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Liebe im Gepäck (German Edition)

Liebe im Gepäck (German Edition)

Titel: Liebe im Gepäck (German Edition)
Autoren: Sophie Berg
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um.
    Sie saßen in seinem Arbeitszimmer. An der Stirnseite all seine Auszeichnungen. Eine goldene Schallplatte reihte sich an die andere, dazu kamen die Schallplatten in Platin, Doppelplatin für sein letztes Werk »Herzkatheter«. Er war von zahlreichen Jugendmagazinen mit goldenen Preisen überhäuft, mehrfach zum beliebtesten Sänger Deutschlands ausgezeichnet worden. Dann stand da auch noch die Statue von MTV, an ihn verliehen als »The Sexiest Singer«. Harrys Blick blieb an dieserStatue hängen. Was für eine absurde Auszeichnung! Natürlich hatte sie seinem Stolz gut getan. Welcher Mann wollte nicht sexy sein? Er war von Tausenden Frauen gewählt worden. Das hatte schon etwas. Wenn sie ihn heute so sehen könnten, wie er da saß und gelangweilt dem Vortrag seiner Frau lauschte, kein Mensch hätte ihn je als sexy bezeichnet. Angeödet wäre das richtige Wort gewesen. Frustriert? Litt er am Burn-out-Syndrom? Jedenfalls fiel ihm kein Lied mehr ein.
    Seit Monaten war es so, als sei seine Quelle der Kreativität auf immer versiegt. Bereits im letzten Herbst hätte ein neues Album erscheinen sollen. Doch mit welchen Liedern? Er hatte Tage, er hatte Nächte, er hatte Wochen am Klavier gesessen. Doch in seinem Ohr war kein Ton, in seinem Kopf war kein Lied, das er mit seinen Händen auf die Tasten hätte bringen können. Harry blickte zu seinem Klavier hinüber, es war aufgeräumt wie selten. Wo sind all die Notenstapel? Wo sind all die vielen Entwürfe, die früher nur so aus ihm herausgesprudelt waren? Nichts.
    Statt der neuen war eine Best-of-CD auf den Markt gekommen. Das war Anuschkas Idee gewesen. Eine glänzende Idee, wie sich herausstellte. Denn auch diese Platte erreichte sofort Gold. Doch jetzt musste dringend etwas Neues auf den Markt. Es war Juni. Für September war das Aufnahmestudio gebucht. Bis dahin brauchte er zwölf nagelneue Songs. Nagelneue Texte, nagelneue Melodien.
    »Harry, hörst du mir überhaupt zu?«, unterbrach Giselle seine Gedanken. Sie hatte die Zeitung beiseite gelegt und musterte ihn mit zunehmender Besorgnis. »Du siehst nicht gut aus, weißt du das? Was ist los mit dir?«
    »Was mit mir los ist?« Harry zuckte resigniert die Schultern. »Nichts ist mit mir los, das ist ja das Problem.«
    »Harry, ich glaube, du brauchst eine Frau.«
    »Tolle Idee, super, ganz großartig. Ich glaube nicht, dass es irgendwo eine Ehefrau auf dieser Welt gibt, die ihrem Mann sagt, dass er eine Frau brauchte. Schon vergessen, Gisi, noch bist du meine Frau.«
    Schorsch hatte mit dem Massieren aufgehört. Er schnappte sich ein Bier aus dem Kühlschrank neben dem Klavier, öffnete es geräuschlos und setzte sich auf den letzten freien Sessel.
    »Du weißt genau, was ich meine. Ich meine keine ›Ehefrau‹, ich meine eine ›Frau‹.« Giselles Tonfall klang ausgesprochen unwillig.
    Harry lachte auf: »Deine Besorgnis rührt mich, Gisi, aber du brauchst dir um mein Sexualleben keine Sorgen zu machen. Frauen habe ich genug. Das ist der Vorteil, wenn man ein Star ist. Für eine Nacht mit Seeberstein würde so manche ihr letztes Hemd geben.«
    Gisi kannte ihn gut genug, um die Bitterkeit aus seinen Worten herauszuhören. »Und das nutzt du weidlich aus.«
    Das war eine Feststellung, keine Frage.
    Harry fuhr auf: »Was willst du eigentlich? Zuerst sagst du mir, ich brauche eine Frau, wenn ich dir dann sage, ich habe genug Frauen, dann ist es dir auch wieder nicht recht. Das ist doch eine sinnlose Diskussion. Lass uns lieber zu etwas Wesentlichem kommen. Nachher wird mir Anuschka die Fragen für mein Fernsehinterview faxen. Ich habe morgen am frühen Nachmittag ein Interview in einer Jugendsendung.« Er verzog sein Gesicht.
    »Also, worüber willst du reden, Harry? – Pfui Teufel, musst du aus der Flasche trinken? Haben wir denn hier kein Glas?«
    Schorsch, der eben die Bierflasche zum Mund führen wollte, stand folgsam auf und holte sich ein Glas vom Regal.
    »Den hast du aber gut erzogen, deinen Pudel.«
    Gisi zog eine Augenbraue in die Höhe und dachte nicht daran, auf Harrys Provokation einzugehen. »Lass Schorsch aus dem Spiel«, sagte sie stattdessen. »Harry, wir sehen uns vielleicht zehnmal im Jahr. Du hast mich um dieses Treffen gebeten, also sprich endlich aus, worum es geht.«
    »Ich will einen Schlussstrich. Ein für alle Mal. Du magst ja die Idee von Eddy und Anuschka großartig finden, unsere Ehe und deren angeblich unrühmliches Ende an die Öffentlichkeit zu zerren. Ich jedoch möchte mich lieber
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