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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Haaresbreite über seinem Kopf schwebte, von Gram eisern pariert, das mächtige Breitschwert des Automaten.
      Da standen sie alle für einen Augenblick einfach da - so wie ein merkwürdiges lebendes Bild . ..
      Dann tauchte Sturmflügel unter den gekreuzten Schwertern weg. Er sprang auf die Füße, als der Automat seine Klinge von Gram löste, drehte sich zu ihm um und schrie Kethry zugleich zu: »Duck dich!«
      Sie ließ sich, ohne noch zu überlegen, in die Hocke fallen, und der Habichtbruder ging wie ein Stier auf den Automaten los.
      Das hätte nicht besser abgestimmt sein können, wenn sie es vorher geübt hatten: Denn die durch Magie bewegte schwere Rüstung hatte schon halb die Balance verloren, und als Sturmflügel ihr in den Brustpanzer stieß, kam sie vollends aus dem Gleichgewicht und taumelte rückwärts, stolperte über Kethry und schlug scheppernd mitten im Käfig auf ... Im Käfig, in dem jeder Zauber zunichte wurde. »Weg da!« schrie Tarma, die nun, den anderen Automaten dicht auf den Fersen, über den Platz rannte. Da krochen Kethry und Sturmflügel, so rasch ihre Hände und Füße sie trugen, ihr aus der Bahn, und sie stürzte geradewegs in den Käfig - und die Rüstung, die zuviel Schwung hatte, um halten zu können, sauste hinterher. 
      Kethry vernahm ein Würgen und Ächzen, und als sie jäh herumfuhr, sah sie, wie Keyjon sich mit den Händen die Kehle umklammerte und puterrot anlief bei dem vergeblichen Versuch, nun irgendeinen Ton hervorzubringen. Sturmflügel, der noch ausgestreckt auf dem Boden lag, richtete seinen Blick auf die Hexe und malte mit dem Finger einen kleinen Bogen in die Luft. Da schnappten ihr die Arme, mit aneinandergepreßten Handgelenken und fest verschränkten Fingern, wie ausgerenkt vor. Erst jetzt erhob er sich - so merkwürdig geschmeidig und anmutig wie eine Katze ... und schritt langsam auf die Hexe zu, die zur Gefangenen und zum Opfer ihrer eigenen Gier geworden war. Kethry stand auf und stöhnte, als sie all ihre Prellungen spürte, die zweifellos prachtvolle blaue Flecken abgeben würden. Zugleich kam Tarma, nur vorsichtig auf dem linken Bein auftretend, aus dem Käfig gehumpelt und fragte mit gedämpfter Stimme: »Was war denn bloß mit diesem verfluchten Schwert los?« Kethry zuckte mit der Achsel. »Es dachte wohl, als es Sturmflügel nicht klar als Mann oder Frau einordnen konnte ... es sei besser, gleich zu handeln und das später abzuklären.« Sturmflügel sah auf, als die beiden nun zu ihm traten, sagte aber kein Wort. »Was machen wir jetzt mit ihr?« fragte Kethry. Er fuhr sich mit der Hand durchs weiße Haar. »Das weiß ich nicht«, räumte er ein. »Ich habe so das Gefühl, daß das Schwert an deiner Seite sich gegen mich wenden würde, wenn ich ihr etwas anzutun suchte.«
      »Vermutlich«, versetzte Tarma mißgelaunt. »Aber sie hat, unseres Wissens, schon zumindest einen Menschen getötet. Noch dazu einen Schamanen der Clans und Heiligen! Das Blut schreit nach Sühne...«
      »Wärst du mit einer Strafe einverstanden, bei der sie am Leben bleibt?« fragte der Habichtbruder zu ihrer Überraschung. Tarma überlegte kurz und erwiderte dann vorsichtig: »Vielleicht. Aber nur, wenn sie nie wieder freikommen und Böses tun kann. Nur, wenn sie für immer hier festgehalten wird und der Rest ihrer Tage für sie zur Hölle auf Erden wird. Meine Herrin schwört auf Rache, mein Freund.«
      Er nickte. »Danach steht auch mir der Sinn ... Und du, junge Frau, wärst auch du damit einverstanden?«
    Kethry nickte nur stumm; sie spürte bei ihm eine Macht wachsen, die aus einer ihr unbekannten, aber wohl jenem Energiereservoir verwandten Quelle stammte, aus dem alle Meister der Weißen Winde schöpfen konnten. Erst jetzt begriff sie, daß auch er einer jener Zaubermeister war ...
      Da hob er langsam die Hände. »Dein ganzes Leben lang wolltest du die Macht im Zentrum des Seins erobern ... die Welt rings um dich nach deinen Gelüsten lenken«, wandte er sich feierlich an Keyjon. »Diesen deinen größten Wunsch will ich dir erfüllen ... Herrin zu sein über alles, was dein Auge schaut, Herrin übers Netz . ..« Er wies mit dem Finger auf sie. Ein Beben durchlief den Ort, und alles schwankte und schwamm so fürchterlich, daß Kethry sich der Magen drehte und ihr die Augen tränten.
      Als sie wieder klar sah, war Keyjon verschwunden. An ihrer Statt aber war eine riesige graue Spinne zu sehen, die fett und massig im Zentrum eines
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