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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter
Autoren: Tom Holt
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Grausamkeiten (die sich die Menschheit hatte einfallen lassen, um Streitigkeiten zwischen Nachbarn zu regeln) in einem vergifteten Pfeil bestand, der seiner goldenen Rüstung nichts anhaben konnte. Jedoch fanden diesbezüglich rasche Veränderungen statt, genannt seien hier nur panzerbrechende Munition, hochexplosive Sprengstoffe, Napalm, chemische Kampfstoffe, Exocets-Raketen und Cruise-Missiles; das einzige, was mit der Zeit nicht schrittgehalten hat, ist Mars’ Verteidigungspotential, das noch immer aus einem etwa drei Millimeter dicken vergoldeten Bronzeschild besteht, was nicht unbedingt dem neuesten Stand der Technik entspricht.
    Theologie ist im günstigsten Falle eine unpräzise Wissenschaft. Die beste Definition eines Unsterblichen ist: jemand, der noch nicht gestorben ist.
    Womöglich hat sich noch nicht überall herumgesprochen, daß sich Mars aus diesem Grund das wahrscheinlich größte Antiatomkraftsymbol der gesamten Galaxis auf seinen Schild gemalt hat. Wenn Sie das nächstemal an einer dieser Massendemonstrationen teilnehmen, halten Sie nach einem großen hageren Typen mit starken nervösen Zuckungen Ausschau – das müßte Mars sein.
    In der Beobachtungskuppel der Sonne saß ihm gegenüber seine Dreiviertelschwester ersten Grades (göttliche Verwandtschaftsverhältnisse sind meist äußerst verworren), die Exmondgöttin Diana. Im Gegensatz zu Mars wurde nie auf sie geschossen, und deshalb neigte sie dazu, sich über den neuentdeckten Pazifismus von Mars hin und wieder ein wenig lustig zu machen.
    »Sieben«, sagte sie. »Warte, wir sind an der Reihe. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben. Hier. Mal sehen.«
    Sie nahm eine der goldenen Fliesen von dem ordentlich aufgeschichteten Stapel, der neben dem mit Juwelen und Edelsteinen besetzten Abakus schwebte, und guckte sich an, was darauf stand.
    »Sie werden zu Straßenbauarbeiten herangezogen«, las sie angewidert vor. »Zahlen Sie eine Billion Drachmen für jede Stadt …«
    Diana spähte nach unten auf die Planetenoberfläche und zählte. Dann ergriff sie den zuverlässigsten Bogen, nahm einen Pfeil, zielte genau und spießte eine dichte Wolkendecke auf, die über einer größeren Stadt im Westen schwebte. Die Wolkendecke zerplatzte, und im Nu ergossen sich über der Stadt sintflutartige Regenfälle, die sich auf den Straßen zu reißenden Strömen entwickelten. Mars blickte erschrocken beiseite und hoffte, daß Diana nichts davon mitbekam.
    »Na bitte!« triumphierte sie erleichtert. »Die Stadt existiert gleich nicht mehr. Jetzt wird’s schon etwas billiger.«
    Mars öffnete die Augen – Dächer und ganze Häuser trieben auf das Meer zu –, und er kam an diesem Tag bereits zum siebten Male zu dem Schluß, daß es sich hierbei um ein wirklich grausames Spiel handelte.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob du das überhaupt darfst«, wandte er mit leicht gekünstelter Stimme ein.
    Diana musterte ihn abfällig und fragte scheinheilig: »Wie meinst du das?«
    Mars zuckte daraufhin einige Male heftig mit dem Kopf und murmelte: »Andererseits, wen schert das schon? Ich bin an der Reihe, stimmt’s?«
    Mars nahm den Knobelbecher in die Hand, schüttelte ihn kräftig, würfelte und betete; für einen Gott mag ein Gebet zwar ungewöhnlich sein, aber seit der Kubakrise hatte sich das bei ihm zur Gewohnheit entwickelt, und mittlerweile fiel es ihm schwer, davon abzulassen. Die Würfel rollten noch ein Stück und blieben schließlich liegen.
    »Hast du ein Glück!« rief Diana. »Pasch vier!«
    Ein weiterer Grund, warum sich Mars das Beten nicht abgewöhnt hatte: Es schien zu funktionieren. Das war schon komisch, denn als damals die menschlichen Wesen noch zu ihm zu beten pflegten, hatte denen das nie etwas gebracht.
    »Mal sehen«, sagte er. »Ah, das ist gut, Friedensverhandlungen in Genf machen Fortschritte, Wiederaufnahme der Gespräche über die Begrenzung strategischer Waffen, Einstellung der Kampfhandlungen im Mittleren Osten …«
    Diana schüttelte den Kopf und würfelte.
    »Zwölf. Gehe nach … Au, Scheiße!«
    Danke, wer immer du auch bist! ließ Mars ein stummes Stoßgebet vom Stapel. Drei ganze Würfe und noch immer keinen einzigen Schuß vor Zorn abgefeuert – nicht einmal einen Schuß aus Leichtsinn oder purer Ausgelassenheit abgegeben, was manchmal noch verheerendere Folgen haben kann. Der Lenker des Streitwagens drückte sich in Gedanken selbst die Daumen, schüttelte gefühlvoll den Knobelbecher und würfelte.
    Neun.
    Mars zuckte wie
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