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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ihr Stilett und stieß es ihm ins
Herz.
      Er verschied mit einem Schrei. Nelerissa schloß ihm behutsam die
Augen, zog ihm das Stilett aus der Brust und wischte es an der
Innenseite ihres Umhangs ab. Dann steckte sie Stilett, Schwert
und Dolch ein und schöpfte zitternd Atem.
      Entschlossen trat sie nun zum Altar, nahm den Schädel mit einer
Hand, hob ihn empor und starrte lange in seine leeren, düsteren
Augenhöhlen.
      Was war dieser Opal wohl wert? Soviel wie der Schatz des Kaisers?
  Vielleicht. Aber war er auch einen guten Namen wert und das
Leben eines Menschen? Den Glauben eines Dorfes?
  Da flog das Türchen hinter dem Altar auf, und herein stürzte der
Dorfpriester in wallender Robe, den der wilde Kampflärm oder der
Todesschrei Degens aus dem Schlaf gerissen haben mochte. Er sah
sich sehr unruhig um, und nun gewahrte er, über den Halbmond
von brennenden Kerzen hinweg, Nelerissa mit dem Schädel in der
Hand. Er erstarrte - aber sein Blick huschte zwischen ihrer häß-
lichen Narbe und der heiligen Reliquie hin und her.
  Nelerissa streckte ihm den Opal entgegen. »Du hast ihn nicht mit
Magien bewehrt! Glaubst du, die Götter hätten ihn dir geschickt,
damit du ihn dir stehlen läßt?« Sie machte halb kehrt, zeigte mit
der freien Hand auf die Altarstufen. »Sieh selbst!«
  Der Priester kam nun eilends um den Altar. Beim Anblick des
Toten keuchte er erschrocken und sah Nelerissa fragend an.
  »Dieser Mann war gekommen«, fuhr sie fort, »diese Gabe der Göt-
ter an Grathred zu stehlen. Aber ich habe ihn aufgehalten. Die
Götter schickten mich, ihr Geschenk und euer Dorf zu beschüt-
zen. «
      Da wankte er einen Schritt vor, warf sich auf die Knie und preßte die Stirn fest auf den Boden. Er sprach ein kurzes, inbrünstiges
Gebet, richtete sich dann auf und sah die Fremde an.
Und sie wies auf den Leichnam und sprach: »Glaubst du etwa, jetzt
käme niemand mehr, diese Göttergabe zu rauben? Ich bin gekom-
men, deine Leute zu lehren, Dieben und anderem Gesindel das
Handwerk zu legen.«
      »Aber ... aber wir haben .... doch keine Waffen!« stammelte der
Priester. »Nur ein paar elende Messer und Speere. Würdest du
uns lehren, mit Sicheln und Hämmern zu kämpfen?«
  »Nein, ich bringe euch die geheime Kunst des waffenlosen Kamp-
fes bei.«
      Der Priester machte erneut eine tiefe Verbeugung, ohne aber dabei
Nelerissa aus den Augen zu lassen, und sprach mit ehrfürchtiger
Miene: »Oh, Dienerin des Divinen, du kannst in Grathred bleiben,
solange die Götter es erlauben.«
      »Angenommen!« erwiderte Nelerissa und begann damit wieder
ein auf Betrug gebautes neues Leben - das aber, nach ihrer An-
sicht, wohl nützlicher und segensreicher würde als jenes, das sie in
Areherna geführt hatte.
     
       
     
     
     
     

MARGARET HOWES
     
      Ich schließe diese Anthologien liebend gern mit etwas Kurzem und Lustigem. Und das bekomme ich eigentlich immer von Anfängerinnen. (Die Autoren, die schon länger in diesem Metier sind, haben ihre besten Ideen wohl erst ab »zehn Seiten und mehr«. Aber ich suche verzweifelt nach kürzeren Texten - und das so sehr, daß ich den jungen Autorinnen sage: Schreibt etwas Kurzes und Lustiges, damit habt ihr bei mir die größten Chancen!) Einer Geschichte, die kurz und lustig ist, kann ich nicht widerstehen; denn daran mangelt es in dieser Reihe immer.
      Margaret Howes schrieb mir: »Das ist meine erste professionelle Publikation — wenn Sie meine drei Storys in The Tolkien Scrapbook nicht mitzählen.« (Nein, das tue ich nicht.) »Und was mein Leben angeht: Ich bin nun pensioniert, erzähle in der Gesellschaft für kreativen Anachronismus meine Geschichten, führe meine Enkelin in Veranstaltungen aus und versuche zu schreiben, zumeist Science-fiction.  
      Aber ich habe oft darüber nachgedacht, wie die starken, muskelbepackten Helden -Frauen wie Männer — wohl leben, wenn sie in die Jahre kommen und ihre berufsbedingten Zipperlein haben.« Das frage ich mich auch. Die Schwertkämpferinnen und Zauberinnen sind in die Jahre gekommen. Wir ziehen mit den (bilderstürmenden) männlichen Helden gleich; sogar John Wayne hat ja einen Film über einen alternden Revolverhelden gemacht (Der ShootistJ. Und jetzt fangen die Frauen an. Nun, wir werden alle alt.  
      Was nur durch die unerfreuliche Alternative dazu erträglich wird.– MZB
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    MARGARET HOWES
     
    Pensionsplan
     
      Yngilda erwachte.
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