Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebesnacht mit einem Mörder

Liebesnacht mit einem Mörder

Titel: Liebesnacht mit einem Mörder
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
leuchtend roten altmodischen Schrift auf dem kreidebleichen Fleisch spitzte Peabody die Lippen.
    »Sieht aus wie eine dieser Tätowierungen, die sich wieder entfernen lassen.« Eve beugte sich so dicht über die Tote, dass sie beinahe mit der Nase gegen ihre Schulter stieß, und schnupperte. »Ziemlich frisch. Wir müssen überprüfen, ob sie vor kurzem in irgendeinem Schönheitssalon gewesen ist.«
    »Rebhuhn im Birnbaum.«
    Eve richtete sich auf und musterte ihre Assistentin mit hochgezogenen Brauen. »Was?«
    »In ihren Haaren, die Spange in ihren Haaren. Am ersten Tag der Weihnacht.« Als Eve sie noch immer ratlos ansah, schüttelte Peabody den Kopf. »Das ist ein altes Weihnachtslied, Lieutenant. >Die zwölf Tage der Weihnacht<. Der Typ in dem Lied macht seiner großen Liebe jeden Tag ein anderes Geschenk, und das erste ist ein Rebhuhn im Birnbaum.«
    »Was zum Teufel soll man mit einem Vogel, der in einem Baum sitzt? Schwachsinniges Geschenk.« Gleichzeitig jedoch kam ihr ein schrecklicher Verdacht. »Wollen wir nur hoffen, dass sie seine einzige große Liebe gewesen ist. Holen Sie mir die Disketten, und packen Sie sie ein«, befahl sie Peabody sowie dem Pathologen und bückte sich erneut über das Link.
    Während man die Tote aus der Wohnung transportierte, rief sie sämtliche in den letzten vierundzwanzig Stunden geführten Telefongespräche ab.
    Als Erstes hatte knapp nach achtzehn Uhr Mariannas Mutter angerufen, und die beiden hatten sich fröhlich unterhalten. Eve lauschte dem Gespräch, blickte in das lachende Gesicht der Mutter und dachte, wie dieses Gesicht aussehen würde, wenn sie anrief, um der Frau zu sagen, dass ihre Tochter nicht mehr lebte.
    Das einzige andere Gespräch hatte Marianna von sich aus unternommen. Gut aussehender Knabe, dachte Eve, als das Bild auf dem Monitor erschien. Mitte dreißig, mit einem netten Lächeln und warmen, braunen Augen. Jerry hatte das Opfer ihn genannt. Oder Jer. Es hatte jede Menge sexueller Anspielungen gegeben, sie hatten viel miteinander gescherzt. Er war also ein Liebhaber gewesen. Vielleicht ihre große Liebe.
    Eve nahm die Diskette aus dem Link, versiegelte sie, steckte sie in die Tasche, entdeckte auf dem Tisch unter dem Fenster neben Mariannas Handy und Terminkalender ein Adressbuch und machte nach kurzer Durchsicht den Namen Jeremy Vandoren darin aus.
    Dann trat sie erneut vor das Bett. Das blutbefleckte Laken war am Fußende zerknüllt. Die Kleider, die dem Opfer sorgfältig vom Leib geschnitten und auf den Boden geworfen worden waren, steckten bereits in einem Sack.
    In der Wohnung herrschte totale Stille.
    Sie hatte ihn hereingelassen, überlegte Eve. Hatte ihm die Tür geöffnet. War sie freiwillig mit ihm ins Schlafzimmer gekommen oder hatte er sie hierher verschleppt? Die toxikologische Untersuchung würde zeigen, ob sie betäubt gewesen war.
    Im Schlafzimmer hatte er sie an Händen und Füßen gefesselt, sie mit gespreizten Gliedern vor sich ausgebreitet und wahrscheinlich die Fesseln um die Bettpfosten geschlungen.
    Dann hatte er ihre Kleider aufgeschnitten. Vorsichtig und ohne jede Eile. Weder im Zorn noch auch nur in irgendeinem verzweifelten Verlangen. Mit Berechnung, ordentlich, geplant. Dann hatte er sie vergewaltigt, einfach, weil er die Macht dazu besessen hatte, weil er dazu in der Lage gewesen war.
    Sie hatte sich gewehrt, geschrien und wahrscheinlich gefleht. Er hatte es genossen, hatte sich daran ergötzt. Vergewaltiger genossen das Elend und die Ohnmacht ihrer Opfer, dachte sie und atmete, da ihre Gedanken zu ihrem Vater wandern wollten, so tief wie möglich durch.
    Als er fertig gewesen war, hatte er sie erwürgt und ihr, während ihr die Augen aus dem Kopf gequollen waren, ins Gesicht gesehen. Dann hatte er sie gekämmt, geschminkt und die festliche Silbergirlande um ihren Leib drapiert. Hatte er die Spange mitgebracht oder hatte sie ihr gehört? Hatte sie sich die Tätowierung selbst aufmalen lassen oder hatte er ihren Körper dergestalt verziert?
    Eve ging hinüber in das angrenzende Bad. Die weißen Fliesen glitzerten wie Eis, und der Geruch nach Desinfektionsmittel verriet, dass er sich nach vollbrachter Tat gewaschen und vielleicht sogar gebürstet hatte, ehe der gesamte Raum von ihm gesäubert worden war.
    Tja, auf alle Fälle sollte sich die Spurensicherung hier drin mal umsehen. Ein lausiges Schamhaar würde reichen, und sie hätte ihn erwischt.
    Sie hatte eine Mutter gehabt, die sie liebte, überlegte Eve. Eine Mutter, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher