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Liebe auf eigene Gefahr Roman

Liebe auf eigene Gefahr Roman

Titel: Liebe auf eigene Gefahr Roman
Autoren: Emma McLaughlin
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lasse den Kronleuchter aus Zinn sein grelles Licht auf die nackten Wände werfen. Durch die Tür kann ich ins Wohnzimmer sehen, wo die Kiefernholzregale von der enormen Wucht ihres Bücherinhalts befreit sind. Auch hier ist der Teppich aufgerollt, das Mobiliar verschwunden. Ich schalte das Licht wieder aus.
    Zurück im Eingangsflur bleibe ich beim Schuhregal stehen, das jetzt mit jeder erdenklichen Art von überflüssigem Nippes beladen ist – staubige Kachina-Puppen neben indischen Elefanten und den Holzscheiben jedes Weihnachtsbaums, den wir je hatten, von Dads Edding mit dem Jahr seines Einsatzes bekritzelt.
    Und dann kommt mir plötzlich in den Sinn, dass es genauso
sein wird, wenn sie sterben: Ich werde einen Anruf erhalten, unverhofft und unpassend gekleidet in ein Flugzeug steigen und mit den Überbleibseln ihrer abgebrochenen Existenz konfrontiert werden. Alle diese Dinge, von den nützlichen (Dosenöffner) über die notwendigen (Pillenfläschchen) zu den frivolen (hässliche Holzfrucht aus Guatemala), werden dann aus ihrem Kontext gerissen, und die meisten davon werden sich mit ihrem Ableben in Abfall verwandeln. Plötzlich wünsche ich mir mit kindlicher Dringlichkeit, dass sie nach Hause kommen.
    Auf alles gefasst, betrete ich das Fernsehzimmer und finde es glücklicherweise unverändert vor. Ich tausche meinen feuchten Trenchcoat gegen die weiche alte Wolldecke ein und kuschle mich in die mit Kissen überladene grüne Couch und ziehe mich vor dem Ansturm unangenehmer Überraschungen zurück. Die Uhr schlägt sieben. Von der Küche her ist schwach das Brummen des Kühlschranks zu hören. Unfähig, die krankhafte Hysterie abzuschütteln, in die ich mich hineingesteigert habe, greife ich nach dem Telefon, um Laura anzurufen.
    »Alo?«
    »Mick?«, frage ich und wickle mir die Telefonschnur um den Finger, unsicher, welcher ihrer Zwillinge abgenommen hat. »Keith? Bist du das?«
    »Alo?«, wiederholt die dreijährige Stimme. »Hier ist Keith. Mick macht gerade Zuckerguss.«
    »Hier ist deine Patentante Kate …«
    »Tante Katie!«
    »Hallo, Keith. Geht’s deinem Bruder besser?«
    »Er hat gekotzt. Es war Weihnachtsfarbe, aber es hat nicht nach Weihnachten gerochen.«
    Lächelnd stopfe ich die Wolldecke um meine nackten Füße herum fest. »Hab ich schon gehört. Ist die Mama auch …«
    »Kate?«, geht Laura ans Telefon.

    Ich ziehe das Gummi aus meinem Pferdeschwanz. »Ich habe gehört, bei euch wird Zuckerguss gemacht?«
    »Wir backen gerade Weihnachtsplätzchen.« Ihre Stimme senkt sich zu einem verschwörerischen Timbre herab: »Bist du hier?«
    »Ta-dah! Ich habe den ersten Flieger genommen.« Ich schiebe das schwarze Haargummi auf mein Handgelenk. »Wusstest du, dass sie das Haus verkauft haben?«, frage ich und erhebe mich auf die Knie.
    »Sie haben das Haus verkauft?«
    »Mmh-mmh. Meine Eltern haben ihr Haus verkauft«, sage ich langsam, damit es auch zu mir selbst durchdringt.
    »Du machst Witze!« Ihre Ungläubigkeit hat die übliche tröstliche Wirkung. »Ich wusste nicht mal, dass es auf dem Markt ist. Wo ziehen sie denn hin?«
    »Ich habe keine Ahnung! Hier stehen überall Kisten. Es ist so unheimlich. So …«
    »Komplett irrelevant im Moment. Bist du wirklich den ganzen Weg hierher geflogen, damit wir zum Ortstarif über Immobilien diskutieren können? Stell deinen Fernseher an, meine Liebe. Es ist die Wiederkunft Christi.«
    Ich greife nach der Fernbedienung, deren Batterien immer noch mit Klebeband an ihrem Platz gehalten werden. »Welcher Sender?«
    »Alle Sender. Fang mit E! an!«
    Ich schalte zu einer Dame im rosa Wollmantel, die auf unserer Main Road unter einem Transparent mit der Aufschrift WILLKOMMEN ZU HAUSE, JACK! steht.
    Mir kommt die Galle hoch. »Das kann nicht dein verdammter Ernst sein.«
    »Du hast es noch gar nicht gesehen?«, fragt sie.
    »Wir sind nicht durch die Stadt gekommen – der Taxifahrer hat die Seitenstraßen genommen.«
    »Also, sie haben eine Statue aus Pressschinken von ihm
aufgestellt, auf der Main Road einen roten Teppich ausgelegt, der bis in sein Schlafzimmer reicht, der Bürgermeister hat den nationalen Jake-Sharpe-Tag ausgerufen, und heute Abend werden ihm bei der Wahl zur Miss Christmas zwölf vestalische Jungfrauen einen blasen. Diese Stadt ist im Ausnahmezustand … Kate? Bist du noch da?«
    Ungläubig schüttle ich den Kopf.
    »Kate?«
    Mit offenem Mund zappe ich mich durch die Nachrichtensender, die alle irgendeine pastellgekleidete Blondine zeigen,
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