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Liebe im Spiel

Liebe im Spiel

Titel: Liebe im Spiel
Autoren: Kate Saunders
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gestrandet zu sein.
    Nach dem Tod des großen Mannes hatte Edward das fortschreitende Chaos und die Verwahrlosung in Melismate nur vage wahrgenommen. Zwischen Belehrungen berieselte er die Hastys jedoch mit Freundlichkeit. Der große Mann hatte ihm bei seinem Tod bedeutende Summen Geldes geschuldet, was er nie erwähnte. Er hatte nach dem Tod des großen Mannes das Aufräumen übernommen, als niemand sonst ertragen konnte, es zu tun. Als sich Selena bei einem Fahrradsturz den Knöchel brach, hatte er sie jeden Morgen in seinem Landrover zur Schule gefahren. Selena hatte keine Dankbarkeit gezeigt. Wie Rose sagte, hatten Edwards Gunstbezeigungen etwas leicht Strafendes. Er wollte, dass sie der Realität ins Auge blickten, aber sie hatten unterschiedliche Ansichten darüber, wie die Realität wirklich aussah.
    Rose erhob sich mürrisch. »Ich weiß, dass er nur versucht, freundlich zu sein«, murrte sie, während sie ihr Weinglas erneut füllte. »Das macht es ja so schrecklich – warum ist es so leicht, sich über jemanden zu ärgern, der freundlich zu sein versucht? Und der arme Kerl wird in seinem Haus nicht viel Weihnachtsfreude erleben.«
    Sie hielt jäh inne. Reculver stand im Eingang. Er sah Rufa und Rose ernst an und schaute sich dann im Raum um. Sein Blick schien ein gespenstisches, unbarmherziges Licht auf Untertassen, die randvoll Zigarettenkippen waren, braune Zuckerstücke und den anämischen Suppentopf auf dem Herd zu werfen.
    »Hallo«, sagte er.
    Er küsste nie jemanden auf die Wange, aber Rufa ging bewusst zu ihm und küsste ihn auf die Wange. Er war immerhin ihr Pate, und sie achtete mehr als die anderen auf angemessene Dankbarkeit. Reculver war ein großer, hagerer Mann irgendwo in den Vierzigern. Er trug einen kurz geschorenen, eisengrauen Bart. Sein dichtes Haar war ebenfalls eisengrau. Er ließ es an jedem Markttag beim Friseur kurz scheren. Er sah sehr gut aus, obwohl es nicht das war, was Menschen zuerst bemerkten.
    »Edward«, sagte Rose matt, »welch nette Überraschung.«
    Reculver verschwendete keine Worte. »Such ein paar trockene Kleider, sonst wird dieser Mann an Lungenentzündung sterben.«
    »Mann?«, echote Rose. »Welcher Mann?«
    Reculver schaute über die Schulter. »Kommen Sie herein – hier ist es wenigstens geringfügig wärmer.«
    Er trat beiseite, um einen Fremden einzulassen. Der Fremde trug einen Anzug und eine Krawatte sowie Städterschuhe. Er war tropfnass und mit antrocknendem Schlamm beschmiert.
    »O ja, das ist Berry«, erklärte Ran unbekümmert. »Er ist mit mir zur Schule gegangen.«
    Berry war ein rundlicher, rosiger, junger Mann mit den Augen eines erschreckten Wildes hinter einer Designerbrille.
    »Hector Berowne«, sagte er. Und nachträglich: »Hallo.«

Kapitel Drei
    Hector Berowne hatte, als er seinen BMW über die eisglatten Straßen lenkte, keine Ahnung, dass er in eine andere Dimension eintreten würde. Er hatte angenommen, sein Ziel wäre ein freundliches Farmhaus – mit Kamin und ganz aus goldfarbenem Stein –, das er und seine Verlobte Polly für den Urlaub für teures Geld gemietet hatten.
    »Good King Whatsit pom-pom-pom«, sang er vor sich hin.
    Berry besaß die Gabe der Zufriedenheit. Der Verdruss der Arbeit fiel von ihm ab, während er bei den bevorstehenden Freuden verweilte. Seine Eltern, mit denen er den Urlaub normalerweise verbracht hätte, besuchten Diplomatenfreunde auf den Bermudas. Sein Stadtbüro lag zwei ganze Wochen lang hinter ihm. Nicht mehr um Viertel vor sechs aufstehen. Nicht mehr zu erschöpft sein, um Sex zu haben. Und er liebte die Vorfreude auf den Heiligabend immer noch. Holzfeuer und roter Bordeaux, während um Mitternacht die ganze Welt den Atem anhielt – er wusste genau, dass es perfekt sein würde.
    Polly hatte im September angefangen, Mietshäuser auf dem Lande auszusuchen, und hatte die vergangenen sechs Wochen damit verbracht, Schinken zu bestellen und Laken zu bügeln. Polly, die Berry seit ihrem ersten Jahr in Oxford behaglich liebte, legte großen Wert auf Korrektheit – Salons und Servietten, Portwein schwenken und keine gelben Blumen im Garten. Sie reagierte bezüglich ihres gesellschaftlichen Ansehens in der Welt gern ein wenig neurotisch. Ihre Besessenheit mit edwardianischem Drum und Dran war zu extrem, um als reiner Snobismus abgetan zu werden. Sie hüllte sich in Stilwillen, um die bedauerliche Tatsache zu verbergen, dass ihre Eltern Australier waren. Die Rede war von vornehmen Goldgräbern und kolonialen
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