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Liebhaber der Finsternis

Liebhaber der Finsternis

Titel: Liebhaber der Finsternis
Autoren: Unbekannt
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leicht blenden lassen? Sonst war er immer so stolz auf seine Erfahrung im Umgang mit anderen. Und nun wusste er auch, was der verschleierte Bereich in Leahs Kopf bedeutet hatte. Das war Cian gewesen. Er hatte ihre Gefühle für ihn manipuliert und sie unter einem Bann vertuscht. Warum war er nicht selbst darauf gekommen? Warum hatte er sich in ihrem Fall nur auf seine Augen verlassen und nicht auf sein Herz gehört? Er hatte einiges wiedergutzumachen.
    Corben saugte den vierten Beutel Blut aus. Drei weitere lagen in einer Thermobox bereit. Er spürte, wie seine Kraft zurückkehrte. Der Spiegel zeigte deutlich die Veränderung. Seine Jugendlichkeit kehrte genauso zurück wie der Glanz in seinen Augen. Sieben Liter, so viel hatte er seit langer Zeit nicht zu sich nehmen müssen. Das letzte Mal musste er so viel trinken, als er sich nach einem Kampf schwer verletzt hatte. Es fiel nicht leicht, diese Menge zu schlucken, es kam ihm schon zu den Ohren heraus, hatte er den Eindruck. Doch sein Körper war wie ein Schwamm und absorbierte die Menge im Schnellverfahren.
    Mit seiner zurückkehrenden Kraft wurde auch seine Wut immer größer. Er wollte aus dem Zimmer stürzen und sich seinen Bruder vorknöpfen, hatte allerdings in dem geschwächten Zustand keine Chance. Er musste sich also in Geduld üben, bis er so weit wiederhergestellt war, um ihm zumindest ebenbürtig gegenüberzutreten. Und wenn es noch einen weiteren Tag dauerte, so würde er auch diese Zeit überstehen. Bei Leah würde er sich gebührend entschuldigen. Dieses Mal musste er auf Vergebung hoffen. Aber das musste warten. Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kam es nicht mehr an. Schließlich hatten sie die Ewigkeit vor sich.

    Leah atmete langsam wieder aus. Sie hatte die Luft angehalten, als Danjal und Pursal immer näher kamen, doch sie hatten ihre Gestalt, die sich in der dunklen Nische verbarg, nicht bemerkt. Sie waren zu sehr damit beschäftigt gewesen, über die im Haus anwesenden Vampirinnen zu sprechen und sich mit anzüglichen Sprüchen anzuheizen.
    Sie wartete, bis sie die Tür zufallen hörte, bevor sie sich dem Ausgang näherte und in die Dunkelheit entschwand. Es war erneut an der Zeit, aufzubrechen. Sie hatte alles gründlich vorbereitet. Für Amy hatte sie das Kleid mit einem Abschiedsbrief zurückgelassen. Ihre Schlafzimmertür hatte sie abgeschlossen. So ging sie sicher, dass man ihr Verschwinden nicht zu früh bemerken konnte. Bei Tagesanbruch wäre es zu spät, einen Suchtrupp nach ihr auszuschicken.
    Erste Eiskristalle ließen sich auf den kurzgeschorenen Grashalmen nieder. Ein Hund lief aufgeregt am langen schmiedeeisernen Zaun entlang. Als er sie nicht weiter verfolgen konnte, blieb er stehen und knurrte ihr mit aufgerichtetem Nackenfell hinterher. Die Ampel an der Kreuzung blinkte gelb. Nur wenige Autos fuhren an ihr vorbei. Die Großstadt schien zu schlafen. Bis Sonnenaufgang war es nicht mehr lange. Leah lief schneller. Die Öffentlichkeit sollte nichts mitbekommen. Sie wollte ihren Freunden und ihrer Familie keine Schwierigkeiten bereiten. Es sollte ganz leise vonstattengehen. Nur sie, der Fluss und die aufgehende Sonne. Ein kleiner heller Lichtblitz, so stellte sie es sich vor, und es wäre vorbei. Vermutlich würde ein Windzug ihre Asche über den Strand verwehen. Der Gedanke gefiel ihr.
    Als sie endlich den Platz für ihr Vorhaben gefunden hatte, setzte sie sich auf den feuchten, kalten Sand und sah den Schiffen auf ihrem Weg durch die Elbe zu. Die Lichter glitzerten über dem Wasser. Der Wind war kalt und ließ kleine Wellen ans Ufer schwappen. Sie stellte fest, dass der Fluss nicht so gut wie das Meer roch. Es fehlte ihm die Frische und Salzigkeit.
    Es war alles so einfach, genau wie ihre damalige Entscheidung, ein Vampir zu werden. Sie sah auf die Uhr — nur noch eine Stunde bis Sonnenaufgang.
    Plötzlich vernahm sie hinter sich ein Geräusch. Als sie sich umsah, glaubte sie, sie würde sich versehen. Da stand Amy und sah über das schwarze Wasser zum Horizont. Leah hatte das Gefühl, sie müsste gleich platzen und erhob sich. „Woher weißt du, dass ich hier bin?“
    „Willst du das wirklich tun? Ich dachte, wir sind Freundinnen.“ Ihr Blick wirkte emotionslos.
    „Du musst gehen. Es wird schon hell. Ich will nicht, dass du dir wehtust.“
    „Sieben Liter Blut“, sagte Amy in die Dunkelheit und ihre Locken wirkten wie loderndes Feuer.
    „Amy, ich meine es ernst. Du kannst nicht hierbleiben. Ich will, dass du sofort zu
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