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Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn

Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn

Titel: Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn
Autoren: Sergio Bambaren
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allem, was ich von ihnen erfahren habe, gibt es keinen größeren Seelenschmerz. So etwas sollte nicht passieren, aber leider geschieht es dennoch von Zeit zu Zeit. Warum? Die Antwort darauf steht in den Sternen, Daniel. Sie ist eine von vielen, die ich Dir nicht geben kann.
    Ich spreche hier von den Menschen, die uns lieben und die wir lieben und mit denen wir einen Großteil unserer Zeit verbringen – Freunde, Eltern, Großeltern. Es ist ganz normal, dass Familien sich streiten. Aber mich betrübt, dass die meisten Leute die Liebe ihrer Verwandten und Freunde für selbstverständlich halten.
    Ich nicht, Daniel. Ich hatte das Glück, zu begreifen, dass man Sätze wie: »Ich liebe dich« oder »Schön, dass es dich gibt« geliebten Menschen jeden Tag sagen sollte. Warte also nicht damit, Liebe, Küsse und warmherzige Worte zu schenken, bis jemand stirbt. Denn hat ein geschätzter Mensch seinen Körper erst einmal verlassen, kannst Du Dich nur noch mit Tränen und voller Trauer auf seiner Beerdigung »gebührend« von ihm verabschieden.
    Meinem Vater, der bei guter Gesundheit ist und in einem anderen Land lebt, habe ich ein Buch gewidmet: Die Zeit der Sternschnuppen. Damit wollte ich ihm dafür danken, dass er mir mit seiner Klugheit, Geduld und Neugier die Augen für diese wundervolle Welt geöffnet und so vieles beigebracht hat. Ich danke ihm auch dafür, dass er immer ein so wichtiger Teil meines Lebens war.

    Doch das Wichtigste in meinem Leben habe ich getan, bevor ich nach Australien aufbrach. Ich rief meine Mutter an und verabredete mich mit ihr. Wir fuhren mit ihrem Wagen ans Meer und parkten an einer Stelle, die wir beide sehr mochten.
    »Was ist denn der Grund?«, fragte sie mich.
    »Es gibt keinen«, antwortete ich, »ich wollte nur mit dir zusammen sein, in deine wunderbaren grünen Augen blicken, dich küssen und dir sagen: ›Danke, dass du meine Mutter bist. Das Leben hat mich mit der besten Mutter der ganzen Welt gesegnet.‹«
    Tränen liefen ihr über die Wangen. Nachdem sie mich lange Zeit schweigend im Arm gehalten und sich wieder gefasst hatte, nahm sie schließlich mein Gesicht in ihre zarten Hände, sah mir in die Augen und sagte:
    »Was du gerade gesagt und getan hast, mein geliebter Sergio, ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe. Wenn eine Mutter diese Worte von ihrem Sohn hört, dann bedeutet das, dass sich all das gelohnt hat, was wir auf dieser Reise, die man Leben nennt, durchgemacht haben. Es heißt, ich habe es richtig gemacht, dass ich dich so geliebt habe. Wie sehr, wirst du erst verstehen, wenn du einmal eigene Kinder hast. Was du soeben gesagt hast, Sergio, gibt mir das Gefühl, dass mein Leben von Anfang an einen Sinn hatte, der stärker war als
alles andere. Egal, was die Zukunft noch bringt – dieser Moment, den wir gerade zusammen erleben, wird mir als Mutter immer der wichtigste bleiben: der Tag, an dem jemand, den ich als den Sinn meines Lebens betrachte, zu mir sagte: ›Danke, dass du meine Mutter bist.‹«
    Nutze den Augenblick, Daniel, umarme, küsse und liebe jeden Tag, egal, wo Du auf dieser Welt bist. Und geh nicht davon aus, dass andere wissen, was Du für sie empfindest. Sag es ihnen. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Etwas zu geben, ohne dafür etwas haben zu wollen, ist das schönste Geschenk, das es im Leben gibt.
     
    Einen Monat bevor ich nach Australien flog, starb Deine Großmutter an einem Schlaganfall.
    Ich wünschte, Du hättest sie kennengelernt. Ihr beide wärt unzertrennlich gewesen!

X
    Die Zeit in Australien habe ich wahrlich als einen meiner schönsten Lebensabschnitte in Erinnerung. Ich lernte damals etwas, das ich nie wieder vergessen werde: Das Glück liegt nicht immer nur am Ziel einer Reise, manchmal ist Glück die Reise selbst. Von Lateinamerika nach Australien fliegt man fast einen ganzen Tag. Es gab verschiedene Zwischenstopps, und ich beschloss, an den jeweiligen Orten eine bestimmte Zeit zu verbringen, nicht nur um den langen Flug erträglicher zu machen, sondern auch um neue Länder kennenzulernen. Ich blieb eine Weile auf der Osterinsel und besichtigte die berühmten Steinstatuen, die Moais. Die Brandung dort war phantastisch, allerdings traf man hin und wieder auf einen Weißen Hai.
    Mein nächstes Ziel war die bekannte Südseeinsel Tahiti. Plötzlich war ich von französischer Kultur umgeben und fand mich wieder in einer ganz eigenen Welt aus crêpes und allem, was sonst noch so dazugehört. Ich glaube, ich war noch nie
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