Liebe

sich zu arbeiten. Wenn ich sage, dass alles schlecht ist, werden Sie erst recht nicht an sich arbeiten.“ Da die meisten Menschen nach Materiellem, nach der Vergangenheit, streben, haben alle Religionen sie auf das Geistige, die Zukunft, ausgerichtet. Das forderte die Ethik, führte jedoch zu Dogmatismus und Despotismus. Deshalb soll man über die Zukunft weder gut noch schlecht denken. In der Zukunft wird es weder Himmel noch Hölle geben. In der Zukunft wird Gott sein. Deshalb ist es sinnlos, Angst zu haben, zu verzagen und gekränkt zu sein, man kann nur lieben. Aber Gott ist nicht nur in der Zukunft, er ist auch in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Deshalb ist innere Unzufriedenheit mit der Vergangenheit oder Zukunft eine Aggression gegen Gott.“

    Eine Frau weinte am Telefon:
    „Ich bin bereits in Ihrer Sprechstunde gewesen. Ich habe große Probleme mit meinem Sohn. Er ist sehr brutal, streitet sich ständig mit allen und beleidigt uns. Obwohl ich bei Ihnen in der Sprechstunde war, hat sich nichts geändert. Vor kurzem hat er seinen Hund mit der Axt getötet, und gestern versuchte er, mit der Axt seine Frau zu töten.“
    Ich betrachtete das Feld ihres Sohnes. Es gab eine, aber sehr starke Orientierung — kreatives Schaffen und Zeugung. Die Orientierung auf Zeugung, Familie und den geliebten Menschen ruft Eifersucht und Gekränktsein hervor.
    „Hören Sie, bei Ihnen ist das Verlangen, den geliebten Menschen zum Sinn und Ziel des Lebens zu machen, nicht beseitigt. Sie haben es im großen Umfang an den Sohn weitergegeben. Aber wenn Sie etwas mehr als Gott lieben, dann beginnen Sie bereits zu hassen.“
    „Aber ich habe alles getan, wie Sie gesagt haben. Ich weiß nicht, warum ich erfolglos war, ich habe mich doch sehr bemüht.“
    „Machen wir einen erneuten Versuch“, schlug ich vor. „In Ihrer Sippe gibt es eine Verabsolutierung von kreativem Schaffen und Zeugung.“
    „Ja“, sagte die Frau. „In unserer Sippe gab es große Fähigkeiten auf dem Gebiet der Malerei und des Zeichnens. Auch mein Sohn hat, allerdings als Autodidakt, versucht zu malen und zu zeichnen. Doch er hatte Misserfolg und ist darüber schrecklich bekümmert, nahezu verzweifelt.“
    „Vor der Zeugung von Kindern müssen die höchsten menschlichen Werte gedemütigt werden, auch der Wunsch, Kinder zu haben und kreativ zu schaffen. Und Sie haben sich mit Ihrem Verdruss und Bedauern derart orientiert, dass der geringste Misserfolg Ihren Sohn in Rage bringt.“
    „Wir hatten acht Jahre lang keine Kinder, aber ich wollte sie sehr gem. Meinem Mann war das egal, er wollte sich weder testen noch heilen lassen. Für mich war das so kränkend.“
    „Ihr Sohn hat im vorigen Leben, als seine Pläne kreativen Schaffens scheiterten und sein Wunsch, Kinder und Familie zu haben, gedemütigt wurde, dies nicht akzeptiert. In diesem Leben hat Ihnen Gott anfangs keine Kinder gegeben. Sie konnten sie sich wünschen und alles dafür tun, aber Sie durften sich hierbei nicht über sich, das Schicksal und Gott beklagen. Doch Sie fühlten sich gekränkt, vor allem von Gott. Weiter. Ihr Mann wurde Ihnen von Gott und vom Schicksal geschickt. Als Sie über ihn Unannehmlichkeiten hatten, beklagten Sie sich über ihn, über das Schicksal und über Gott. Wenn man Gott übel nimmt, entstehen Diabolismus und große Grausamkeit. Je mehr Sie dies begreifen und beten werden, umso mehr reinigen Sie durch sich Ihren Sohn und die Nachkommen. Es ist besser, Atheist zu sein, der Gott nicht kennt und nur einem anderen Menschen übel nimmt, als ein gläubiger Mensch, der sich als Antwort auf auferlegte Prüfungen über das Schicksal und Gott beklagt.“
    Aus dem Feld der Frau war ersichtlich, dass sie jetzt verstanden hatte. Das Feld ihres Sohnes verbesserte sich ebenfalls. Als ich in diesem Programm anfangs nur Eifersucht gesehen hatte, nahm ich der Frau die Möglichkeit, die Situation zu verbessern. Nun aber verlief alles wohl normal, doch mich quälte eine Frage, auf die ich keine Antwort fand.
    Ich kann den Patienten nicht durch alle Glieder der Kette geleiten. Ich beschreibe die Hauptglieder, während er die übrigen, indem er mir intuitiv folgt, selbst reinigt. In diesem Fall war das nicht geschehen. Ich versuchte immer zu ergründen, warum es nach der ersten Sitzung nicht zu Änderungen gekommen war. Es gab ein gewisses Problem, doch ich konnte es nicht erfassen.

    In diesem Augenblick erhielt ich einen Anruf. Ein Patient aus dem Fernen Osten rief an. Sein Sohn