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Liebe Unerwuenscht

Liebe Unerwuenscht

Titel: Liebe Unerwuenscht
Autoren: Julia Arden
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der, wie er wusste, geteilten Meinungen der Vertreter des Personalrats.
    Das unruhige Gemurmel in der Kantine des Krankenhauses wurde immer lauter. Lohnkürzung, das war eben das sprichwörtliche rote Tuch für jeden Angestellten.
    Caroline stand auf. »Wenn Sie gestatten«, rief sie laut. Die Unruhe legte sich ein wenig. Die Blicke richteten sich auf sie.
    »Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage«, begann Caroline, beinah ein wenig wütend. »Aber ich schäme mich. Für jeden der bisher gemachten Einwürfe. Für diejenigen, die sie aussprachen genauso wie für diejenigen, die dazu nickten oder innerlich zustimmten. Für uns alle!« Immer mehr Stimmen, die bis eben noch miteinander diskutiert hatten, verstummten. Caroline registrierte es mehr nebenbei. »Sie alle wissen, ich bin eine Gegnerin der Privatisierung unseres Krankenhauses. Nicht zuletzt wegen der drohenden Personalreduzierungen. Und ein Argument, das ich benutzte, um Frau Feiler zu überzeugen, auf Entlassungen zu verzichten, war: Wir sind ein Team, wo jeder für den anderen einspringt. Ein Team, in dem Kollegialität selbstverständlich ist. Wir bilden einen Organismus, aus dem man nicht Teile einfach so entfernen kann. Wir sind eine Gemeinschaft. Einer für alle, alle für einen. Aber was ich hier höre, hat nichts mit Gemeinschaft zu tun. Was ich hier höre, sind teilweise verängstigte, teilweise egoistische Äußerungen und geben Frau Feiler recht, die sinngemäß antwortete: Sie irren, Frau Malin. Sie werden es noch lernen. Auch in Ihrer Gemeinschaft ist sich jeder selbst der Nächste.«
    Caroline machte eine Pause, in der auch diejenigen, die ihr bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten, ihre leisen Gespräche einstellten.
    Ruhe kehrte ein in den Raum.
    »Sie alle können über die Centrum Klinik AG und Frau Feiler denken, was Sie wollen«, fuhr Caroline fort. »Aber eines ist doch Fakt: Man hätte uns diese zweite Chance nicht geben müssen! Wenn Sie, liebe Kollegen, jetzt nicht über ihre Schatten springen, dann hatte Frau Feiler recht mit dem, was sie mir sagte. Und dann haben wir diese zweite Chance nicht verdient. Dann gehen Sie heute Abend nach Hause, erzählen Ihrem Partner, wie ungerecht es in der Welt bestellt ist und dass die Schließung der Abteilungen nicht zu verhindern war.« Caroline machte eine Pause. »Erzählen Sie Ihrem Partner aber auch, warum!« forderte sie nun. »Erzählen Sie, dass sie selbst den Schlüssel umgedreht haben. Weil Sie von anderen verlangt haben zu verzichten, selbst aber nicht dazu bereit waren. Ja, die Centrum Klinik AG will an uns verdienen. Für diejenigen, die es nicht wissen, AG bedeutet Aktiengesellschaft. Nicht Abgebegesellschaft. Wir wurden gekauft, weil man glaubte, an uns verdienen zu können, und nur deshalb.« Im Saal war es mittlerweile so still, beinah wie auf einem Friedhof. »Und dann stellt sich heraus: Das kann man nicht. Nun, die Centrum Klinik AG ist anscheinend in solchen Rückschlägen erprobt, denn sofort hat man dort eine Alternative parat, die das Ruder wieder herumreißt. Zu unserem Glück. Denn was wäre sonst passiert?« Caroline schaute sich um. Sah in betretene Gesichter. »Ja. Schließung, Kollegen. Und zwar komplett. Was übrigens der Plan der Stadt war, hätte sich kein Käufer für das Krankenhaus gefunden. Gibt es hier wirklich noch so viele, die das nicht begriffen haben?«
    Caroline brach ab. Sie wollte sich schon wieder setzen. Dann überlegte sie es sich noch einmal anders.
    Klar und eindringlich sagte sie: »Die Centrum Klinik AG reicht uns zum zweiten Mal die helfende Hand. Und wir führen uns auf wie verwöhnte Kinder.« Caroline holte noch einmal Luft, endete dann mit dem Satz: »Es liegt in unserer Hand, wie es weitergeht.«
    Betretene Gesichter, Hausmanns anerkennendes Kopfnicken. Caroline setzte sich. Und fragte sich: Hatte sie das eben tatsächlich gemacht? Hatte sie Jennifers Argumente benutzt?
    Nein, es waren ihre eigenen Worte gewesen, ihre eigene Überzeugung. Zumindest was diesen Fall betraf, stimmte, was Jennifer immer behauptete: Sie versuchte den Leuten zu helfen. Es gab eben ganz verschiedene Arten, das zu tun.
    Eine neue Diskussionsrunde begann. Diesmal fielen die Wortmeldungen bedachter aus. Bei der anschließenden Abstimmung fand sich eine deutliche Mehrheit für Hausmanns Vorschlag.
    Caroline sah zu, wie die Leute nach und nach die Kantine verließen, die wieder ihren normalen Betrieb aufnahm. Sie blickte erstaunt auf, als jemand zwei
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