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Liliane Susewind – Rückt dem Wolf nicht auf den Pelz! (German Edition)

Liliane Susewind – Rückt dem Wolf nicht auf den Pelz! (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Rückt dem Wolf nicht auf den Pelz! (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
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gleichzeitig. »Wir sind schon seit Ewigkeiten nicht mehr richtig spazieren gegangen, Lilli! Nur wegen denen!« Er stemmte protestierend die Vorderpfoten auf den Rasen. »Du sagst immer, dass ich in den Garten machen soll, weil wir nicht mehr in den Park gehen können. Aber in den Garten zu machen ist voll öde! Das riecht ja dann gar keiner von den Jungs aus dem Park!«
    Lilli, die noch ganz außer Atem war, hörte den Kummer in Bonsais Kläffen. Hunde setzten nun einmal gern Duftmarken für andere Hunde ab. Das war, als würden sie kleine Nachrichten hinterlassen. Aber im Garten der Susewinds kamen natürlich keine anderen Hunde vorbei. Bonsai hatte seit Wochen auf das Gassigehen im Park verzichten müssen. Wenn Lilli daran dachte, wurde sie richtig traurig. »Es tut mir leid, Bonsai«, sagte sie leise. »Ich wünschte, wir könnten einfach so im Park spazieren gehen.« Sie schluckte. »Ich wünschte, ich wäre normal, dann …« Der Rest des Satzes verwandelte sich in ein unterdrücktes Schluchzen.
    Bonsai stellte betroffen die Ohren auf. »Lilli, du bist nicht fröhlich!«, wuffte er. »Es kommt Wasser aus deinen Augen! Das ist ein ganz schlechtes Zeichen!«
    Lilli wischte sich eine Träne von der Wange. »Ist schon gut, Bonsai«, schniefte sie.
    Da sagte Oma: »Nein, es ist nicht gut.« Sorgenvoll schaute sie Lilli an. »Wir sollten uns unterhalten.« Sie ging ein paar Schritte in den Garten hinein, setzte sich auf eine Bank und klopfte neben sich. »Komm her, mein Schatz.«
    Lilli schniefte noch einmal und nahm auf der herbstkalten Gartenbank neben ihrer Oma Platz. Bonsai lief ihr trippelnd nach, hüpfte ebenfalls hinauf, stellte sich auf die Hinterbeine und schlabberte Lilli fürsorglich übers ganze Gesicht. »Die Klick-Heinis hauen bestimmt bald wieder ab«, hechelte er dabei eifrig. »Früher waren sie ja auch nicht da. Sie können also auch einfach weg sein!«

    Lilli lächelte ein kleines Lächeln und ließ Bonsai schlabbern.
    Oma neigte nun den Kopf. »Lilli …« Ihr Ton klang ernst. »Es ist Zeit, dass wir einmal über dich und … deine Besonderheit reden.«
    Lilli sah sie überrascht an. Oma wollte mit ihr über ihre Besonderheit sprechen?
    »Durch deine Gaben bist du anders als andere«, sprach Oma weiter. »Ich weiß, dass du dir in den vergangenen Jahren viele Male gewünscht hast, wie die anderen Kinder zu sein.«
    Lilli schaute sie abwartend an.
    »Du möchtest normal sein, weil dir deine Fähigkeiten manchmal wie eine schwere Last erscheinen.«
    Lilli begann, schweigend Bonsai zu kraulen, der es sich gerade auf ihrem Schoß gemütlich machte.
    »Aber manchmal bist du auch sehr froh, dass du so bist, wie du bist, oder?«
    Lilli starrte auf Bonsais weißes Zottelfell. Erst nach einer Weile antwortete sie. »Ich finde es eigentlich gut, dass ich mit Tieren sprechen kann. Und ich liebe Pflanzen.«
    Oma nickte langsam. »Lilli, ich werde dir jetzt eine wichtige Frage stellen.«
    Lilli spürte, wie ihr ein Kribbeln den Rücken hinaufkroch.
    »Wenn du die Wahl hättest …« Oma beugte sich vor. »Wenn du entscheiden könntest, normal zu sein oder du zu sein …« Forschend blickte sie Lilli an. »Was würdest du wählen?«
    Lilli biss sich auf die Unterlippe. Das war eine sehr schwierige Frage. Sie überlegte. Wie alle anderen zu sein, wäre sehr schön. Sie müsste sich keine Sorgen mehr darum machen, entweder als seltsam oder als sensationelle Attraktion angesehen zu werden. Sie könnte einfach ganz normal leben. Diese Vorstellung gefiel ihr. Aber dann blieb Lillis Blick wieder an Bonsai hängen, der auf ihrem Schoß friedlich vor sich hin hechelte. Es versetzte Lilli einen Stich, wenn sie sich vorstellte, dass sie nicht mehr mit Bonsai sprechen könnte. Das wäre eine Katastrophe!
    »Ich möchte lieber ich sein!«, platzte es da aus ihr heraus. »Ich will meine Gaben behalten!«
    »Niemand wird sie dir wegnehmen, Schatz«, beruhigte Oma sie lächelnd. »Aber es ist schön zu hören, dass du dir gar nicht wirklich wünschst, anders zu sein als du bist.«
    Lilli senkte den Blick. Hatte sie das gesagt? Das hatte sie wohl. Und es stimmte ja auch. Sie wollte mit Tieren sprechen können. Sie wollte Pflanzen wachsen lassen können. Aber sie wäre trotzdem gern wie die anderen gewesen …
    Beides ging wohl nicht.
    »Deine Fähigkeiten sind Geschenke«, fuhr Oma nun fort. »Du solltest dich freuen, dass du sie hast.«
    Lilli kraulte Bonsai und schwieg.
    »Du kannst mit deinen Gaben viel Gutes tun«,
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