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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Panoramafenster. Sie drückte die Stirn gegen die Scheibe und merkte erst jetzt, wie heiß ihr Kopf war, weil sich das Glas so köstlich kühl anfühlte.
    Sie wartete, Sie saß untätig herum, sie las in der Morgenzeitung, ohne aufzunehmen, was sie las und verbrachte so eine ganze Stunde. Das Telefon schwieg. Ein ekelhafter Mensch, dachte sie. Ein Dauerredner! Ein Schwätzer, der sich sehr klug und charmant vorkommt; ein Blender, der mit Worten jongliert, um dahinter seine geistige Hohlheit zu verbergen. Die Zipkasche Camargue-Fliege! Wenn man so etwas hört …
    Schließlich begann Kathinka zu packen. Zwei Koffer, zwei große Reisetaschen, ein Transistorradio, einen Kamerabeutel, das starke Fernglas. Mit dem Lift brachte sie alles in die Tiefgarage und belud damit ihren Wagen.
    Dann rief sie den völlig überraschten Herbert Vollrath an, um sich zu verabschieden.
    »Ich fahre nun doch«, sagte sie. »Ich habe mich ganz kurz entschlossen. Ich dachte, in die Camargue …«
    »Allein? Kathi, da kommst du doch vor Einsamkeit um! Das ist keine Gegend für eine alleinreisende Frau! Die Weite und die Eintönigkeit machen dich verrückt!«
    »Ich brauche Ruhe, Herbert. Absolute Ruhe.«
    »Du bist nicht die Frau, die wochenlang wie der erste Mensch leben kann. Wenn schon diese Gegend, dann fahre in die Provence. Besuche Arles, Avignon, Nîmes … Tanke Kunst und die Sonne von Jahrhunderten. Durchstreife das Land der Troubadours!«
    »Vielleicht.« Sie blickte über das Lichtgeflimmer der nächtlichen Großstadt. »Kennst du zufällig ein Buch, das in der Camargue spielt?«
    »Da gibt es viele Bücher.«
    »Eins, in dem sich ein Pferd – in seine Reiterin verliebt?«
    »So etwas Blödes lese ich nicht, Kathi.«
    »Das stimmt, das Buch soll furchtbar blöd sein. Ich habe auch nur davon gehört. Also dann, mach's gut, Herbert. In sechs Wochen hörst du wieder von mir.«
    »Halt, Kathi.« Vollraths Stimme klang gehetzt. »Wann fährst du?«
    »Morgen. Ganz früh. So gegen fünf Uhr. Warum?«
    »Ich wollte dir einen Abschiedskuß geben. Darf ich noch vorbeikommen?«
    »Nein, Herbert. Bitte nicht. Warum denn alles komplizieren?«
    »Soll ich mitfahren? Ein Wort von dir …«
    »Du bist mein liebster Freund. Bitte, bleibe es!«
    In der Nacht schlief Kathinka Braun kaum. Sie hörte in einer Art Dämmerschlaf den Wecker ticken, irgendwo in der Wohnung knackte es, dann war es ihr, als belausche sie ihren eigenen Atem. Trotzdem schrak sie aus tiefem Schlaf hoch, als der Wecker klingelte. Vier Uhr morgens. Über Hannover ging die Sonne auf. Blutrot, in Wolken schwimmend. Die Dächer flammten, als brenne die ganze Stadt.
    Kurz vor fünf Uhr bog Kathinka in die Auffahrt des Hotels ›Welfenpark‹ ein und bremste forsch vor dem säulengetragenen Eingang. Ludwig Zipka saß auf einem mittelgroßen Koffer und winkte ihr zu.
    Der Nachtportier, der ihm bis jetzt Gesellschaft geleistet hatte, kam mit einem Rucksack und einer zusammengeklappten Staffelei aus dem Hotel. Verwundert sah Kathinka zu, wie der Mann Koffer, Rucksack und Staffelei auf dem Hintersitz verstaute und dann mit einem freundlichen »Gute Reise« wieder im Hotel verschwand.
    Zipka riß die Beifahrertür auf. »Woher wußten Sie, daß ich um fünf Uhr hier vorbeikomme?« fragte Kathinka, nicht sehr freundlich.
    »Intuition! Ich sagte mir: Wenn sie beim Morgengrauen aufsteht, muß sie gegen fünf Uhr hier sein. Ich habe vor einer Viertelstunde bei Ihnen angerufen, keiner meldete sich – also waren Sie unterwegs.«
    »Frechheit!«
    »Ich würde es eher den Ausdruck einer einfühlsamen Genialität nennen.« Ludwig Zipka setzte sich in das weiche Lederpolster und schnallte sich sofort an. Dann faltete er die Hände und seufzte: »Nur zur Information: Ich habe meine Lebensversicherung erhöht.«
    »Sie können sofort wieder aussteigen!« fauchte Kathinka ihn an. »Ist das Ihr ganzes Gepäck?«
    »Ich bin ein bescheidener Mensch.«
    »Was wollen Sie mit der Staffelei? Malen Sie etwa auch noch?«
    »Sie haben vergessen, daß ich die Zipkasche Camargue-Fliege entwerfen will?«
    »Auf einer Staffelei? Wie ein Ölgemälde?«
    »Meine Fliegen sind Kunstwerke, das werden Sie noch erkennen. Ich wette mit Ihnen, daß Rembrandt solche Fliegen nicht malen konnte.«
    »Das glaube ich Ihnen. Aber ich warne Sie. Ich bin sehr impulsiv.«
    »Herrlich!«
    »Vielleicht schlage ich Ihnen das Bild auf den Kopf!«
    »Kopf! Das ist es!« Zipka sah Kathinka von der Seite an. »Sie haben eine andere
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