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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN
Autoren: Kristin Billerbeck
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ausnahmsweise den Mund. Und wenn schon. Normalerweise würde er jetzt so etwas sagen wie: »Ashley sich mit jemandem verabreden? Eher fängt der Speck an zu fliegen. Ist dein Frühstücksspeck heute davongeflogen, Dad?«
    Papa lacht trotzdem über den unausgesprochenen Witz, und Dave fängt an laut zu lachen. Bei den Stockingdales herrscht pubertärer Humor, und wenn er erst einmal angefangen hat, artet er schnell aus, bis meine Mutter dazwischengeht. Plötzlich sehne ich mich nach den geistigen Anregungen, die eine schöne Diskussion über die allegorische Bedeutung eines Science-Fiction-Films bietet. Ich hätte doch zu Seth gehen sollen.
    Das Gelächter meines Vater vermischt sich mit Daves heiserem Gackern und dringt durch meine unsichtbare Schutzmauer. Meine Nase brennt, weil ich die Tränen unterdrücke. Nicht wegen des idiotischen Humors - den bin ich gewöhnt –, sondern weil es niemanden wirklich interessiert, dass ich heute einunddreißig werde. Keinen Einzigen. Meine beste Freundin hat mich verlassen und geheiratet, und jetzt stehe ich ganz allein da mit den drei Personen, denen ich auf der ganzen Welt am wenigsten ähnlich bin. Irgendwo muss es auch für mich einen Platz geben. Irgendwo.
    Alle drei starren mich mit den Gabeln in der Hand und offenem Mund an. »Nein, Mama, ich habe mich mit niemandem verabredet.« Das Besteck fängt wieder an zu klappern.
    »Was ist mit dem netten Jungen, mit dem du bei Breas Hochzeit zusammen warst?«
    »Das war der Trauzeuge, Mama. Er ist verheiratet.«
    »Und wenn schon«, erwidert meine Mutter mit Verzweiflung in ihrer Stimme. »Wer ist heutzutage nicht verheiratet? Versuchst du es denn überhaupt ernsthaft? Du bist ein hübsches Mädchen, Ashley. Irgendwer muss sich doch nach dir umdrehen.«
    Es versuchen? Jetzt muss ich hustend ein Lachen unterdrücken. »Nun ja, ich habe vor, mich wie Lara Croft anzuziehen und in meiner Freizeit Tomb Raider zu spielen. Meinst du, das bringt eine gute Partie?«
    Dave lacht mit mir, und dieses plötzliche Gefühl, verbündet zu sein, mit einem Mann, den ich mir normalerweise niemals freiwillig aussuchen würde, ist seltsam. Aber schließlich lachen wir über mich. Trotzdem ... Ich werfe ihm einen Blick zu, aber er ist ganz in seinen Braten vertieft.
    »Ist Lara so ähnlich wie Scarlett O’Hara?« Mama blinzelt mit ihren grauen Augen. Sie ist nicht dumm ... warum redet sie sich also ein, dass ich immer noch die Ballkönigin sein könnte? Zu ihrer Zeit heirateten die Mädchen sofort nach der Schule. So einfach war das. Alle machten es so. Aber seit es Diplome und Doktortitel wie Sand am Meer gibt, ist das nicht mehr so, und kirchliche Trauungen sind seltener als gute Aktien.
    Ich beschließe, dass es besser ist, das Lara-Thema zu beenden.
    »Was ist mit dir, Dave? Gibt es in deinem Leben eine Herzensdame?«
    Die Köpfe meiner Eltern fliegen herum wie Metallspäne, die von einem Magneten angezogen werden. »Gibt es jemanden, mein Schatz?«, fragt Mama.
    Ich muss mir die Hand vor den Mund halten, um die Schadenfreude zu unterdrücken, die ich bei diesem kindisch billigen Trick empfinde. Ich bin einunddreißig, aber bei meinem Bruder werde ich sofort wieder acht und freue mich diebisch, wenn ich sehe, wie er sich windet. Wenn ich als Christ jemals im Glauben reifen will, muss ich mich wohl von meinem Bruder fernhalten.
    Dave spielt den lüsternen Playboy, aber in Wirklichkeit hat er Angst vor Frauen. Er scheint sich zu der Art von Frauen hingezogen zu fühlen, die seine Autorität nicht infrage stellen. Die meisten Frauen, mit denen er ausgegangen ist, waren aus asiatischen Ländern und brauchten Dave als Übersetzer. Ich bin überzeugt, dass sein Busfahrerjob an einem Ort, an dem amerikanische Autos als minderwertig betrachtet werden, ihm nicht gerade die besten Möglichkeiten verschafft, Frauen kennen zu lernen. Wenn ich es so sehe, dann habe ich Mitleid mit ihm. Also versuche ich mit aller Kraft, nicht so zu denken.
    Dave schüttelt den Kopf und ächzt; in der Familie Stockingdale eine vollkommen angemessene Art der Kommunikation. Ich bin eine glühende Verfechterin der Schöpfungslehre. Aber deshalb kann ich an meinem Bruder trotzdem sehen, dass einiges für die Evolutionstheorie spricht.
    Meine Mutter richtet ihre Aufmerksamkeit sofort wieder auf mich. Schließlich ist es ja mein Geburtstag. Warum sollte sich nur Dave amüsieren? »Ashley, ich habe in der Zeitung gelesen, dass der Junge, mit dem du im College befreundet warst,
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