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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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kein Einhorn mit Regenbogenmähne, keine pastellene Taube ...« Diesmal antwortete ihr die Masknerin mit Schweigen. Und diese Stille wurde nur unterbrochen, wenn die Dame mit ihrem rechten Samtschuh ungeduldig aufklopfte. »Gut denn«, versetzte sie schließlich. »Sie haben also all Ihre Masken für das Mittsommerfest verkauft. Aber Sie haben doch wohl noch Ihre eigene für heute Nacht? Fürwahr, so eine Larve aus der Privatkollektion der Masknerin müßte etwas wirklich Dramatisches und Einzigartiges sein!«
      Die Maskenmacherin verzog flüchtig den Mund. Aber ansonsten blieb ihre Miene so ausdruckslos wie ihre Stimme, da sie nun erwiderte: »Ich habe nicht vor, dem Fest beizuwohnen ... besitze aller-
dings eine nur für meinen Gebrauch und keineswegs zum Verkauf bestimmte Maske ...«
      »... aber Sie werden sie mir lassen. Ich bestehe darauf!« Die Masknerin seufzte, um nicht aufzufauchen, glitt dann hinter einen Vorhang in eine Nische, hielt dort inne, ließ Metall gegen Metall klicken, öffnete und schloß eine Art Schublade, verharrte erneut - und kehrte mit einer Porzellanmaske in der Hand zurück.
      Es war das Gesicht einer Kaiserin mit füchsischen Wangenknochen, geschwungenen Brauen und hoffärtigem Mund, und seine porzellanene Schönheit wurde von Rubinen und Perlen erhöht, mit denen es reich geschmückt war.
      »Ich gebe Ihnen, was Sie brauchen«, sprach die Maskenmacherin,            »aber dann gehen Sie.«
      Die Lady riß ihr die Maske aus den Händen und probierte sie an.   
      »Sie paßt«, befand sie sogleich und warf ihr eine Geldbörse vor die Füße.
      Als sie die Larve nun wieder abnehmen wollte, trat die Masknerin rasch auf sie zu, ergriff sie am Arm und schob sie zur Ladentür hinaus. Hinaus in die Stadt.
      Aber der Himmel über der Stadt war so schwefelgelb wie nie zuvor, und auf den Dächern qualmten so viele Kamine wie noch nie. Und im trüben Wasser des Rinnsteins, der doch zum Fest hätte sauber sein sollen, sickerte phosphoreszierender Schleim daher und faßte nach ihren Samtschuhen.    
      Das riß sie aus ihrer Erstarrung, ließ sie das Weite suchen und beinahe in eine Trauergemeinde hasten, die unter der Last nie gesehener Särge einher-keuchte: Särge transparent wie Glas, so durchsichtig, daß die verkrümmten Leichname darin ihrem Blick leider nicht verborgen blieben.
      Da machte sie kehrt, um sich in den Laden der Maskenmacherin zu flüchten. Aber da war kein Maskenladen mehr - sondern nur eine Sackgasse, in der ein alter Mann Ampullen mit Milzbranderregern und Mutterkorn feilbot.
      »Alles ausverkauft«, beschied die Maskenmacherin die junge Frau, die sich da eben in ihren Laden hereingestohlen hatte. »Oh, natürlich ... Entschuldigen Sie, ich wußte ja ... daß ich zu spät käme«, versetzte die. Aber aus ihrer Stimme, die durch den schimmernden Gesichtsschal gedämpft wurde, klang Erleichterung, nicht Enttäuschung.
      Die Masknerin musterte sie starr. »Warte! Warum möchtest du keine Maske? Willst du denn nicht an dem Fest heute nacht teilnehmen?« »O doch.«
      Die Maskenmacherin sah sie nur fragend an. Da errötete die junge Frau und fuhr fort: »Doch, ich will schon. Aber was mich abhält, ist ... daß ich danach diese Maske abnehmen müßte ...« Sie zögerte einen Augenblick, schob dann ihren Schal jäh zurück und wies der Masknerin ihr mit Muttermalen übersätes Antlitz. »Wenn nur mein Gesicht nicht so abstoßend wäre!« Da verschwand die Maskenmacherin erneut hinter dem Vorhang und kehrte gleich darauf mit einer anderen Maske zurück. Das war ein Leopardengesicht aus schwarz geflecktem, gelbbraunem Samt, mit von Smaragden gesäumten Augen und goldenen Quasten, die mit allerlei Perlen verziert waren. »Ich gebe dir, was du brauchst«, sprach die Maskenmacherin, »aber dann gehst du.«
      Die junge Frau ergriff die Maske und strich mit den Fingerspitzen sacht darüber hin. Auf das aufmunternde Nicken der Maskenmacherin probierte sie sie auch gleich an und kramte träumerisch ein paar Münzen aus ihrer Tasche hervor.
      Als sie die Larve nun wieder abnehmen wollte, trat die Masknerin rasch zu ihr hin, ergriff sie am Arm und schob sie zur Ladentür hinaus. Hinaus in die Stadt.
      Aber wo waren mit einmal all die Leoparden hergekommen, die sich hier und dort auf Mosaiktreppen sonnten, und woher die Orchideen, die auf der großen Straße wuchsen, und die Pfauen, die dazwischen einherstolzierten?  
      Und
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