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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition)
Autoren: K.A. Milne
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zwei Jahre nicht gesprochen. Es war meine spontane Entscheidung gewesen, mich in den Wagen zu setzen und nach Idaho zu fahren, um bei deiner Hochzeit dabei zu sein. Als ich endlich Gelegenheit hatte, allein mit dir zu sprechen … Erinnerst du dich noch, was ich gesagt habe?«
    Das Bild der weißen Brechtüte tauchte kurzfristig vor meinem geistigen Auge auf. »Ja«, sagte ich. »Ich musste dir versprechen zu lernen, Anna zu vergeben.«
    Er kicherte. »Du bist nahe dran, aber nein. Was ich gesagt habe, war nicht allein auf Anna gemünzt. Du hast mir versprochen, zu lernen zu vergeben … auch wenn es dir schwerfällt.«
    Ich sagte nichts.
    Eine Minute blieb es auch am anderen Ende still. »Ethan«, fuhr er schließlich leise und ungewöhnlich sanft fort: »Vergiss die Wut. Überwinde sie. Falls jemand in dieser Angelegenheit schuldig ist … rein juristisch gesehen … kümmere dich nicht um die Folgen. Belasse es einfach dabei. Vergeude keinen einzigen Tag mehr damit, wütend zu sein. Nicht mal eine Stunde. Es hilft dir nicht. Es hilft auch demjenigen nicht, auf den du wütend bist. Und es hilft Hope nicht.«
    Hope? Was hatte sie mit alledem zu tun?
    Als der Name meiner Tochter fiel, sah ich sie an. Sie hatte das Interesse an dem Marienkäfer verloren und sah mich lächelnd an. Es war ein Funkeln, ein Leuchten in ihren Augen, das tiefe Zuneigung ausdrückte; ein Gefühl, das ich als Kind nie für meinen Vater empfunden hatte.
    Und mit einem Mal verstand ich. Es standen wichtigere Dinge auf dem Spiel als meine Meinung über oder meine Gefühle gegenüber der Frau, die Anna mit ihrem Wagen angefahren hatte: Das Glück. Die Familie.
    Es gab Hope.
    Ich holte tief Luft. Vielleicht würden eines Tages die Gefühle tief in meinem Herzen wie durch ein Wunder von selbst vergehen. Aber vielleicht hatte mein Vater recht, und sie würden wuchern und eitern, bis sie alles vernichtet hatten. Während ich Hope ansah, kam ich jedoch zu dem Schluss, dass sich das Warten auf den Ausgang der Geschichte nicht lohnte. Ich durfte nicht riskieren, Gefühle in mir zu nähren, die das Verhältnis zu meiner Tochter bedrohten. Falls es eine Chance gab, die Sache dadurch zu regeln, dass ich dieser Frau verzieh, dann wollte ich es versuchen.
    »Danke, Dad. Ich bin froh, dass du angerufen hast.«
    »Wirklich?«
    »Tu nicht so überrascht.«
    »Nein … Ich meine, gern geschehen. Hat gutgetan, mit dir zu sprechen.«
    »Geht mir auch so.« Ich legte auf, ohne zu wissen, wann wir uns das nächste Mal unterhalten würden. Sicher war nur, dass ich mich schon jetzt darauf freute.
    »Was ist passiert?«, fragte Hope. »Bist du nervös?«
    »Ja, bin ich. Ich muss jemandem einen Besuch abstatten … der Frau, die den Unfall mit Mami verursacht hat.«
    »Kann ich mitkommen?«
    Ich dachte einen Moment nach. Dann nickte ich. »Wenn du bei mir bist, fällt es mir vielleicht leichter zu sagen, was gesagt werden muss.«
    Eine Stunde später bogen wir in die Einfahrt des Hauses der Moores ein. Seit meinem letzten Auftritt dort war ein Monat vergangen. Im Tageslicht sah plötzlich alles ganz anders aus. Jedenfalls weniger bedrohlich. Es war mitten am Vormittag, und ich wusste nicht, ob überhaupt jemand zu Hause sein würde. Ich hätte die Telefonnummer nachschlagen und zuerst anrufen können. Allerdings war ich sicher, dass sie dann vor mir Reißaus genommen hätten.
    Hand in Hand mit Hope stieg ich die Verandatreppe zur Haustür hinauf. »Willst du wirklich mit ihr reden?«
    Meine Tochter entwickelte sich allmählich zur Gouvernante. »Nein.«
    »Doch willst du. Kopf hoch!«
    Ich holte tief Luft und klingelte.
    Nichts rührte sich.
    Ich klingelte ein zweites Mal.
    Keine Reaktion.
    Zur Sicherheit betätigte Hope ein drittes Mal die Klingel. Diesmal schwang die Tür auf. Auf der Schwelle stand Ashley. Sie war nur noch der Schatten ihrer selbst. Und sie hatte geweint. Das war nicht zu übersehen. Sie stützte sich mit einer Hand gegen den Türrahmen und hielt die andere hinter ihrem Rücken versteckt. »Ist sie … schon gegangen?«
    »Miss Moore?«, sagte Hope atemlos. »Was machen Sie denn hier?«
    Ashley verzog keine Miene. Sie sah Hope kaum an, als sie antwortete: »Ich versuche zu überleben.«
    »Dann sind Sie es, die …?«
    »Die deine Mutter angefahren hat? Ja, das bin ich. Schöne Scheiße, was?«
    »Das Wort darf man nicht sagen«, mahnte Hope besserwisserisch.
    Ashley zuckte nur die Schultern.
    Hope starrte sie entsetzt an. Die Frau, die vor ihr
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