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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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Mache ich alles zu schnell? Werde ich mich verrennen? In eine Sackgasse geraten?«
    »Nein. Ich meine die Straße.«
    »Warum soll ich anhalten? Ist es hier?«
    »Ja, Pierre.«
    »Dann steig aus.«
    »Kommst du nicht mit?«
    »Ich suche einen Parkplatz. Ach, eigentlich könnte ich doch in der zweiten Reihe parken, um diese Zeit dürfte es keine Probleme geben.«
    »Stell dich vor die Notaufnahme, wir dürfen das, ich habe gefragt.«
    »Meinst du? Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Ich werde doch keinen Strafzettel bekommen …«
    »Nein, Pierre.«
    »Gut, auf diese Weise können wir weiterreden … Warum krümmst du dich? Ist etwas nicht in Ordnung? O nein, ich bitte dich, halt durch!«
    »Es ist nichts. Nimmst du bitte meinen Koffer?«
    »Suzanne! Ich kann doch nicht gleichzeitig klingeln, den Koffer tragen, den Wagen abschließen …«
    »Gut, ich nehme den Koffer selbst.«
    »Welches Stockwerk?«
    »Erstes Untergeschoss.«
    »Meldest du dich nicht an? Gehst du direkt hinunter? Hier kann man ja ein- und ausgehen, wie man will!«
    »Vor sieben Uhr ist niemand an der Pforte. Sie haben gesagt, ich soll einfach reingehen. Ich werde das Haustelefon im Untergeschoss benutzen und sagen, dass wir hier sind.«
    »Wir? Aber jetzt weiß ich immer noch nicht, was ich machen soll. Wenn ich mich nicht entscheide, werde ich verrückt, diese Ungewissheit ist nervtötend. Ich glaube, das ist das Schlimmste überhaupt.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Ach ja? Glaubst du, dass es etwas Schlimmeres gibt?«
    »Ja, zweifellos. Es gibt im Leben schlimmere Dinge als das. Du hast großes Glück, dass du überhaupt eine Wahl hast.«
    »Also bitte! Willst mir jetzt etwa auch noch eine Moralpredigt halten?«
    »Ich sage nur, dass Selbstmitleid einen nicht weiterbringt. Ich kann dieses Projekt nicht für dich beurteilen, ich verstehe nichts von der Handtaschenbranche.«
    »Brieftaschen! Das weißt du doch!«
    »Entschuldige, war nur ein Scherz.«
    »Sehr witzig! Also ehrlich, wenn du glaubst, es sei der richtige Zeitpunkt … Dauert es noch lange? Ich kann bei diesem Trubel hier nicht richtig denken.«
    »Nutze die Zeit und entscheide dich! Kopf oder Zahl!«
    »Mach dich nicht über mich lustig!«
    »Steh bitte auf, sonst kann ich mich nicht hinlegen, und bleib hinter mir. Hol dir einen Stuhl, wenn du willst. Und nimm deinen Mantel von der Fußstütze. Oder wo soll ich deiner Meinung nach die Füße platzieren?«
    »Sag mal, du verlierst doch jetzt nicht auch noch die Nerven? Wo soll ich mich hinsetzen?«
    »Hinter mich, komm her, nimm meine Hand.«
    »O Suzanne! Soll ich etwa für dich pressen? Konzentrier dich … Denk an Valdec, er war bei unserer Hochzeit, er kam mit seiner Tochter, ohne uns Bescheid zu sagen. Erinnerst du dich? Ja, also er hat sich auch selbstständig gemacht, es lief von Anfang an gut.«
    »Es war der richtige Moment.«
    »Ja, aber wie soll ich wissen, wann für mich der richtige Moment ist?«
    »Das werde ich Ihnen dann schon sagen, Monsieur, keine Sorge«, sagt die Hebamme. »Sie wollen abnabeln, nicht wahr?«
    »Abnabeln? Was?«

Eine Spinne an der Decke
    Er hauchte mir ins Ohr. Er verjagte Schaben, Fliegen und Bienen. Er blies meinen Schrecken weg, er linderte meine Angst. Ich bat ihn, mich von der Schule abzuholen, er wartete unten im Hof. Wir gingen zusammen spazieren, wir mochten Kirchen, gewundene Wege, Felder. Wenn das Haus zu voll war, suchten wir Ruhe, wir versteckten uns irgendwo, weitab von allen, und erzählten uns Geschichten, wahre, erfundene oder stumme Geschichten, das war egal. Ich war fünf Jahre, zehn Jahre alt, und es gab nur ihn.
     
    Mit fünfzehn wandte ich mich anderen, jüngeren Männern zu, Liebhabern aller Art, zärtlichen, leidenschaftlichen, Lügnern, Grobianen, Langweilern; mit ihnen wurde ich reif. Ich habe sie ausgesaugt oder besessen. Ich habe das Leben eines Mädchens gelebt, das gefragt ist, das wählen kann oder das sich hingibt. Ich habe mindestens einen von ihnen geliebt.
    Dann war ich fünfundzwanzig und begriff, dass er es war. Das war vor fünf Jahren. Er hat seine Frau verlassen, alles hat wunderbar geklappt.
    Seine Frau sprach mit mir über ihn, diesen elenden Mistkerl, der abgehauen ist, diesen gemeinen Schuft, der aus ihr eine alte Frau gemacht hat. Ich nahm ihn in Schutz. Aber sie regte sich auf, sie ließ sich nicht umstimmen. Man hat ihn auf der Straße mit einem Backfisch gesehen, so eine Schande, in seinem Alter. Er umfasst ihre Taille, hält ihre Hand,
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