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Liebe und Gymnastik - Roman

Liebe und Gymnastik - Roman

Titel: Liebe und Gymnastik - Roman
Autoren: Edmondo de Amicis
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strebte er mit allen Mitteln nach Berühmtheit und hatte viele unterschiedliche Ambitionen; deren oberste und erste war, ein Gerät zu erfinden, das dann seinen Namen tragen würde.
    Und wieder zog er über den Tänzer her, machte sich selbst zum Vorwurf, den Begriff «Gymnastik» entweiht zu haben, indem er ihn mit dem Tanz in Verbindung brachte, wie ihn die Akrobatengruppen stets entweihten, wenn sie das Adjektiv «gymnastisch» für sich beanspruchten; und er wetterte gegen die Regierung, die trotz der Eingaben des Zweiten Kongresses der Föderation nach wie vor nichts unternahm, diesen Gauklern die Schmähung der Wissenschaft zu untersagen. Dabei wären alle Probleme gelöst gewesen, würde man, wie er vorgeschlagen hatte, den vornehmeren und logischeren Begriff der «Leibeserziehung» verwenden. Dann fragte er brüsk, in baumannscher Manier: «Neuigkeiten?»
    Die Frau tischte ihm die Neuigkeit auf: Don Celzani, der die Maestra Pedani heiraten wollte. Doch während sie dies sagte, entdeckte sie im Gesicht ihres Mannes keineswegs den Ausdruck von Eifersucht, den sie sich erwartet hatte. Tatsächlich empfand er für die Pedani nichts weiter als die Bewunderung des Kfz-Mechanikers für ein schönes Auto, und er hatte in ihr nie etwas anderes gesehen als ein Mittel zur Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele. Die Nachricht war ihm aber trotzdem unangenehm, weil er vorhersah, dass sie ihm entgleiten würde, sobald sie verheiratet wäre, und er dann ohne «Stil» dastehen würde. Doch diesen Gedanken sprach er nicht aus.
    «Unsinn!», sagte er stattdessen. «Eine echte Gymnastiklehrerin darf keinen Mann nehmen, sie muss sich wie ein Soldat die Freiheit von Körper und Seele bewahren. Die Maestra Pedani muss sich ganz ihrer Mission widmen. Und ihre Mission ist nicht, Kinder in die Welt zu setzen, sondern die Kinder der anderen geradezubiegen. Sie wird eine solche Dummheit nicht begehen. Ich werde sie überzeugen.»
    Dann fragte er plötzlich: «Ja, aber wie kann sich denn dieser Frömmler unterstehen, sich in ein so schönes Mädchen zu verlieben?»
    Signora Fassi wagte ein paar Beobachtungen über die Schönheit. Sie fand zum Beispiel, dass Don Celzani eine vornehmere Art habe als die Pedani. Und dann war sie eine Frau ohne Gefühl. Das sah man doch. Auch die Zibelli machte ihre Bemerkungen. Sie hatte eine schöne Taille, das war aber auch alles. Im Übrigen überhaupt keine feinen Züge: Sie war zu groß, es fehlte ihr an Anmut, zu Hause stieß sie überall an, sie hatte den Gang einer Elefantin.
    Der Maestro zuckte mit den Schultern. «Das ist doch alles völlig egal», sagt er. «Die Pedani ist nichts für ihn. Mal ganz abgesehen davon, dass er ein Esel ist und sie eine Frau von Talent.»
    «Talent!», rief die Signora an die Zibelli gewandt. «Mein Mann korrigiert ihr ihre Artikel.»
    Die Zibelli kannte die Wahrheit in dieser Sache, aber lächelnd tat sie so, als glaubte sie es, und sagte ernst: «Sie beherrscht keinen Satzbau. Sie schreibt sprunghaft.»
    «Das stimmt», bemerkte der Maestro. «Ja, was den Journalismus angeht, wäre es besser, sie würde eine bescheidenere Rolle einnehmen, wo sie nicht so sehr im Rampenlicht steht. Es gibt Probleme auf dem Gebiet der Gymnastik, die kann und darf eine Frau nicht behandeln. Aber kurz und gut … Don Celzani wird sie nicht heiraten, ihr werdet sehen. Ich will ihm schon etwas flüstern. Ich weiß, wie man es anstellen muss, damit diese Messdiener den Schwanz einkneifen …»
    Er wurde von einem Klingeln unterbrochen. Es war die Pedani, die vom Alpenverein zurückkehrte. Der Vortrag war ausgefallen, und sie kam nun die Freundin abholen. Sie trat ins Zimmer, wollte sich aber nicht setzen. Von der frischen Abendluft war ihr Gesicht leicht gerötet, sie keuchte ein wenig, was die Nasenlöcher weitete und ihren mächtigen Busen hob, und die ganze Gestalt zeichnete sich in so kühnen und kräftigen Umrissen schwarz vor der weißen Wand ab, dass Signora Fassi das Wort an ihre Kinder richten musste, um die bei diesem Anblick eingetretene bewundernde Stille zu unterbrechen.
    «Ich bin hergekommen, um dich abzuholen», sagte sie zur Zibelli, wobei sie in das dritte Wort vier «r» legte, und wer sie nur gehört hätte, ohne sie zu sehen, hätte sie eher für den Ehemann als für die Freundin halten können.
    Die Zibelli stand auf, und nach ein paar weiteren Worten mit den Hausherren verließen beide das Zimmer, die Pedani zuletzt, wobei sie einen Augenblick lang den Rahmen der halb
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