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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition)
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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Lappländer ist kastenförmig, so dass man mit den Zehen fast auf der Stoßstange sitzt. Dass der Wagen bei starkem Seitenwind umkippen könnte. Seine Kastenform schien mir prädestiniert dafür. Und dass ich mich auf einer Bergstraße befinden könnte, einen glatten Hang hinauffahrend, zur Rechten ein steil abfallender Abhang, und die Kontrolle über den Wagen verlieren würde, so dass er rückwärts zu rutschen begänne. Ein Lappländer wiegt eine Tonne, der Abstand zwischen den Rädern ist kurz. Daher ist der einzige Rat, wenn so etwas passiert, das Vaterunser zu beten und zu hoffen, an einer guten Stelle zu landen.
    Aber ich hatte niemals damit gerechnet, dass das alles zugleich passieren könnte. Und dazu in völliger Finsternis. Der Lastwagen kam schnell näher und wuchs sich mehr und mehr zu einem 18-rädrigen Monster aus mit einem Hänger im Schlepptau. Ich hatte keine Ahnung, wie wir aneinander vorbeikommen sollten. An Ausweichen war für mich nicht mal zu denken, weil ich überhaupt nichts sah und Gefahr lief, entweder den Hang hinunterzustürzen oder mich festzufahren. Und wenn ich den Wagen anhielte, bekäme ich ihn nicht wieder in Fahrt, um die starke und eisglatte Steigung hinaufzukommen. Der Lastwagen war einige Meter entfernt, als der Fahrer eine Art Hupe betätigte und 5 bis 8 starke Scheinwerfer auf dem Dach seines Gefährts einschaltete. Der Hang erhellte sich schlagartig. Zur Rechten ging es steil abwärts, und ich musste mich wohl einfach damit abfinden, dass das Letzte, was ich sehen würde, das Scania-Logo wäre.Augenblicklich aber erloschen die Dachlichter wieder. Der Lastwagen schoss vorbei, so dass Lappi einen Satz machte und von der Straße springen wollte. Doch ich schaffte es, ihn rumzureißen, und er zuckelte tatsächlich weiter hinauf. Im Nachhinein war es beruhigend, wie schnell der Lastwagen gefahren war. Wenn er so schnell unterwegs war, schien es auch für mich kein Problem zu geben, zumal, wenn ich so langsam fuhr.
    Fliegend zu fahren? Die Hänge wurden noch steiler und glatter. Die stärksten Windböen schüttelten den Wagen hin und her, und es schneite inzwischen so stark, dass die Sichtweite bei ungefähr einem Meter lag. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. Immer wenn ich dachte, jetzt erreiche ich den Gipfel auf dieser verfluchten Fróðárheiði, erschien eine weitere Kuppe, meist eine noch viel steilere. Obwohl ich langsam begann, ungeduldig zu werden, bereitete mir etwas anderes noch mehr Sorgen. Lappi schien außer Atem.
    Es war dieser Augenblick, als ich vollends begriff, dass wir diese Reise
zusammen
unternahmen. Ohne perfekte Zusammenarbeit, Verständnis und gegenseitige Geduld wären wir verloren. Todesmutig hielt ich das Lenkrad umklammert, und es schien mir, wir hielten uns bei den Händen. Wenn ich einfach so das Gas wegnähme und runterschaltete, würden wir beide unseren gegenseitigen Halt verlieren. Ich musste lernen, ihn genau in den richtigen Momenten zurückzuhalten, ihn dazwischen aber loslassen und ihm vertrauen. Er musste sich beruhigen, wenn ich gestresst war, sich langgezogene Hänge hinaufkämpfen, die Zügel übernehmen, wenn ich durchdrehte. Und das sollte er noch erleben. Über diese Bergstrecke zu kommen war die erste Prüfung. Es war nicht genug, zu lenken, ich musste fahren, denken, mich anstrengen. Mit ihm arbeiten und nicht gegen ihn. Nach einer halben Stunde beständigen Bergauffahrens bei einer Geschwindigkeit von zwanzig Stundenkilometern kam ein starkes Seitengefälle dazu, so dass ich noch mehr vom Gas gehen musste, um mit dem Wagen nicht die Bodenhaftung zu verlieren und zur Seite zu rutschen.
    Auf dem Pass spielte das Wetter dann völlig verrückt, und die Straßewar unter Schnee verschwunden. So versuchte ich, mich an den gelben Markierungsstäben zu orientieren. Als mir der Gedanke kam, ich hätte mich verfahren und wäre dabei, irgendeine Piste hinter den Bergen zu fahren, die direkt in die Hölle führte, begannen die Hänge, sich endlich wieder abwärts zu neigen. Nach und nach fuhr es sich leichter, es hörte auf zu schneien, und die spiegelglatte Straße kam wieder ans Licht. Wir zwei Kameraden kamen im ersten Gang aus der Prüfung gekrochen und nahmen Kurs auf Ólafsvík.

Snæfellsnes
     
    Das Gästehaus von Ólafsvík liegt am Hafen und war früher in der Fischereisaison die Arbeiterunterkunft des Ortes. Jetzt sind einige der Zimmer herausgerissen worden, um Raum für einen Speisesaal zu schaffen. Es gibt Tische und
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