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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seelischen Stabilisierung bei. Er sagte: »Möglich ist alles, 'ne falsche Postleitzahl, und schon trudelt der Brief herum. Wird ja alles mechanisch gelesen. Eine Art Computer, der die Briefe sortiert. Aber auch Computer können sich irren. Fehlt Ihnen denn ein Brief?«
    »Nein, nein!« Sie hatte abgewunken. »Es war nur eine grundsätzliche Frage.«
    »Einschreiben ist immer sicherer.«
    »Natürlich.«
    Am Ende der dritten Woche spielte sie mit dem Gedanken, in München beim Einwohnermeldeamt nachzufragen, wo ein Ludwig Zipka wohnte. Doch dann verwarf sie diese Idee wieder. Anrufen mochte sie nicht – um keinen Preis!
    Nach vier Wochen begann sich Kathinka Sorgen um sich selbst zu machen. Ich bin dreißig Jahre alt, sagte sie sich. Verdammt, das ist doch noch jung! Die besten Jahre einer Frau liegen noch vor mir. Aber immerhin ist man mit dreißig nicht mehr taufrisch, und es gibt Männer, die eine Frau über dreißig schon mit einer gewissen Altersehrfurcht begrüßen.
    Wenn Zipka auch dazu gehört, bitte sehr! Dann soll er sich in den Diskotheken herumdrücken und sich dort Mädchen suchen. Jeder nach seinem Geschmack … Meiner ist es nicht! Aber solche Gedanken bohrten und waren wie ein Wurm, der einen knackigen Apfel durchhöhlt. Kathinka stand jetzt abends öfter vor dem Spiegel und betrachtete sich. Müde sehe ich aus, kritisierte sie dann ihr Spiegelbild. Abgeschlafft. Ränder unter den Augen, kleine Falten in den Mundwinkeln. Und der Blick ist etwas müde. Eigentlich kein Wunder, wenn man sich zehn Stunden mit hunderterlei Dingen herumschlägt, neue Pläne entwickelt, die Detailzeichnungen der Kollegen durchspricht, mit Bauherren verhandelt, auf den Baustellen den Fortgang der Arbeiten kontrolliert, die Angebote der Schreiner, Elektriker, Installateure und Dachdecker durchrechnet und mit Entsetzen feststellt, daß die vereinbarten Termine nie eingehalten werden können, weil der eine nicht pünktlich liefern kann und der andere in Urlaub gefahren ist. Jeden Tag zehn Stunden lang eine Springflut von Neuigkeiten und Entschlüssen – das gräbt sich in einen Menschen ein, vor allem in sein Gesicht. Kathinka Braun versuchte es mit äußeren Retuschen: Sie änderte die Frisur, sie wechselte das Make-up, sie lag jeden zweiten Tag unter der Höhensonne, sie ließ den Alkohol weg und trank nur noch Fruchtsäfte, ging früher ins Bett und schwamm jeden Morgen zehn Runden im Pool des Appartementhauses. Mit anderen Worten: Sie nahm sich mehr Zeit für sich selbst.
    Auch Herbert Vollrath merkte die Veränderung: die Theaterbesuche wurden knapper, und die Stunden nach der Oper oder einem Konzert, die sie früher bei Kathinka mit Cocktails und langen Gesprächen verbracht hatten, fielen völlig weg.
    »Was ist los mit dir?« fragte Vollrath eines Tages.
    »Nichts …«
    »Du weißt genau, daß diese Antwort falsch ist! Du bist nervös, gereizt, wie eine scharfe Bombe, die man nicht anrühren darf, sonst geht sie in die Luft. Du lebst gewissermaßen – außerhalb deiner Haut!«
    »Blödsinn!«
    »Auch das hättest du früher nicht gesagt. Wo liegen deine Sorgen?«
    »Vielleicht in der Neugier meiner Umwelt und in ihren bohrenden Fragen«, erwiderte Kathinka angriffslustig. »Mein Gott, laßt mich doch in Ruhe! Ich fühle mich blendend, mein Blutdruck ist normal, meine Hirntätigkeit zeigt keine Ausfälle – was wollt ihr mehr?«
    »Du bist ganz einfach urlaubsreif.«
    Das hätte Vollrath nicht sagen dürfen, aber wie sollte er das wissen? Sie fuhr herum, blitzte ihn an und sagte gepreßt: »Ich fahre nicht in Urlaub! Dieses Jahr überhaupt nicht! Sieh mich nicht so an wie ein bettelnder Hund. Gute Nacht!« Sie ließ Vollrath stehen und verschwand im Haus.
    Herbert schüttelte nur den Kopf und wartete, bis der Lift nach oben schwebte. Wie alle dachte auch er: Der tägliche Streß macht sie fertig. Es ist einfach zuviel für sie. Wenn sich Männer schon in ihrem Beruf verschleißen, um wieviel mehr dann eine Frau!
    Und plötzlich, morgens um neun Uhr, klingelt das Telefon, und diese verfluchte, so sehr vermißte Stimme sagt: »Hier spricht Zipka.«
    Kathinka Braun atmete tief durch und trank einen Schluck heißen Tee. Sagen konnte sie im Augenblick nichts. Zipkas Wiederauftauchen war zu plötzlich. Kathinka starrte aus dem Fenster über die Dächer von Hannover. Die Morgensonne vergoldete Ziegel und Schindeln. Eine Großstadt im Märchenglanz.
    »Hören Sie mich?« fragte Zipka, weil seine Fröhlichkeit so ganz ohne
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