuckte ein Lächeln. »Okay. Aber nur eine halbe Stunde. Und Sabrina kommt mit.«

    »Nein, geh du nur«, sagte Sabrina. Sie wollte auf keinen Fall stören.
    »Kommt gar nicht in Frage.« Amelie stand auf und begann, ihre Sachen zusammenzusuchen.
    Schließlich erhob sich auch Sabrina.
    »Hi, Sabrina!« Lukas grüßte sie freundlich. Zu ihr war er anders. Höflicher, respektvoller. Wahrscheinlich, weil sein Vater und ihre Mutter im gleichen Winzerverband waren.
    Er half ihnen ins Boot. Kaum hatten sie sich gesetzt, brauste er los. Die Gischt durchnässte sie in wenigen Sekunden. Amelie kreischte vor Vergnügen, und als das Boot hinausstob auf den breiten Strom und der Wind Sabrinas Haare zerzauste, hatte sie das Gefühl, dass es doch noch etwas werden könnte mit diesem Tag.

DREI
    »Willst du auch mal?«
    Lukas drehte sich zu Amelie um. Sie sprang auf und tastete sich über das schwankende Deck nach vorne. Sabrina konnte wegen des lauten Motors nicht verstehen, was er sagte, aber vermutlich erklärte er ihr, wie alles funktionierte. Amelie hatte keinen Bootsführerschein, trotzdem ließ er sie ans Steuer.
    Sei doch nicht immer so spießig, schimpfte Sabrina im Stillen mit sich selbst. Es wird schon nichts passieren. Lukas wird schon darauf achten, das Ding ist ja teuer genug.
    In diesem Moment machte das Boot einen gewaltigen Satz nach vorne. Sabrina musste sich an der Reling festhalten und hatte in den nächsten Minuten ständig das Gefühl, gleich von Deck gefegt zu werden. Amelie legte den Kopf in den Nacken und lachte. Für sie war das alles ein Riesenspaß. Sie gab noch einmal Gas und wie ein Pfeil schossen sie flussaufwärts. Lukas stand hinter Amelie. Seine Hand wanderte ihren Rücken hinunter bis zu ihrer Bikinihose. Amelie schüttelte sich unwillig, das Boot machte einen gewaltigen Schlenker. Lukas behielt seine Hand ab jetzt bei sich.
    Sie hat recht, dachte Sabrina. Er ist es nicht. Er ist auch nur einer von denen, die ein bisschen Spaß haben wollen, bevor sie sich eine Frau suchen, die ihre rosa Polohemden bügelt. Er musste jetzt Anfang zwanzig sein, studierte in Koblenz und würde irgendwann den Betrieb seines Vaters übernehmen. Auch so ein vorgeschriebener Lebenslauf. Aber im Gegensatz zu Sabrina schien Lukas absolut damit einverstanden zu sein. Sie fühlte sich immer noch hintergangen und manipuliert, wenn sie an ihr Geburtstagsgeschenk dachte. Vor ihren Augen mutierte der zufriedene Lukas zum idealen Feindbild. Erstes Auto zum Abi, hübsches Boot von Papa, und den Weinberg
haben sie sowieso nur zum Angeben, dachte sie. Immer wenn es ans Arbeiten ging, krochen Polen und Tschechen den Steilhang hoch. Die Kreutzfelders selbst hatte sie jedenfalls noch nie in Latzhosen gesehen.
    Amelie drückte das Gaspedal durch. Lukas wurde nervös. Vor ihnen tauchte die Maxima auf, das gewaltige, 160 Meter lange
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