Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huldar Breiðfjörð
Vom Netzwerk:
als sie davonfuhren. Das Verfolgungsspiel dauerte nicht lange, denn sie fuhren zu einer gelben Halle in etwa hundert Metern Entfernung, drehten dort um, hielten an und beäugten mich argwöhnisch aus dem Auto. Ich kurbelte die Scheibe runter und fragte, ob man wohl im Gimli eine Unterkunft kriegen könnte. »Ach, da frag mal die Mädels oben bei Esso. Die müssten das wissen«, antwortete der Vater.
    Die Tankstelle offenbarte sich gleichzeitig als Lebensmittelladen des Ortes, und als ich hineinging, sortierten die Frauen gerade Waren in die Regale ein. Sie boten mir Kaffee an und sagten, dass ich den, dersich um den Gasthof Gimli kümmere, in der Buchhandlung Gimli erreichen könne, wenn sie um drei geöffnet werde.
    »Wird in Hellissandur Siesta gehalten?«
    »Siesta?«, fragte die eine.
    »Hier ist das Leben eine ständige Siesta«, sagte die andere.
    Ich setzte mich mit der Kaffeetasse in der Hand auf die Heizung am Fenster und fühlte mich, als hätte ich viele Stunden im Schnee gespielt, und jetzt wäre Kakaozeit. Das war an sich gar nicht so weit hergeholt. Nicht mehr als fünfzehn Jahre oder so. Ich habe angefangen Kaffee zu trinken und die Fahrerlaubnis gemacht, aber ich empfand mich immer noch als denselben kleinen Jungen. Während ich auf der Heizung saß und den jungen Frauen beim Arbeiten zusah, dachte ich darüber nach, wann ich wohl groß werden würde. Wann würde ich endlich ich werden? Die Mädels waren zu beschäftigt, um zu schwatzen, deshalb beschloss ich, in der Grundschule vorbeizuschauen, in der Hoffnung, eine Lehrerin oder einen Lehrer zu finden, der mich begierig über Hellissandur informieren würde.
    Um irgendeinen Vorwand für einen Kaffeeplausch zu haben, wählte ich drei Bücher aus dem Karton von Bjartur und benutzte sie als hausgemachte Einladungskarte zum Lehrerzimmer. Auf der Couch saß ein bärtiger Mann und sprach ins Telefon in diesem etwas müden, resignierten Ton, der sich aller Lehrer nach jahrelangem Umgang mit mehr oder weniger frechen Grundschulkindern bemächtigt. »Ach so. Dann soll es eben so sein. Die Dinge müssen natürlich ihren Gang gehen. Ja.« Er sah mich fragend an, wies dann auf eine Frau in einer Ecke, die, uns den Rücken zugewandt, Kaffee aufgoss. Ich sah, dass sie die Kaffeekanne hielt, und überlegte, wie ich mich ihr nähern sollte, ohne sie zu erschrecken. Mich räuspern? Leise Hallo sagen? Die Nase hochziehen? Ich stand still und wartete, doch der Mann winkte nur noch heftiger mit der Hand in ihre Richtung. Ich machte einen kläglichen Versuch, die Frau nachzuahmen, indem ich die rechte Hand hob und zu verstehen gab, dass sie kochend heißen Kaffee in der Hand hielt. Der Mann kniff verständnislos die Augen zusammen und dachtesicherlich, ich sei geistesgestört. Ich schüttelte die rechte Hand und pustete drauf, so als ob ich mich verbrannt hätte. Er kapierte offensichtlich nichts. Obwohl ich mich wie ein Idiot fühlte, war es mir jetzt wichtig geworden, dass der Mann mich verstand. Ich versuchte, die Szene noch mal im Ganzen zu wiederholen. Hob die rechte Hand, als hielte ich etwas, schüttelte sie, verzog das Gesicht und blies mir auf die Fingerspitzen.
    »Hallo?«
    Ich zuckte zusammen. Die Frau hatte sich umgedreht und schaute verschmitzt abwechselnd auf mich und den Mann. Ich mimte ein Lachen: »Was ist denn das? Ja, hallo! Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass ich dich nicht erschrecken wollte, während du den Kaffee in der Hand hattest. Du hättest dich verbrühen können.«
    Sie wurde noch verschmitzter: »Er hat bestimmt gedacht, du versuchst mit ihm Activity zu spielen.«
    Ich lachte wieder. Sie sah mich forschend an und erwartete offensichtlich eine Erklärung dafür, warum sich dieses zu groß geratene, neurotische Kind in Fleecepullover, Anorak, Windhose und mit Mütze auf dem Kopf hier eigentlich herumtrieb. Inmitten von Lehrern in weißen Pantoffeln.
    Ich schaute an mir herab und sagte: »Ich fahre den Ring um Island.«
    »Tatsächlich. Soso.«
    »Und ich möchte der Schule drei Bücher schenken.«
    Sie musterte mich noch intensiver und sagte dann unerträglich sanftmütig, so als würde sie dem Kind helfen, seine Angelegenheit auszudrücken: »Du fährst also gerade die Ringtour und willst der Schule drei Bücher schenken.«
    Auf dem Weg von der Tankstelle hatte ich mich schon mit den Lehrern in einem geistreichen Gespräch über das Leben auf dem Lande gesehen. Sie hätten so viel Freude an diesem intellektuellen Menschen, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher