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Liebe ist der größte Schatz

Liebe ist der größte Schatz

Titel: Liebe ist der größte Schatz
Autoren: SOPHIA JAMES
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Begleiters nicht erwehren können und dafür büßen müssen.
    Tief durchatmend trat sie hinter der Chaise hervor und bedeutete Azziz und Toro, zurückzubleiben.
    „Lassen Sie die junge Dame gehen.“ Ihre Stimme klang dunkel und rau, was ihrer natürlichen Tonlage deutlich näher kam als das helle Zwitschern, das sie sich von den jungen Damen des ton abgelauscht hatte. Um ihre Forderung zu unterstreichen, zog sie ihr Messer, was jedoch den Mann ihr gegenüber nicht sonderlich zu beeindrucken schien.
    „Wer zum Teufel sind Sie?“
    Sie überhörte die Frage und wandte sich dem Mädchen zu. „Überlegen Sie sich gut, ob Sie wirklich mit diesem Gentleman durchbrennen wollen, Miss. Denn ich vermute, er ist nicht so respektabel, wie Sie es sich erhoffen. Ich an Ihrer Stelle würde unverzüglich nach Hause zurückkehren.“
    Der Mann, den die junge Dame Stephen genannt hatte, machte Anstalten, sich aufgebracht auf sie zu stürzen, womit Emerald zum Glück gerechnet hatte. Ohne zu zaudern stach sie mit dem Messer in den Knoten seines Krawattentuchs und zwang ihn auf diese Weise, auf der Stelle innezuhalten. „Ich würde Ihnen raten, Sir, über den Grund Ihrer nächtlichen Exkursion zu schweigen. Lasten Sie das Vorkommnis Ihrer Dummheit an oder dem Brandy, wenn Sie wollen. Aber wenn auch nur eine Andeutung dessen, was sich hier zugetragen hat, im ton kursiert, sollten Sie um Ihre Gesundheit besorgt sein.“
    „Drohen Sie mir?“
    „Allerdings.“
    Wütend holte der Mann aus, um ihr eine Ohrfeige zu versetzen, doch Emerald gelang es, den Schlag halbwegs abzuwehren. Sie stieß Stephen mit so viel Wucht von sich, dass er stürzte und mit dem Kopf auf das Pflaster schlug. Keine sehr elegante Art, zu Boden zu gehen, dachte sie amüsiert und fasste sich an die brennende Wange. Dann gewahrte sie, dass das Mädchen sie erschrocken anstarrte.
    „Ich mochte seine Fragen nicht.“ Emerald hatte das Gefühl, sich für ihr Eingreifen rechtfertigen zu müssen.
    „Haben Sie ihn getötet?“
    „Nein, er dürfte lediglich in seinem Stolz verletzt sein – in genau dem Maß, hoffe ich, wie er Ihren verletzt hat.“
    „Er ist ganz anders als ich dachte. Ich wage mir kaum vorzustellen, was geschehen wäre, wenn Sie mich nicht gerettet hätten, Mr. …?“
    „Kingston“, platzte es aus Emerald heraus, doch kaum hatte sie den verräterischen Namen ausgesprochen, brach ihr vor Schreck der kalte Schweiß aus.
    Die junge Dame ergriff ihre Hand. „Mr. Kingston“, hauchte sie atemlos und fing plötzlich an zu weinen. Ihr anfänglich leises Schluchzen steigerte sich binnen weniger Augenblicke zu einem so heftigen Weinkrampf, dass der Wirt der Taverne vor die Tür trat, um nachzusehen, was draußen vor sich ging. Emerald befand sich in der Zwickmühle. Die Zeit lief ihr davon, denn die Sonne würde in Kürze aufgehen, andererseits konnte sie dieses hilflose Geschöpf nicht einfach im Stich lassen.
    „Wie alt sind Sie?“, fragte sie das Mädchen, nachdem sie Azziz ein Zeichen gegeben hatte, die Mietdroschke zu wenden.
    „Siebzehn. Aber ich werde in drei Monaten achtzehn. Wenn Sie mich nicht gerettet hätten, wäre ich jetzt …“ Sie brach ab und begann wieder zu schluchzen.
    Gütiger Himmel, dachte Emerald. Ich bin nur vier Jahre älter als sie, gleichwohl scheine ich um ein Mehrfaches welterfahrener zu sein. Mit siebzehn hatte sie die Meere von der Karibik bis nach Ostindien besegelt, jedes Mal von der düsteren Aussicht begleitet, dass sie oder irgendein anderer an Bord den Tod fand. Bereits damals hatte es für sie keine heile Welt mehr gegeben, und das Herz wurde ihr schwer, wenn sie heute daran dachte. Im Gegensatz zu ihr wuchsen die jungen Damen in England, die aus gutem Hause stamm ten, behütet wie zarte Pflänzchen in einem Gewächshaus auf. Entsprechend verletzlicher waren sie jedoch auch, wenn ihnen tatsächlich einmal ein Leid geschah – wie diesem Mädchen.
    „Wenn Sie mich nicht gerettet hätten …“, wiederholte das Mädchen und fuhr fort: „Mein Bruder warnte mich und befahl mir, mich von Westleigh fernzuhalten. Er erlaubte mir nicht einmal, mit ihm zu sprechen, aber vermutlich war es genau diese Strenge, die mich dazu verleitete, trotzig und unvernünftig zu reagieren.“ Ihre Verzweiflung wich gesunder Wut auf den Mann, der ausgestreckt zu ihren Füßen lag. „Nichts an ihm ist vornehm, höchstens sein Gehrock.“ Sie kicherte. „Dabei fand ich immer, dass er ausgesprochen modisch gekleidet ist. Übrigens bin
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